LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1325 27.11.2017 Datum des Originals: 27.11.2017/Ausgegeben: 30.11.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 476 vom 26. Oktober 2017 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1048 Werbung für die Bundeswehr in der Schule? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Land Nordrhein-Westfalen hat 2008 mit dem Wehrbereichskommando II der Bundeswehr eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, die 2012 novelliert wurde. Hierin ist festgehalten, dass und unter welchen Bedingungen Jugendoffiziere der Bundeswehr zu Diskussionen in die Schulen eingeladen werden. Grundlage sind die 1977 vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Informationspflicht der Bundeswehr und das Informationsbedürfnis der Schulen zu sicherheitspolitischen Themen im Rahmen der Politischen Bildung. Ausdrücklich wurde auf den Beutelsbacher Konsens hingewiesen. Im Bericht des Landeskommando NRW als Nachfolger des Wehrbereichskommandos II zur Evaluation der Kooperationsvereinbarung vom 8. März 2017 führt U. K., Leiter der Informationsabteilung auf Seite 4 aus: „Der immer wiederkehrende Vorwurf, Jugendoffiziere würden Nachwuchswerbung betreiben, war auch im Berichtszeitraum ein Diskussionsgegenstand in der Öffentlichkeit und medialen Berichterstattung. Die Jugendoffiziere haben jederzeit klar kommuniziert, dass sie ausschließlich Referentinnen und Referenten für militärische und sicherheitspolitische Grundsatzfragen im Sinne der offiziellen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik Deutschland sind.“ (Vorlage 16/4966) Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat in seinen Abschließenden Bemerkungen zum Dritten und Vierten Staatenbericht der Bundesrepublik zu UN-Kinderrechtskonvention vom 25.2.2014 hierzu Stellung genommen. Er zeigt sich besorgt über die Werbung der Bundeswehr vor Minderjährigen in schulischem Kontext (CRC/C/DEU/CO/3-4, Nr. 76 b, S. 15). Auf der Homepage der Realschule am Bohlgarten in Schwerte ist unter der Überschrift „Bundewehr [sic] informiert über Karrieremöglichkeiten“ im Weiteren zu lesen: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1325 2 „Am 12. September 2017 informierte Herr H. von der Bundeswehr unsere 9. uns [sic] 10. Klassen über die vielfältigen Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr.“ http://rabs.schwerte.de/bundewehr-informiert-ueber-karrieremoeglichkeiten/ (abgerufen am 18.10.2017). Schülerinnen und Schüler der 9.Klasse sind je nach Eintrittsalter 14 oder 15 Jahre alt und stehen somit unter dem besonderen Schutz der Kinderrechtskonvention. Sie sind auch nach den Kriterien der Bundeswehr vom Alter für eine Karriere bei der Bundeswehr zu jung. Nach der Soldatenlaufbahnverordnung ist zum Dienst nur zugelassen, wer das 17. Lebensjahr vollendet hat (§8 Abs.1 Nr.1, §11 Abs.1 Nr.1, §15 Abs.1 Nr.1). Dies gilt für „Anwärterin oder Anwärter für die Laufbahnen des Truppendienstes, des Sanitätsdienstes, des Militärmusikdienstes, des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr und des allgemeinen Fachdienstes“. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 476 mit Schreiben vom 27. November 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie und Flüchtlinge und Integration beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die hier angesprochene Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Wehrbereichskommando ll der Bundeswehr legt die Bedingungen, unter denen Jugendoffiziere der Bundeswehr zu Diskussionen in die Schulen eingeladen werden können, fest. Diese Kooperationsvereinbarung bezieht sich ausdrücklich nur auf die Jugendoffiziere. Diese Jugendoffiziere dürfen grundsätzlich nicht für eine schulische oder berufliche Ausbildung oder eine sonstige Tätigkeit bei der Bundeswehr werben. Dies ist allein den sogenannten Karriereoffizieren der Bundeswehr vorbehalten. Die Bundeswehr ist eine nachgeordnete Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums und bietet wie andere Bundeseinrichtungen vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten, z. B. im handwerklichen wie im Verwaltungsbereich an. Ansprechpartner sind die Karriereoffiziere