LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1358 30.11.2017 Datum des Originals: 29.11.2017/Ausgegeben: 05.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 480 vom 27. Oktober 2017 der Abgeordneten Verena Schäffer und Josefine Paul BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1063 Neonazistische Kampfsport-Veranstaltung „Kampf der Nibelungen“ Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 14. Oktober 2017 fand in Kirchhundem (Kreis Olpe) eine konspirativ organisierte Kampfsportveranstaltung der Neonazi-Szene statt. Nach Angaben der örtlichen Polizei sollen 500 bis 600 Zuschauer*innen aus dem gesamten Bundesgebiet und dem europäischen Ausland teilgenommen haben. Der Polizei soll am Nachmittag des Veranstaltungstages bekannt geworden sein, dass am frühen Abend ein Box-Wettkampf in Kirchhundem stattfinden solle, dessen Veranstaltungsort durch Personen der rechtsextremen Szene angemietet worden sei. Die Polizei führte Aufklärungsmaßnahmen und Personenüberprüfungen bei der Abreise der Besucher*innen durch.1 Der Vermieter der Schützenhalle, in dem die Veranstaltung stattfand, war nach Informationen des WDR von seinen Mietern über den wahren Zweck der Veranstaltung getäuscht worden.2 Das hessische Innenministerium hatte Ende September die Öffentlichkeit in Hessen über Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden informiert, wonach die „illegale Kampfsportveranstaltung“ in diesem Jahr in Hessen stattfinden solle. Das hessische Innenministerium warnte deshalb in einem Rundbrief hessische Städte und Gemeinden vor der Veranstaltung.3 1 Siegener Zeitung: „600 Rechte bei Nazi-Treffen“, online: http://www.siegener-zeitung.de/siegenerzeitung /600-Rechte-bei-Nazi-Treffen-9f3769c2-f797-46bb-98b4-2847487c7f7a-ds 2 WDR: Treffen der rechten Szene: Vermieter in Kirchhundem getäuscht, online: http://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/rechte-boxkampf-kirchhundem-100.html 3 Hessenschau: "Kampf der Nibelungen" Neonazi-Fight alarmiert Sicherheitsbehörden, online: http://www.hessenschau.de/panorama/kampf-der-nibelungen-moeglicher-neonazi-fight-alarmiertsicherheitsbehoerden ,neonazi-kampf-sicherheit-100.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1358 2 Die Kampfsportveranstaltung fand 2017 bereits zum fünften Mal in Folge an wechselnden Orte statt. In den ersten beiden Jahren wurde sie noch unter dem Namen „Ring der Nibelungen“ beworben, mittlerweile treten die Veranstalter mit dem Label „Kampf der Nibelungen“ auf. In der Vergangenheit soll die Veranstaltung schon einmal in Nordrhein- Westfalen stattgefunden haben. Dies hat auch das Innenministerium in der Innenausschusssitzung vom 19. Oktober 2017 bestätigt. Es ist anzunehmen, dass Rechtsextreme aus Nordrhein-Westfalen an der Organisation der Veranstaltung beteiligt sind. So habe der Vermieter der Schützenhalle in Kirchhundem den Mietvertrag mit einer Privatperson aus Dortmund geschlossen, der ihn jedoch über den tatsächlichen Charakter der Veranstaltung getäuscht habe.4 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 480 mit Schreiben vom 29. November 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu den durchgeführten Veranstaltungen „Ring bzw. Kampf der Nibelungen“ in den vergangenen Jahren bis 2017 vor? (Bitte unter Angabe von Ort und Teilnehmerzahl.) Die Veranstaltung fand in diesem Jahr zum fünften Mal statt. Die beiden ersten Veranstaltungen wurden 2013 und 2014 im rheinland-pfälzischen Vettelschoß unter Teilnahme von ca. 150 bzw. 250 Personen ausgetragen. 2015 wurde die Veranstaltung in Hamm mit ca. 300-400 Personen durchgeführt. Der Austragungsort 2016 war die hessische Gemeinde Gemünden mit einer Teilnehmerzahl von etwa 450 Personen. An der Veranstaltung am 14.10.2017 in Kirchhundem nahmen ca. 500 Personen teil. 2. Welche rechtsextremistischen Strukturen aus NRW sind in die Organisation des „Kampfes der Nibelungen“ involviert? Im Impressum der offiziellen Homepage zum „Kampf der Nibelungen“ ist der Dortmunder Rechtsextremist Alexander Deptolla aufgeführt, der zugleich eine Führungsrolle im Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ einnimmt. 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung hinsichtlich der Teilnahme von Personen aus der (gewaltbereiten) Fußballszene an der Veranstaltung am 14.10.2017? Unter den Teilnehmern der Veranstaltung befanden sich neben Rechtsextremisten als der größten Gruppe auch Angehörige von Rockergruppen und der gewaltbereiten Fußballszene mit einer rechtsaffinen Gesinnung. 4 https://www.wp.de/staedte/kreis-olpe/schuetzenverein-kirchhundem-war-ahnungslos-id212256995.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1358 3 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung hinsichtlich der Einbindung rechtsextremistischer Strukturen (bspw. „Hammerskins“) aus dem Ausland beim „Kampf der Nibelungen“? Sowohl ein Teil der Besucher der Veranstaltung als auch ein Teil der Kämpfer kamen aus anderen Bundesländern und dem europäischen Ausland. Als Sponsoren traten mit „White Rex“ (Russland) sowie „Pride France II“ (Frankreich) zwei aus dem Ausland stammende Szenebekleidungsmarken auf. 5. Wie will die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass solche konspirativ geplanten rechtsextremen Großveranstaltungen in Zukunft nicht mehr in Nordrhein-Westfalen stattfinden? Veranstaltungen wie „Kampf der Nibelungen“ oder rechtsextremistische Konzerte werden in den letzten Jahren immer konspirativer geplant und vorbereitet. Unmittelbar nach Bekanntwerden solcher Veranstaltungen erfolgen durch die Sicherheitsbehörden erkenntnisverdichtende Open-Source-Recherchen in Medien, im Internet sowie in sozialen Netzwerken. Zur Aufklärung der tatsächlichen Umstände werden alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten der Informationsgewinnung ausgeschöpft. Neben einer intensiven Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden mit den Kommunen und der Justiz kommt der Kooperation mit anderen Institutionen und Privatleuten (z. B. den Vermietern von Veranstaltungsräumlichkeiten) große Bedeutung zu, um derartigen Veranstaltungen angemessen begegnen zu können.