LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1225 15.11.2017 Datum des Originals: 13.11.2017/Ausgegeben: 20.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 428 vom 4. Oktober 2017 des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD Drucksache 17/954 Verstöße von Lehrpersonal gegen das Neutralitätsgebot Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Schulgesetz für Nordrhein-Westfalen heißt es in § 2 (8) über Lehrer: „[…] Sie dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnlichen Bekundungen abgeben, die die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden gefährden oder stören […].“ Aus gutem Grund gilt für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst eine Treuepflicht, denn sie haben sich verpflichtet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu achten. Dazu wurden im Beutelsbacher Konsens die Grundsätze des Überwältigungsverbots, Kontroversität und der Schülerorientierung aufgestellt. Diese Grundsätze haben nach wie vor Gültigkeit. Insbesondere in Zeiten starker, politischer Polarisierung darf die Schule nicht zu einem Ort der Indoktrination verkommen, indem Lehrkräfte ihre Autorität und den Erziehungs- und Bildungsauftrag missbrauchen, um Schülern ihre Meinung aufzuzwingen, insbesondere weil die Schüler strukturell im Nachteil sind. So könnte die Lehrkraft ihr nicht genehme Meinungen und Ansichten über die Noten oder sonstige schulische Nachteile sanktionieren. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 428 mit Schreiben vom 13. November 2017 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1225 2 Vorbemerkung der Landesregierung Lehrerinnen und Lehrer genießen – wie alle Bürgerinnen und Bürger – das Recht auf Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes. Bei der Ausübung dieses Rechtes haben sie allerdings – wie alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst – Einschränkungen zu beachten, die sich aus dem Beamtenverhältnis als öffentlich-rechtlichem Dienst- und Treueverhältnis oder aus einem bestehenden tariflichen Arbeitsverhältnis ergeben. Zu den beamtenrechtlichen Pflichten gehört auch, das Amt unparteiisch und gerecht zu führen. Bei politischer Betätigung ist Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren. Darüber hinaus verpflichtet § 2 Absatz 8 des Schulgesetzes Lehrerinnen und Lehrer zu politischer Neutralität gegenüber den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern. Politische Äußerungen von Lehrkräften sind selbstverständlich nicht ausgeschlossen, unterliegen jedoch einem Gebot von ausgewogener Darstellung und Zurückhaltung. 1. Wie viele Beschwerden über Lehrkräfte wegen Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot sind der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen seit 2012 bekannt? Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Lehrkräfte werden unabhängig vom Beschwerdegegenstand von der Schulaufsicht statistisch nicht erfasst. In der Kürze der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit wäre die manuelle Auswertung aller Beschwerdeverfahren in den betreffenden Zeiträumen im Schulbereich nicht möglich und stünde auch außer Verhältnis zum angestrebten Ziel. Um die erforderlichen Informationen zu erhalten, wäre es notwendig die Personal- und – soweit vorhanden - Sachakten der über 180.000 Lehrerinnen und Lehrer, Vertretungslehrkräfte, Lehramtsanwärterinnen und -anwärter in Nordrhein-Westfalen auszuwerten. 2. Was war der Inhalt der Beschwerden? Bitte nach Jahr und Beschwerdeanlass aufschlüsseln. Vgl. Antwort zu Frage 1. 3. Welche disziplinarischen Konsequenzen hatten solche Beschwerden für die Lehrkräfte? Sofern ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot festgestellt wird, sind dienstrechtliche Konsequenzen abhängig von der Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens stellt in der Praxis der Bezirksregierungen eher die Ausnahme dar. Seit 2012 sind dem Ministerium lediglich vier Fälle bekannt geworden, in denen Verstöße gegen das Neutralitätsgebot (teilweise neben weiteren Dienstpflichtverletzungen) Gegenstand eines Disziplinarverfahrens waren. Die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen, sodass derzeit keine Aussage zu den disziplinarrechtlichen Konsequenzen getroffen werden kann. 4. Wie schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer von Verstößen gegen das Neutralitätsgebot ein, die aus Angst vor negativen Konsequenzen für die Schüler nicht eingereicht wurden? Da, wie dargestellt, über erhobene Dienstaufsichtsbeschwerden keine statistischen Daten vorliegen, lässt sich diese Frage nicht valide beantworten. Soweit auf Fälle abgestellt wird, die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1225 3 im Rahmen eines Disziplinarverfahrens behandelt wurden bzw. werden, dürfte eine Dunkelziffer eher als gering eingeschätzt werden. 5. Plant die Landesregierung Maßnahmen, um die Einhaltung des Neutralitätsgebotes besser durchzusetzen? Die Landesregierung sieht keine Veranlassung, Lehrkräfte des Landes Nordrhein-Westfalen intensiver als bisher zur Einhaltung des Neutralitätsgebotes anzuhalten. Sie hat vielmehr volles Vertrauen in die neutrale Amtsführung bzw. Aufgabenerfüllung der Lehrerinnen und Lehrer.