LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/12067 09.12.2020 Datum des Originals: 08.12.2020/Ausgegeben: 15.12.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4682 vom 20. November 2020 der Abgeordneten Inge Blask SPD Drucksache 17/11898 Steinbruch Hönnetal Lhoist / Rheinkalk – Alltagsbelastungen und Erweiterung Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Konflikt um den Betrieb und vor allem um die geplante Erweiterung des Steinbruchs Hönnetal (Asbeck und Horst) der Firma Lhoist/Rheinkalk schwelt schon seit langer Zeit und spitzt sich immer weiter zu. Die Bürgerinnen und Bürger des Anrainerortes Eisborn haben sich zu einer Initiative (BGS Eisborn) zusammengeschlossen, die inzwischen über 450 Mitglieder zählt und als gemeinnützig anerkannt ist. Stein des Anstoßes sind dabei die Belastungen für die Bevölkerung, die vom Betrieb des Steinbruchs ausgehen. Drei Sprengungen pro Woche sorgen für heftige Erschütterungen und überziehen den Ort Eisborn regelmäßig mit einer dicken Staubschicht. Zwar haben von Lhoist in Auftrag gegebene Staubniederschlagsmessungen eine „erhebliche Unterschreitung“ der gesetzlichen Höchstwerte ergeben – diese Messergebnisse sind allerdings aus Sicht der Betroffenen nur von geringer Aussagekraft, da sie ein Jahresmittel abbilden. Tatsächlich lassen live-Bilder aus Eisborn vom Staubniederschlag nach Sprengungen1 einen anderen Schluss erwarten. Die BGS Eisborn hatte sich bereits im September 2019 mit der Bitte um Unterstützung an das MULNV gewendet und die Ministerin gebeten, ihre Forderungen nach Maßnahmen zur Reduzierung der Staubniederschlagsbelastungen an das Unternehmen Lhoist zu tragen. Die Maßnahmen umfassten eine ausreichende Bewässerung der Fahrwege und Deckschichten, eine Einhausung der Förderbänder und die Durchführung von Sprengungen nach dem neuesten Stand der Technik. Nun steht eine Erweiterung des Steinbruchgebietes im Hönnetal ab 2023 um mind. 40 Hektar im Raum. Weitere 40 ha sollen für eine Halde gerodet werden. Insgesamt sollen ca. 80 ha ökologisch wertvolle Fläche vernichtet werden. Anscheinend sind sich regionale Behörden und die Firma Lhoist über die Bedingungen des Ausbaus einig – meines Wissens, ohne dass es einen Ausgleichsplan für die der Zerstörung geweihten Naturräume oder Renaturierungspläne für die Abbaugebiete gibt. Das überrascht vor allem deshalb, weil der Steinbruch im Hönnetal in unmittelbarer Nähe zweier FFH-/Natura 2000 Naturschutzgebiete 1 https://www.bgs-eisborn.de/staubbelastung-eisborn-nach-sprengung-im-steinbruch/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/12067 2 liegt (Hönnetal und Balver Wald, DE-4613-301 und -303), die das LANUV schon vor der nun geplanten Erweiterung durch die anliegenden Steinbrüche beeinträchtigt sah. 2 Darüber hinaus liegen im geplanten Erweiterungsgebiet große Flächen besonders schützenswerten Kalkbuchenwaldes. Mehrere gesetzlich geschützte Biotope würden unwiederbringlich verloren gehen. Diese Flächen sind nach den amtlichen Feststellungen des LANUV NRW im Biotopenverbund von herausragender Bedeutung. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 12067 mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Erweiterung des Steinbruchs Hönnetal Lhoist bedarf einer Planfeststellung nach § 31 Wasserhaushaltsgesetz. Zuständig für die Durchführung des erforderlichen Planfeststellungsverfahrens ist die Untere Wasserbehörde des Märkischen Kreises. Sie entscheidet als Planfeststellungsbehörde im Einvernehmen mit den Trägern öffentlicher Belange. 1. Unter welchen Gesichtspunkten prüft das Ministerium die geplante Erweiterung des Steinbruchs Hönnetal (Asbeck und Horst) vor allem im Hinblick auf die umliegenden Naturschutzgebiete bzw. zu welchen Ergebnissen kommen Sie dabei? 2. Welche Bedingungen in puncto Renaturierung bzw. Schaffung von Ersatzflächen knüpfen das Ministerium oder untere Naturschutzbehörden an eine mögliche Erweiterung? