LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/12213 18.12.2020 Datum des Originals: 18.12.2020/Ausgegeben: 24.12.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4687 vom 24. November 2020 der Abgeordneten Carsten Löcker und Susana dos Santos Herrmann SPD Drucksache 17/11963 100% wirksame Aerosol-Desinfektion auch im NRW-ÖPNV möglich? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Sylter Verkehrsgesellschaft (SVG) setzt Diosol (Wasserstoffperoxid) in ihren Bussen ein, um die Fahrgäste vor dem Coronavirus zu schützen.1 Das Gerät des eingesetzten Unternehmens, welches sich auf innovative Flächenreinigung auch für Krankenhäuser und Kliniken spezialisiert hat, verteilt das Desinfektionsmittel gleichmäßig im Raum als schwebefähiges Mirco-Aerosol über die Luft („Kaltvernebelung“). Durch diesen feinsten Nebel (2-10μm) erreicht das Diosol laut Hersteller alle Flächen und die kleinsten Spalten und Zwischenräume – mit einem sofortigen 100%igen Wirkungsgrad. Sog. Virus-Wolken (Tröpfcheninfektionen durch Aerosole) können nur durch dieses dreidimensionale Desinfektionsverfahren inaktiviert werden. Um das Land sicher und planvoll durch die Gesundheitskrise zu führen, Risiken wo es nur geht zu vermindern und das Vertrauen der Menschen in den ÖPNV zu stärken, fragen wir die Landesregierung: Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 4687 mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung diese Art der wirkungsvollen Aerosol- Desinfektion? Biozidprodukte, zu denen Desinfektionsmittel gehören, dürfen grundsätzlich nur angeboten und verwendet werden, sofern sie eine Zulassung haben oder unter Übergangsbestimmungen fallen. Der Wirkstoff Wasserstoffperoxid ist genehmigt und die Verwendung von Produkten mit dem Namen „Diosol“ mit unterschiedlichen Konzentrationen von Gehalten an Wasserstoffperoxid als Desinfektionsmittel ist derzeit grundsätzlich zulässig. 1 Quelle: https://www.besserweiter.de/wasserstoffperoxid-nebel-desinfiziert-die-busse-auf-sylt.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/12213 2 Der desinfizierend wirksame Stoff (Wasserstoffperoxid) hat schleimhautreizende Eigenschaften und kann daher zu einer Reizung von Augen und Atemwegen führen. Deshalb ist eine Raumluftdesinfektion durch Kaltvernebelung in Anwesenheit von Beschäftigten oder anderen Personen nicht zulässig. Der durch die Sylter Verkehrsgesellschaft (SVG) getestete „DiosolGenerator“ ermöglicht es nach Angaben des Herstellers, die Kaltvernebelung ohne Anwesenheit von Personen durchzuführen. Grundsätzlich ist eine solche Desinfektion als zusätzliche Maßnahme neben den notwendigen intensiven Reinigungsmaßnahmen der Fahrzeuge und sonstigen Flächen also möglich. Nach der Desinfektion ist aber sicherzustellen, dass der Bus ausreichend lange durchlüftet wird, bevor er wiedereingesetzt wird, damit eine Gesundheitsgefährdung für das Fahrpersonal und die Nutzer ausgeschlossen werden kann. Inwieweit dadurch eine Verbesserung der hygienischen Situation zusätzlich zu der selbstverständlich weiter notwendigen gründlichen Reinigung eintritt, wäre durch gutachterliche Einschätzung zu überprüfen. 2. Möchte die Landesregierung Fördermöglichkeiten für die NRW-Verkehrsverbünde schaffen, mit dem Ziel, dieses Verfahren auch im nordrhein-westfälischen ÖPNV umzusetzen? 3. Wenn ja, welche bzw. in welcher Höhe? 4. Sind sonstige Fördermaßnahmen seitens des Landes für die Verkehrsverbünde in NRW zur Anschaffung und Ausweitung von Desinfektionsmöglichkeiten geplant? Die Fragen 2, 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Neben dem hundertprozentigen Ausgleich der Schäden aus Fahrgeldrückgängen im öffentlichen Personennahverkehr im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 im Jahr 2020 werden in Nordrhein-Westfalen auch die im Jahr 2020 anfallenden Kosten von dem Infektionsschutz dienenden Trennwänden für Fahrer und in Verkaufsräumen ausgeglichen. Die Infektionsschutzmaßnahmen werden tatsächlich sogar ausschließlich aus bereiten Landesmitteln finanziert, da kein bundesweiter Konsens über die Finanzierung von Hygienemaßnahmen bestand und andere Länder diese nicht übernehmen wollten. Da aber auch die Verkehrsunternehmen einen Beitrag zu leisten und dies bei der Aufspannung des Rettungsschirms auch erklärt haben, ist es angemessen, dass Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen gemeinsam die zusätzlichen Hygieneaufwendungen für z. B. Desinfektionsmaßnahmen tragen. Eine zusätzliche Landesförderung ist für 2020 nicht vorgesehen. 5. Werden die Kosten für zusätzlich eingesetzte Busse von Reiseunternehmen in den ÖPNV zur höheren Taktung des Fahrplans und damit einer Entzerrung der Fahrgastzahlen in den einzelnen Fahrzeugen vom Land übernommen? Nach den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung zusätzlicher Busverkehre zur Schülerbeförderung zur Verbesserung des Infektionsschutzes in Nordrhein- Westfalen aufgrund der Corona-Pandemie (Richtlinien Corona-Schülerverkehr) werden auch LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/12213 3 zusätzliche Verstärker- bzw. Einsatzwagenfahrten im ÖPNV, auch durch z. B. Reisebusse, zur Ausweitung des ÖPNV-Angebots zur Erschließung von Schulen gefördert. Hierdurch kann gerade zu Hauptverkehrszeiten eine deutliche Entlastung herbeigeführt werden. Für das Jahr 2021 ist eine Verlängerung der Förderung bis zu den Osterferien vorgesehen. Der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen hat in seiner Sitzung am 10.12.2020 zu Vorlage 17/4352 entsprechend Beschluss gefasst.