LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1261 17.11.2017 Datum des Originals: 17.11.2017/Ausgegeben: 22.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 455 vom 19. Oktober 2017 des Abgeordneten Christian Löcker SPD Drucksache 17/1001 Wann beginnt die Landesregierung endlich mit wirksamen Maßnahmen zur Staubekämpfung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Erfüllung des Wahlversprechens der CDU „Bewegung wählen: Weg mit den Staus in NRW!“ steht immer noch aus. Wirksame Maßnahmen zur Staubekämpfung sind bislang nicht wahrnehmbar. Stattdessen bewegen sich die Rekordmarken der Staulängen auf unseren rund 2.200 km Bundesautobahnen in Nordrhein Westfalen in immer neue Höhen. Vor diesem Hintergrund hat Landesverkehrsminister Hendrik Wüst öffentlich erklärt, dass zur Verminderung von Staus die Freigabe von Standstreifen erfolgen wird. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 455 mit Schreiben vom 17. November 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. 1. Welche Streckenabschnitte des Bundesautobahnnetzes in Nordrhein-Westfalen wurden überprüft und bewertet (bitte mit konkreter Bezeichnung des Streckenabschnittes und der jeweiligen Länge)? Im Jahr 2011 hat das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen eine Untersuchung zum Nutzen von Seitenstreifenumnutzungen durchgeführt. Im Ergebnis wurden 20 besonders störanfällige Streckenabschnitte benannt, für die im Weiteren die baulichen Voraussetzungen und die Wirtschaftlichkeit zur Umsetzung einer dauerhaften Umnutzung bzw. zur Einrichtung einer temporären Seitenstreifenfreigabe geprüft worden sind. Hierbei handelt es sich um folgende Bereiche: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1261 2 Nr. BAB Von Autobahnknoten Nach Autobahnknoten Fahrtrichtung Länge [km] 1 A 3 AK Hilden AD Ratingen-Ost Oberhausen 12,20 2 A 3 AS Ratingen-Ost AK Hilden Frankfurt/Main 12,20 3 A 3 AK Oberhausen-West AS Oberhausen-Lirich Köln 1,30 4 A 3 AS Oberhausen-Lirich AK Oberhausen-West Dinslaken 1,30 5 A 3 AS Leverkusen-Opladen AK Leverkusen Frankfurt/Main 1,90 6 A 4 AK Köln-Gremberg AK Köln-Süd Aachen 5,60 7 A 4 AK Köln-Süd AK Köln-Gremberg Olpe 5,60 8 A 42 AK Herne AS Herne-Crange Oberhausen 0,95 9 A 42 AS Essen-Altenessen AS Gelsenkirchen-Heßler Dortmund 1,80 10 A 43 AS Herne-Eickel AS Bochum-Gerthe Wuppertal 3,10 11 A 44 AK Dortmund-Unna AS Unna-Ost Kassel 1,85 12 A 44 AS Unna-Ost AK Dortmund-Unna Dortmund 2,00 13 A 46 AS Haan-Ost AK Sonnborn Wuppertal 5,30 14 A 52 AS Mönchengladbach-Nord AK Neersen Düsseldorf 4,35 15 A 52 AK Neersen AS Mönchengladbach-Nord Roermond 4,35 16 A 57 AS Köln-Bickendorf AS Köln-Longerich Krefeld 0,95 17 A 57 AS Krefeld-Oppum AK Meerbusch Köln 2,60 18 A 59 AS Troisdorf AD St. Augustin-West Königswinter 2,47 19 A 59 AK Bonn-Ost AS Pützchen St. Augustin 2,80 20 A 560 AD St. Augustin-West AS Siegburg Hennef 1,50 Darüber hinaus prüft der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen bei Bedarf die Machbarkeit der Freigabe von Seitenstreifen nach straßenbaulichen Kriterien. Dabei geht es insbesondere um Fragen eines ausreichend belastbaren Straßenunterbaus des Seitenstreifens und um die Frage der Geeignetheit von Brückenbauwerken für die zusätzliche Belastung. Entsprechende Untersuchungen haben auf folgenden Abschnitten bereits stattgefunden: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1261 3 Nr. BAB Von Autobahnknoten Nach Autobahnknoten Fahrtrichtung Länge [km] 1a A1 AK Köln-West AD Erfttal Euskirchen 14,0 2a A4 AK Köln-West AS Köln-Klettenberg Olpe 5,5 3a A4 AS Köln-Klettenberg AK Köln-West Aachen 5,5 4a A4 AD Heumar AK Gremberg Aachen 2,6 5a A44 AS Krefeld-Fichtenhain AK Meerbusch Düsseldorf 5,8 6a A46 AK Hilden AS Haan-West Wuppertal 2,0 7a A52 AK Neersen AK Kaarst Düsseldorf 11,0 8a A52 AK Breitscheid AD Essen-Ost Essen 18,0 9a A57 AD Neuss-Süd AK Köln-Nord Köln 11,2 10a A57 AK Köln-Nord AD Neuss-Süd Krefeld 11,2 2. Welche Streckenabschnitte wurden als geeignet eingestuft (bitte mit konkreter Bezeichnung des Streckenabschnittes und der jeweiligen Länge)? Die folgenden Abschnitte wurden als realisierbar eingestuft: Nr. BAB Von Autobahnknoten Nach Autobahnknoten Fahrtrichtung Länge [km] 1 A 3 AK Hilden AD Ratingen-Ost Oberhausen 12,20 2 A 3 AS Ratingen-Ost AK Hilden Frankfurt/Main 12,20 3 A 3 AK Oberhausen-West AS Oberhausen-Lirich Köln 1,30 4 A 3 AS Oberhausen-Lirich AK Oberhausen-West Dinslaken 1,30 8 A 42 AK Herne AS Herne-Crange Oberhausen 0,95 11 A 44 AK Dortmund-Unna AS Unna-Ost Kassel 1,85 12 A 44 AS Unna-Ost AK Dortmund-Unna Dortmund 2,00 14 A 52 AS Mönchengladbach-Nord AK Neersen Düsseldorf 4,35 15 A 52 AK Neersen AS Mönchengladbach-Nord Roermond 4,35 16 A 57 AS Köln-Bickendorf AS Köln-Longerich Krefeld 0,95 18 A 59 AS Troisdorf AD St. Augustin-West Königswinter 2,47 19 A 59 AK Bonn-Ost AS Pützchen St. Augustin 2,80 4a A4 AD Heumar AK Gremberg Aachen 2,6 6a A46 AK Hilden AS Haan-West Wuppertal 2,0 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1261 4 Davon wurde auf acht Abschnitten der Seitenstreifen bereits durch dauerhafte Umnutzung freigegeben: Nr. BAB Von Autobahnknoten Nach Autobahnknoten Fahrtrichtung Länge [km] 3 A 3 AK Oberhausen-West AS Oberhausen-Lirich Köln 1,30 4 A 3 AS Oberhausen-Lirich AK Oberhausen-West Dinslaken 1,30 11 A 44 AK Dortmund-Unna AS Unna-Ost Kassel 1,85 12 A 44 AS Unna-Ost AK Dortmund-Unna Dortmund 2,00 16 A 57 AS Köln-Bickendorf AS Köln-Longerich Krefeld 0,95 18 A 59 AS Troisdorf AD St. Augustin-West Königswinter 2,47 19 A 59 AK Bonn-Ost AS Pützchen St. Augustin 2,80 6a A46 AK Hilden AS Haan-West Wuppertal 2,0 Für die folgenden Abschnitte wurde bisher der verkehrliche Nutzen einer Seitenstreifenfreigabe nachgewiesen. Die Prüfung der baulichen Realisierbarkeit und ein umfassender Wirtschaftlichkeitsnachweis für Baumaßnahmen stehen derzeit noch aus. Nr. BAB Von Autobahnknoten Nach Autobahnknoten Fahrtrichtung Länge [km] 1a A1 AK Köln-West AD Erfttal Euskirchen 14,0 2a A4 AK Köln-West AS Köln-Klettenberg Olpe 5,5 3. Nach welchen Kriterien erfolgte die Überprüfung bzw. Wertung? Generelle Kriterien für die dauerhafte Umnutzung oder temporäre Freigabe von Seitenstreifen sind in den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) sowie im Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 20/2002 festgelegt. Die Überprüfung einer Strecke hinsichtlich der Realisierbarkeit einer Seitenstreifennutzung umfasst eine verkehrliche, eine bauliche sowie eine volkswirtschaftliche Bewertung. In der verkehrlichen Prüfung wird analysiert, wie viele Staustunden durch die Mitnutzung des Seitenstreifens gegenüber dem Ist-Zustand vermieden werden könnten. Die bauliche Realisierbarkeit hängt vor allem davon ab, ob der Seitenstreifen und die ggf. vorhandenen Brückenbauwerke im Streckenabschnitt ausreichend tragfähig sind und ob die verfügbare Fahrbahnbreite ausreicht. Seitenstreifen weisen im Allgemeinen nicht durchgängig den gleichen tragfähigen Unterbau wie die Hauptfahrbahnen auf und werden besonders durch den Schwerverkehr beansprucht. Sind die erforderlichen baulichen Voraussetzungen vorhanden oder durch bauliche Maßnahmen herzustellen, wird die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme bewertet. Dies geschieht durch Gegenüberstellung der vermeidbaren Staukosten pro Jahr (volkswirtschaftlicher Nutzen) und der jährlichen Kosten für erforderliche bauliche und technische Maßnahmen (Temporäre Seitenstreifenfreigabe) sowie ggf. den Betrieb einer telematischen Anlage (Investitions- und Betriebskosten). Eine weitere Ausplanung und Genehmigung der Maßnahme erfolgt nur bei deutlich positivem Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) > 1. Die abschließende Entscheidung über die Investition trifft der Bund als Straßenbaulastträger. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1261 5 4. Wann wird die Freigabe der geeigneten Standstreifen jeweils genau erfolgen (bitte mit konkreter Bezeichnung des Streckenabschnittes und der jeweiligen Länge)? Neben den bereits bestehenden Anlagen zur temporären Seitenstreifenfreigabe auf der A4 (AS Refrath bis AS Merheim, Länge: 2,0 km), der A45 (AK Hagen bis AK Westhofen, Länge: 5,3 km) und der A57 (AS Longerich bis AS Bickendorf, Länge: 1,9 km) werden derzeit vier weitere Anlagen umgesetzt. Die Inbetriebnahme ist folgendermaßen geplant: Nr. BAB Von Autobahnknoten Nach Autobahnknoten Geplante Inbetriebnahme Länge [km] 1 A 3 AK Hilden AD Ratingen-Ost 2018 12,20 2 A 3 AS Ratingen-Ost AK Hilden 2018 12,20 14 A 52 AS Mönchengladbach-Nord AK Neersen 2019 4,35 15 A 52 AK Neersen AS Mönchengladbach-Nord 2019 4,35 Auf zwei Abschnitten wird eine dauerhafte Umnutzung des Seitenstreifens erfolgen. Hierfür sind folgende Freigabetermine geplant: Nr. BAB Von Autobahnknoten Nach Autobahnknoten Geplante Freigabe Länge [km] 8 A 42 AK Herne AS Herne-Crange 2018 0,95 4a A 4 AD Heumar AK Gremberg 2018 2,6 5. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass im Wege der Freigabe von Standstreifen erhöhte Sicherheitsrisiken für die Verkehrsteilnehmer, zum Beispiel im Pannenfall, entstehen? Die Verkehrssicherheit auf Streckenabschnitten mit dauerhaft umgenutzten oder temporär freigegebenen Seitenstreifen wird durch die Einhaltung der Vorgaben aus den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) und dem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 20/2002 gewährleistet. Bei dauerhafter Umnutzung sind neben der Einhaltung der baulichen Kriterien die wesentlichen Sicherheits-stiftenden Maßnahmen die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sowie das Vorhalten von Nothaltemöglichkeiten (z.B. durch die Anlage von Nothaltebuchten). Bei temporärer Seitenstreifenfreigabe wird der Streckenabschnitt zusätzlich mit Hilfe von Videokameras kontinuierlich durch die Operatoren der Verkehrszentrale beobachtet. Bleibt ein Fahrzeug auf dem freigegeben Seitenstreifen liegen, wird dieser umgehend für den fließenden Verkehr geschlossen. Zusätzliche Sicherheit wird bei der bereits bestehenden temporären Seitenstreifenfreigabe auf der A45 sowie auf den in Bau befindlichen Streckenabschnitten der A3 durch die Kombination mit einer Streckenbeeinflussungsanlage erreicht. Auf den in Nordrhein-Westfalen in Betrieb befindlichen Strecken mit temporärer Seitenstreifenfreigabe besteht nach vorliegenden Erfahrungen kein erhöhtes Sicherheitsrisiko. Im Gegenteil konnte teilweise sogar ein Rückgang der Unfallzahlen festgestellt werden. Dies ist insbesondere auf die Staureduzierung zurückzuführen. Dadurch kommt es zu weniger Unfällen im Stau und am Stauende. Am Beispiel der temporären Seitenstreifenfreigabe auf der A57 in Köln (AS Longerich bis AS Bickendorf) erfolgte gegenüber dem Jahr vor LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1261 6 Inbetriebnahme eine signifikante Reduktion der Gesamtunfallzahl um annähernd die Hälfte. Die geringere Gesamtunfallzahl ist mit leichten Abweichungen fortlaufend zu verzeichnen. Die Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen decken sich mit denen anderer Bundesländer, die ebenfalls Seitenstreifen temporär freigeben.