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. In diesem Planfeststellungsverfahren werden die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange geprüft. Hierzu zählen u.a. die Belange des Wasserrechts, des Immissionsschutzes (z.B. Staub, Lärm, Erschütterungen) wie auch die Belange des Naturschutzes, also auch artenschutzrechtliche Fragestellungen und eventuell betroffene Schutzgebiete wie Natur- und Landschaftsschutzgebiete sowie Gebiete gemäß Fauna-Flora- Habitat-Richtlinie (FFH-Gebiete). Dem Märkischen Kreis liegen (Stand: 27.11.2020) hinsichtlich der geplanten Erweiterung noch keine prüffähigen Unterlagen zu möglichen Auswirkungen der geplanten Steinbrucherweiterung auf die in der Nähe liegenden FFH- und Naturschutzgebiete Hönnetal und Balver Wald vor. Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW ist kein Verfahrensbeteiligter und hat kein Entscheidungsrecht im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Schutzgebieten. Über Renaturierungs- und Kompensationsmaßnahmen wird ebenfalls im Zulassungsverfahren entschieden werden. 2 http://natura2000-meldedok.naturschutzinformationen.nrw.de/natura2000- meldedok/de/fachinfo/listen/meldedok/DE-4613-301 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/12067 3 3.Hat das Ministerium vor, sich in den verfahrenen Dialogprozess zwischen dem Steinbruchbetreiber Lhoist/Rheinkalk und den Bürgerinnen und Bürgern einzuschalten sowie an der Erarbeitung eines für beide Seiten gütlichen Kompromisses mitzuwirken? Der Sachverhalt wurde im Zuge einer Petition und einer Fachaufsichtsbeschwerde umfangreich geprüft, Versäumnisse der Genehmigungs- und Überwachungsbehörde sind nicht erkannt worden. Sowohl die Bezirksregierung Arnsberg als obere Fachaufsichtsbehörde als auch das MULNV als oberste Fachaufsichtsbehörde können sich in eigener Zuständigkeit in einen Dialogprozess einbringen. Hierfür wurde bisher keine Veranlassung gesehen. 4. Wie kontrollieren bzw. prüfen das Ministerium oder untere Naturschutzbehörden die von Lhoist präsentierten Messergebnisse bezüglich der Staubniederschlagsbelastungen – vor allem im Hinblick auf Messpunkte-, Zeiträume – Frequenz und Messmethoden? Durch den Planfeststellungsbeschluss aus 2015 ist der Anlagenbetreiber verpflichtet, dauerhaft Staubniederschlagsmessstellen im Umfeld seines Betriebes zu unterhalten. Die Untere Immissionsschutzbehörde setzt die immissionsschutzrechtlichen Vorgaben in der Genehmigung und in der Überwachung um. Die Kontrolle und Prüfung der Messergebnisse der Staubniederschlagsbelastungen liegt ebenfalls in der Zuständigkeit der Unteren Immissionsschutzbehörde des Märkischen Kreises. Diese wird jährlich über die ermittelten Messergebnisse der dauerhaft eingerichteten Staubniederschlagsmessstellen informiert. Die Untere Naturschutzbehörde bringt sich in Bezug auf eine mögliche Staubentwicklung in Betriebsgenehmigungen von Steinbrüchen dahingehend ein, dass sie (Minderungs- )Maßnahmen, wie z.B. eine ausreichende Beregnung als Auflage formuliert, so dass mögliche Staubeinträge in die angrenzende Vegetation minimiert werden. 5. Wie wurden die Forderungen nach Maßnahmen zur Reduzierung der Staubbelastung im Anrainerort Eisborn, welche die BGS Eisborn 2019 ans Ministerium übermittelt hat, geprüft bzw. zu welcher Bewertung ist die Landesregierung dabei gekommen? Die BGS Eisborn wandte sich am 18.09.2019 mit einer Fachaufsichtsbeschwerde über den Märkischen Kreis an das MULNV. Eine Fachaufsichtsbeschwerde stellt eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns dar und wird durch die jeweilige Fachaufsichtsbehörde entschieden. Für die Untere Umweltbehörde des Märkischen Kreises ist dies die Bezirksregierung Arnsberg. Daher wurde die Beschwerde am 27.09.2019 zur Entscheidung an die Bezirksregierung Arnsberg weitergeleitet und die BGS Eisborn mit gleichem Datum darüber informiert. Am 8.05.2020 wurde die BGS Eisborn von der Bezirksregierung Arnsberg über das Ergebnis der Überprüfung umfangreich informiert. Die vorliegenden Messergebnisse für den Zeitraum 07/2015 bis 12/2019 zeigen keine Überschreitungen des einzuhaltenden Immissionswerts für Staubniederschlag nach 4.3.1 der Technischen Anleitung Luft (TA Luft). Zusätzliche PM10 Feinstaubmessungen im Zeitraum April 2019 bis Juni 2019 zeigten darüber hinaus keine Überschreitungen des Tagesgrenzwerts nach der 39. Verordnung zum Bundes- Immissionsschutzgesetz (39. BImSchV).