LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1223 15.11.2017 Datum des Originals: 09.11.2017/Ausgegeben: 20.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 399 vom 11. Oktober 2017 der Abgeordneten Josefine Paul BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/916 Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit 2002 gilt in Deutschland das Prostitutionsgesetz (ProstG). Damit wurde die Sexarbeit von der Sittenwidrigkeit befreit und gilt rechtlich als anerkannte Tätigkeit. Trotzdem massiver Kritik von Seiten mehrerer Bundesländer, der Betroffenen, aber auch durch Juristen und Juristinnen - besonders vertreten durch den deutschen juristinnen bund (djb) - sowie der deutschen Wohlfahrtsverbände trat am 1. Juli das neue Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) in Kraft. Auch der "Runde Tisch Prostitution in NRW" warnte vor diesem regressiven Maßnahmen und bezeichnete sie „als ungeeignet […] unverhältnismäßig, ungeeignet, stigmatisieren und kontraproduktiv.“ Der Antrag Nordrhein- Westfalens auf Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel, das Inkrafttreten des Gesetzes auf den 1. Januar 2018 zu verschieben, blieb leider ohne Erfolg. Entsprechend gab es nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt nur ein knappes Jahr für die Klärung der notwendig Umsetzungsfragen des Gesetzes. Daher erstaunt es auch nicht, dass die kritischen Stimmen, die sich von dem sehr bürokratischen Bundesgesetz überfordert fühlten, nicht verstummten. Der Städtetag in Hessen zog sogar in Zweifel, dass in dieser kurzen Zeitspanne ein ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln gewährleistet werden kann. Kernelement des Gesetzes ist die Einführung eine Erlaubnispflicht für das Betreiben eines Prostitutionsgewerbes. Bei der Anmeldung zu diesem Gewerbe schreibt das Gesetz ein Informations- und Beratungsgespräch vor. Insbesondere die Pflicht zur behördlichen Anmeldung sowie zur Wahrnehmung einer gesundheitlichen Beratung, stellt für die Kommunen eine nicht unerhebliche Herausforderung dar. Da es keine gesicherten Fallzahlen zum Tätigkeitsfeld der Prostitution gibt, konnten im Vorfeld weder die Anzahl der zu erwartenden Anmeldungen, noch Verfahrens- und Vollzugskosten exakt beziffert werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1223 2 Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 399 mit Schreiben vom 9. November 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen war eines von drei Bundesländern, die zum Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes am 1.7.2017 die notwendigen Regelungen zu dessen Umsetzung bereits getroffen hatten. Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage wurden die Bezirksregierungen des Landes gebeten, die notwendigen Angaben bei den zuständigen Kreisen und kreisfreien Städten zum 19.10.2017 zu erheben. Insofern stellen die in den Antworten enthaltenen Zahlen eine Momentaufnahme dar. 1. Wie viele Frauen und Männer haben in NRW ihre Tätigkeit in der Sexarbeit seit dem 1. Juli 2017 angemeldet (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? Vom 1. Juli 2017 bis zum oben genannten Zeitpunkt haben 525 Frauen und 12 Männer eine Tätigkeit als Prostituierte oder Prostituierter angemeldet. 2. Wie viele Personen aus der Sexarbeit bemühten sich bisher vergeblich um eine Anmeldung als Sexarbeiterin bzw. als Sexarbeiter und erhielten entsprechend lediglich eine Bescheinigung über ihre Bemühungen (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? Basierend auf den Berichten der Bezirksregierungen haben 36 weibliche Prostituierte und ein männlicher Prostituierter keine Anmeldebescheinigung zum Nachweis ihrer Anmeldung erhalten. Dies lag unter anderem daran, dass die technischen Voraussetzungen zum Ausdruck der Anmeldebescheinigungen noch nicht gegeben waren. 3. Wie viele Frauen und Männer haben in NRW seit dem 1. Juli 2017 ein Prostitutionsgewerbe angemeldet (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? Die „Anmeldung“ eines Betriebes ist vom Gesetz nicht vorgesehen. Nach dem ProstSchG konnten im Rahmen von Übergangsregeln bestehende Betriebe bis zum 1. Oktober 2017 (§ 37 Absatz 2) angezeigt werden. Zudem ist bis zum 31.12.2017 (§§ 12, 37 Absatz 2) ein Antrag auf Erlaubnis dieser Betriebe zu stellen. Auch sind sogenannte „Neuanträge“ möglich. Unter diesen Voraussetzungen wurden nach Angaben der Bezirksregierungen zum Erhebungszeitpunkt insgesamt 336 Anzeigen nach § 37 Abs. 2 ProstSchG und Anträge nach § 12 ProstSchG von natürlichen und juristischen Personen eingereicht. Nach dem Geschlecht der handelnden Personen differenzierte Angaben liegen leider nicht aus allen Regierungsbezirken vor. Bei juristischen Personen ist dies nicht möglich. Soweit das Geschlecht erfasst wurde, handelt es sich um 134 Frauen und 91 Männer. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1223 3 4. Wie häufig wurden gegenüber Personen, für die tatsächliche Anhaltspunkte bezüglich der Ausübung von Sexarbeit vorliegen, Anordnung entsprechend § 11 des Prostituiertenschutzgesetzes ausgesprochen? (Bitte aufschlüsseln nach dem Grund der Anordnung) Im Bereich von vier Bezirksregierungen wurden bisher noch keine Anordnungen nach § 11 ProstSchG ausgesprochen. Im Bereich einer Bezirksregierung waren es vier Anordnungen. Von diesen ergingen drei nach Aufgriff im Rahmen einer tätlichen Auseinandersetzung, eine wegen des jugendlichen Alters der Prostituierten nach der Kontrolle eines Bordells. 5. Wie viele (kulturelle) Sprachmittler*innen wurden flächendeckend und anlassbezogen eingesetzt? Bisher war der Einsatz von Sprachmittlung in 55 Fällen notwendig. In der Regel werden dabei für bestimmte Sprachen jeweils die gleichen Sprachmittler*innen eingesetzt.