LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/12028 02.12.2020 Datum des Originals: 01.12.2020/Ausgegeben: 08.12.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4636 vom 28. Oktober 2020 der Abgeordneten Thomas Röckemann und Iris Dworeck-Danielowski AfD Drucksache 17/11621 (Neudruck) Genitalverstümmelungen in NRW – Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung heute vor? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In meiner Kleinen Anfrage vom 19. Januar 2018 (Drs. 17/1811) fragte ich die Landesregierung nach Statistischen Erhebungen im Bereich „Genitalverstümmelungen in NRW“ und nach entsprechenden Strafverfolgungen nach dem § 226a StGB. Mit Schreiben des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung vom 27.02.2018 (Drs. 17/2031) antwortete die Landesregierung auf diese Anfrage, allerdings nur insofern, dass zu der Frage Nr. 1 „Wie hat sich die Zahl der von Genitalverstümmelung betroffenen Mädchen in Nordrhein-Westfalen seit 2007 entwickelt?“, zu der Frage Nr. 2 „Wie viele Anzeigen gem. § 226a StGB hat es in NRW seit Einführung des Straftatbestands bis 2018 gegeben?“ sowie zu der Frage 3: „Bei wie vielen dieser Anzeigen kam es zu einer Verurteilung?“ keine Zahlen vorlägen beziehungsweise die Statistiken keine entsprechenden Einträge vorweisen würden. Diese Aussage wirft allerdings neue Fragen dahingehend auf, ob seit der letzten Anfrage (die immerhin fast drei Jahre zurückliegt) die Statistiken der Landesregierung angepasst bzw. erweitert worden sind. Falls nicht, drängt sich zudem die weitergehende Frage auf, ob die offensichtliche Tatsache einer strafrechtlich relevanten Kindesschädigung / Körperverletzung für die Landesregierung ein Thema von minderem Interesse darstellt. Immerhin veröffentlichte Terres des Femmes noch am 15. Juni 2020 die Dunkelzifferstatistik zur weiblichen Genitalverstümmelung. Die hier gemachten Angaben erhöhten sich von 70.218 betroffenen und bedrohten Frauen im Jahre 2019 auf 74.899 Frauen im Jahre 2020.1 Für Nordrhein-Westfalen werden 4.682 bedrohte Mädchen unter 18 Jahren und 15.217 bedrohte bzw. betroffene Frauen ab 18 Jahren aufgelistet.2 1 https://www.frauenrechte.de/presse/aktuelle-pressemitteilungen/4326-terre-des-femmesveroeffentlicht -jaehrliche-dunkelzifferstatistik-zu-weiblicher-genitalverstuemmelung-in-deutschlandsind -schaetzungsweise-20-182-maedchen-von-weiblicher-genitalverstuemmelung-bedroht-und-74- 899-frauen-davon-direkt-betroffen (abgerufen am 26.10.2020). 2 https://www.frauenrechte.de/images/downloads/fgm/TDF_Dunkelzifferstatistik-2020-mit- Bundeslaender.pdf (abgerufen am 26.10.2020). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/12028 2 Die Ministern für Heimat, Kommunales Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 4636 mit Schreiben vom 1. Dezember 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, dem Minister des Innern, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Schule und Bildung und dem Minister der Justiz beantwortet. 1. Wie hat sich die Zahl der von Genitalverstümmelung betroffenen Mädchen in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahre 2018 entwickelt? Es gibt kein belastbares Datenmaterial zur Anzahl der von weiblicher Genitalbeschneidung Betroffenen in Deutschland. 2. Wie viele Anzeigen gem. § 226a StGB hat es in NRW seit Einführung des Straftatbestandes bis zum Jahre 2020 gegeben? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln) Als Datenbasis für die Beantwortung der Frage dient die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der PKS erfolgt nach bundeseinheitlichen, jährlich mit den beteiligten Gremien abgestimmten Richtlinien. Straftaten gemäß § 226 a StGB (Verstümmelung weiblicher Genitalien) werden seit dem 1. Januar 2014 erfasst. In der Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 30. September 2020 wurde in der PKS des Landes Nordrhein-Westfalen keine Straftat gemäß § 226a StGB erfasst. 3. Bei wie vielen dieser unter Punkt 2. benannten Anzeigen kam es zu einer Verurteilung? (Bitte nach Fall und Urteil aufschlüsseln) Die Strafverfolgungsstatistik erfasst - unabhängig von der Art der Einleitung des Verfahrens - alle von nordrhein-westfälischen Gerichten Abgeurteilten bzw. Verurteilten, die sich wegen eines Verbrechens oder Vergehens verantworten mussten. Verurteilungen gemäß § 226a StGB werden seit 2014 erfasst. Für die Jahre 2014 bis 2019 weist die Statistik eine Verurteilung gemäß § 226a StGB im Jahr 2017 aus. Im Unterschied zu der bei Frage 2 zugrunde zu legenden PKS erfasst die hier einschlägige Strafverfolgungsstatistik u.a. auch Fälle, die nicht über eine polizeiliche Anzeige zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangt sind oder bei denen der Tatort außerhalb von Nordrhein- Westfalen lag, das Gerichtsverfahren aber in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde.