LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1278 21.11.2017 Datum des Originals: 20.11.2017/Ausgegeben: 24.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 521 vom 13. November 2017 des Abgeordneten Horst Becker BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1205 Wann wurde die Ministerehrenkommission durch den Ministerpräsidenten tatsächlich berufen und warum verschweigt die Landesregierung das Berufungsdatum bisher auch in den „Antworten“ auf zwei kleine Anfragen des Fragestellers? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Kleinen Anfrage 230 vom 25.08.2017 habe ich die Frage gestellt „An exakt welchem Tag wurde die Ministerehrenkommission durch den Ministerpräsidenten berufen?“ Darauf „antwortet“ die Landesregierung mit dem Datum vom 2. Oktober 2017 (Drucksache 17/777): „Die Ministerehrenkommission verwahrt, prüft und verwaltet gemäß § 1 der Agenda der Ministerehrenkommission (Anlage 3 zur Geschäftsordnung der Landesregierung) die Angaben, die die Mitglieder der Landesregierung zu ihren Vermögensverhältnissen und externen Tätigkeiten erklären. Die Prüfung erfolgt in einem internen, vertraulichen Verfahren. Nach § 30 Abs.1 der Geschäftsordnung der Landesregierung geben die Mitglieder der Landesregierung ihre Erklärung über ihre Vermögensverhältnisse und externen Tätigkeiten beim Amtsantritt sowie aktualisiert zum 30. Juni des Jahres gegenüber der Ministerehrenkommission ab.“ Damit wurde die Frage nicht beantwortet! In der Kleinen Anfrage 377 vom 05.10.2017 habe ich erneut die Frage gestellt „An exakt welchem Tag wurde die Ministerehrenkommission durch den Ministerpräsidenten berufen?“ Darauf „antwortet“ die Landesregierung mit dem Datum vom 6. November 2017 (Drucksache 17/1086): „Ich habe die Ministerehrenkommission nach meiner Wahl zu einem Zeitpunkt berufen, binnen einer Zeitspanne, die nicht von dem Zeitraum meiner Amtsvorgängerin abwich.“ Damit wurde die Frage erneut nicht beantwortet. Auch in mehreren Nachfragen durch den Fragesteller zu mündlichen Anfragen im Plenum wurde diese Frage nicht beantwortet. Die Beantwortung ist aus Sicht des Fragestellers aber für das Parlament und die Öffentlichkeit von Bedeutung, um beurteilen zu können, welche Substanz Äußerungen der Landesregierung haben, die diese im Zusammenhang mit der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1278 2 Berufung des früheren Medienministers Stephan Holthoff-Pförtner und einer Prüfung seiner Vermögensverhältnisse und externen Tätigkeiten hinsichtlich möglicher Interessenskonflikte mit seinem Amt als Landesminister durch die Ministerehrenkommission gemacht hat. Zum Hintergrund: Der Amtsantritt der von Ministerpräsident Laschet berufenen Kabinettsmitglieder war der 30. Juni 2017. Der Ministerpräsident und alle MinisterInnen einer nordrhein-westfälischen Landesregierung sind nach der Geschäftsordnung der Landesregierung verpflichtet, beim Amtsantritt und für die Dauer ihrer Amtszeit Angaben „zu ihren Vermögensverhältnissen und externen Tätigkeiten zu machen“. Die Auskünfte müssen der Ministerehrenkommission übermittelt werden. Nach der Geschäftsordnung der Landesregierung hätten also die Minister und Ministerinnen spätestens Anfang Juli 2017 ihre Erklärung zu ihren Vermögensverhältnissen und externen Tätigkeiten bei der Ministerehrenkommission vorgelegt haben müssen. In der Rheinischen Post vom 4. August d.J. war die Ankündigung von Ministerpräsident Laschet zu entnehmen, „die Unabhängigkeit seines Kabinetts wie schon bei Vorgängerregierungen üblich durch eine Ehrenkommission prüfen zu lassen.“ . Also scheint es offensichtlich, dass die Ministerinnen und Minister ihre Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen und externen Tätigkeiten nicht vor dem 4. August gemacht haben können. Insbesondere im Zusammenhang mit Frau Ministerin Schulze Föcking und Herrn Minister Holthoff-Pförtner ist dies für Parlament und Öffentlichkeit von Interesse. Der Ministerpräsident hat die Kleine Anfrage 521 mit Schreiben vom 20. November 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der Fragesteller vertritt in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage die These, dass die Ministerinnen und Minister „beim Amtsantritt“, spätestens Anfang Juli 2017 ihre Erklärung zu ihren Vermögensverhältnissen und externen Tätigkeiten bei der Ministerehrenkommission hätten vorgelegt haben müssen. Er bezieht sich hierbei augenscheinlich auf von ihm missverstandene Paragraphen der Geschäftsordnung der Landesregierung (GOLR). Hierbei verkennt er jedoch die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, die Auslegung und Staatspraxis sowie