der Bundeswehr, die ausdrücklich für eine Ausbildung oder Tätigkeit bei der Bundeswehr werben dürfen. Dies erfolgt u. a. im Rahmen von Ausbildungsmessen aber auch im schulischen Kontext. Der von der Fragestellerin genannte Sachverhalt bezieht sich nicht auf die vorgenannte Kooperationsvereinbarung. Es handelt sich vielmehr um eine Reihe von Veranstaltungen der Schule zur Information über Ausbildungsmöglichkeiten bei der Bundeswehr. Bildungsauftrag der Schule ist es, Jugendliche zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen und sie perspektivisch auf den Übergang von der allgemeinen Schule in eine Berufsausbildung oder zur Teilnahme an weiteren Bildungsangeboten vorzubereiten. Deshalb erhalten Jugendliche an allgemeinbildenden Schulen im Land NRW die Möglichkeit, berufliche Zukunftspläne überlegt zu gestalten. Grundlage ist nach wie vor das Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“, das das Ziel hat, die Jugendlichen ab der 8. Jahrgangsstufe mit verpflichtenden Bausteinen zu reflektierten Berufs- und Studienwahlentscheidungen zu befähigen und realistische Ausbildungsperspektiven im Anschluss an die allgemeinbildende Schule zu entwickeln. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1325 3 Die Realschule am Bohlgarten in Schwerte kommt dieser Verpflichtung nach, u.a. in Form von regelmäßigen Informationsveranstaltungen für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 zu unterschiedlichen Berufsbildern und Ausbildungsmöglichkeiten. Laut Aussage der Lehrkräfte hat die Vorstellung von unterschiedlichen Ausbildungsmöglichkeiten im Fokus gestanden. Auch seien kritische Aspekte der Arbeit bei der Bundeswehr (Auslandseinsätze, Konfrontation mit Krieg und Tod) benannt worden. Eine Werbung für eine Ausbildung an der Waffe sei nicht erfolgt und auch Fragestellungen der Schülerinnen und Schüler seien davon unberührt gewesen. An diesem Tag war kein anderer Ausbildungsbetrieb vor Ort, da die Realschule am Bohlgarten konzeptionell darauf setzt, den einzelnen Betrieben ausreichend Zeit für ihre Vorstellung einzuräumen und eine inhaltliche Fokussierung der Jugendlichen sicherzustellen. Deshalb erfolgen die Informationsangebote der Betriebe über das Schuljahr verteilt. Im November finden Informationsveranstaltungen der Berufskollegs und der Agentur für Arbeit statt. Darüber hinaus sind seitens der Schule für das 2. Schulhalbjahr 2017/18 weitere Termine für Informationsveranstaltungen in Planung. Die Beantwortung der nachstehenden Frage erfolgt in Bezug auf die von der Abgeordneten angesprochenen Informationen der Bundeswehr zu Ausbildungs- und Tätigkeitsmöglichkeiten in ihrem Geschäftsbereich. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Werbung der Bundeswehr bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern in Schulen? Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, ist die Bundeswehr eine staatliche Bundeseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums mit einem breiten Spektrum von Ausbildungsmöglichkeiten. Es ist im besonderen Interesse des Landes, dass Schülerinnen und Schüler über die vielfältigen Möglichkeiten der unterschiedlichen Ausbildungsmöglichkeiten konkret informiert werden. Dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes liegen keine Informationen vor, dass die Bundeswehr bei ihren Informationen zu Ausbildungsmöglichkeiten in ihrem Geschäftsbereich gegen die Kinderrechtskonvention oder sonstige rechtliche Vorgaben verstößt. 2. Wie werden die Schulen über die Bedingungen hinsichtlich der Präsenz der Bundeswehr in Schulen hingewiesen? Die Entscheidung, ob die Bundeswehr zur Teilnahme an Informationsveranstaltungen zu Ausbildungsmöglichkeiten in die Schule eingeladen werden soll, trifft die Schulleitung, ggf. nach Information und in Absprache mit der Schulaufsicht. Grundlage ist die „Allgemeine Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen“ (ADO). 3. Wie sehr achtet die Schulaufsicht auf die Einhaltung der Kooperationsvereinbarung und des Beutelsbacher Konsenses? Die Informationen durch die Karriereoffiziere über Ausbildungs- und Tätigkeitsmöglichkeiten bei der Bundeswehr werden von der Kooperationsvereinbarung nicht erfasst.