die tatsächlichen Abläufe: Zur Vorbereitung der Ernennung eines Mitglieds der Landesregierung findet eine Prüfung dahingehend statt, ob ein Ernennungshindernis vorliegt. Diese Prüfung orientiert sich insbesondere an den Maßstäben des Art. 64 Landesverfassung Nordrhein-Westfalen. Die Erklärung gegenüber der Ministerehrenkommission zählt nicht hierzu. Insofern muss zum Zeitpunkt der Übernahme des Amtes keine Erklärung gegenüber der Ministerehrenkommission vorliegen. Neben dieser rechtlichen Erwägung kann aus tatsächlichen Gründen zu dem von dem Fragesteller genannten Zeitpunkt noch keine Erklärung gegenüber der Ministerehrenkommission abgegeben werden, da diese zu diesem Zeitpunkt noch nicht existiert. Die Ministerehrenkommission ist an das Amt des Ministerpräsidenten gekoppelt (§ 2 Abs. 1, 2 der Agenda der Ministerehrenkommission, Anlage 3 zur GOLR), sie muss daher von dem neu gewählten Ministerpräsidenten neu berufen werden, wobei die Berufung nur im Einvernehmen mit den in Aussicht genommenen Mitgliedern der Kommission erfolgen kann. Dieser Prozess kann bereits aus Zeitgründen zum Zeitpunkt der Ernennung der Ministerinnen und Minister nicht abgeschlossen sein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1278 3 Daher hat sich die Staatspraxis etabliert, dass der Ministerpräsident zunächst die Ministerinnen und Minister ernennt, er diese bereits vor der Berufung der Ministerehrenkommission mit einem Brief über die persönlichen Pflichten - etwa zu der Erklärungspflicht gegenüber der Ministerehrenkommission – informiert, und er sodann die Ministerehrenkommission beruft, nachdem er zuvor parallel deren Einvernehmen eingeholt hat. Nach Abschluss dieses Verfahrens kommen die Mitglieder der Landesregierung ihrer Erklärungspflicht nach. Die Landesregierung war in Beantwortung der Kleinen Anfragen 230 und 377 davon ausgegangen, dass der Fragesteller, der zwei Landesregierungen angehörte, mit der Geschäftsordnung der Landesregierung vertraut ist. Die Landesregierung gibt jedoch gerne eine ausführliche Rechtsauskunft zur Staatspraxis mit allen Daten zur Regierungsbildung seit 2002. 1. An exakt welchem Tag wurde die Ministerehrenkommission durch den Ministerpräsidenten berufen? 2. Für den Fall, dass die Landesregierung das konkrete Datum der Benennung der Ministerehrenkommission erneut nicht nennt: Wie begründet die Landesregierung die Geheimhaltung des exakten Berufungsdatums? 3. Für den Fall, dass die Landesregierung das konkrete Datum der Benennung der Ministerehrenkommission erneut nicht nennt: Wie begründet die Landesregierung, dass sie die Nichtbeantwortung mit dem Urteil des VerfGH Nordrhein-Westfalen vom 19. August 2008, das der damalige Abgeordnete Reiner Priggen erstritten hat, zu den Auskunftsrechten des Parlaments für vereinbar hält? 4. Für den Fall, dass die Landesregierung das konkrete Datum der Benennung der Ministerehrenkommission erneut nicht nennt: Wie begründet die Landesregierung, dass die Nichtbeantwortung aus ihrer Sicht mit dem Urteil des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom 7.11.2017 vereinbar sein soll, durch das die parlamentarischen Informations- und Kontrollrechte deutlich wurden? Die Landesregierung respektiert das von dem Fragesteller formulierte besondere Informationsinteresse des Parlaments an dem Zeitpunkt der Ernennung der Ministerehrenkommission und wägt dieses gegen den Gesichtspunkt der Vertraulichkeit des Verfahrens der Ministerehrenkommission ab, das auch den Verfahrensschritt der Ernennung umfasst. Vor diesem Hintergrund werden die Fragen 1 bis 4 gemeinsam wie folgt beantwortet. Der Fragesteller kann daran erkennen, dass die Berufung der Ministerehrenkommission mitunter drei Mal so schnell erfolgte als bei der Vorgängerregierung, der der Fragesteller angehörte. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1278 4 Soweit die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident nach ihrer bzw. seiner Ernennung die Ministerehrenkommission berief, erfolgte dies zu den nachfolgend in der Tabelle dargestellten Zeitpunkten1: Legislaturperiode Ministerpräsidentin/ Ministerpräsident Datum Wahl MP Datum Berufung Ministerehrenkom mission Tage 13 Peer Steinbrück 6. November 2002 16. Januar 2003 71 14 Dr. Jürgen Rüttgers 22. Juni 2005 3. September 2005 73 15 Hannelore Kraft 14. Juli 2010 12. August 2010 29 16 Hannelore Kraft 21. Juni 2012 23. Oktober 2012 124 17 Armin Laschet 27. Juni 2017 31. Juli 2017 34 1 Zudem hatte Frau Ministerpräsidentin Kraft die Ministerehrenkommission 2010 zunächst nur bis zum 31. Dezember 2010 ernannt, so dass die Kommission sodann abermals berufen werden musste.