LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1421 11.12.2017 Datum des Originals: 08.12.2017/Ausgegeben: 14.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 519 vom 8. November 2017 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/1203 Ist die Notfallversorgung der Bürgerinnen und Bürger im Bezirk Nordrhein auch nach der Umstrukturierung des kassenärztlichen Notdienstes sichergestellt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), in der die Ärzteschaft aus dem Bezirk Nordrhein selbstverwaltend organisiert ist, hat den Vorstand der KVNO im Februar 2015 im Rahmen eines Beschlusses dazu aufgefordert, den kassenärztlichen Notdienst im Bezirk Nordrhein neu zu organisieren. Der Beschluss sah vor, dass künftig maximal 41 von bislang 61 Praxen weiterbetrieben werden sollten. Ergänzend dazu sollte ein flächendeckender Fahrdienst eingerichtet werden. Nachdem die Umsetzung dieser Notdienstreform im Frühjahr 2016 nach einem Beschluss der Vertreterversammlung der KVNO wieder gestoppt wurde, hat die KVNO anlässlich des „Tags des Bereitschaftsdienstes“ am 11.10.2017 ihre Pläne zur Weiterentwicklung des kassenärztlichen Notdienstes vorgestellt. Nach Aussagen der KVNO werde eine sektorübergreifende Notfallversorgung durch sogenannte „Portalpraxen“ angestrebt. Unklar sei jedoch noch, wie viele solcher „Portalpraxen“ benötigt würden und an welchen Standorten sich diese befinden sollen. Auch in meinem Wahlkreis engagieren sich in Eschweiler, Stolberg und der Nordeifel bis heute Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt von Notdienstpraxen, weil sie die Versorgungssicherheit gefährdet sehen. Nach § 78 Absatz 1 SGB V obliegt dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen als oberste Verwaltungsbehörde die Rechtsaufsicht über die Kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1421 2 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 519 mit Schreiben vom 8. Dezember 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung: Bei der Organisation des ärztlichen Notdienstes handelt es sich um eine originäre Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung, auf die das Land nur sehr eingeschränkt im Rahmen der Rechtsaufsicht Einfluss nehmen kann. Im Vordergrund steht dabei die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger zu den sprech-stundenfreien Zeiten. Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) hat im Februar 2015 einen grundlegenden Beschluss zur Reform des ärztlichen Notdienstes gefasst, dessen Umsetzung die Vertreterversammlung jedoch im April 2016 vorläufig gestoppt hat. Inzwischen sind bundesgesetzliche Regelungen in Kraft getreten, die eine engere Kooperation der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenhäusern im Notdienst vorsehen, insbesondere im Sinne von sog. Portalpraxen. Die Organisation des ärztlichen Notdienstes steht auch im bundesweiten Fokus. Dabei werden die Probleme bei der Inanspruchnahme und Steuerung der Notfallversorgung in den Krankenhausambulanzen und im vertragsärztlichen Notdienst auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Rettungsdienst diskutiert und Lösungsansätze gesucht. Auch das vom Gesundheitsministerium eingerichtete Gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V befasst sich aktuell intensiv mit dieser Problematik. Vor diesem Hintergrund steht die ursprünglich angedachte Konzeption, die Grundlage des Beschlusses der Vertreterversammlung der KVNO war, nicht mehr zur Diskussion. Eine Neubefassung mit der Thematik wurde innerhalb der KVNO eingeleitet. 1. In welcher Weise wurde bzw. wird die Landesregierung von der KVNO bei der Weiterentwicklung des kassenärztlichen Notdienstes im Bezirk Nordrhein beteiligt? Im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Notdienstes wurde und wird die Landesregierung laufend informiert. Darüber hinaus findet im Rahmen der Befassung mit der Thematik innerhalb des §90a-Gremiums ein intensiver Austausch mit allen Beteiligten statt. 2. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass die hohe Behandlungsqualität von Patientinnen und Patienten im Bezirk Nordrhein, bezogen auf Anzahl und Standorte der Notfallpraxen und vor dem Hintergrund einer Belastung durch eine verlängerte und erschwerte An- und Abreise, auch zukünftig beibehalten wird? Wie bereits in der Vorbemerkung der Landesregierung dargelegt, existiert derzeit kein konkretes Konzept der KVNO für eine Neu-organisation des Notdienstes. Losgelöst davon ist darauf hinzuweisen, dass die Regelungskompetenz im ärztlichen Notdienst alleine den ärztlichen Selbstverwaltungskörperschaften (Kassenärztliche Vereinigungen und Ärztekammern) obliegt; die genannten Körperschaften haben einen weiten Ermessensspielraum . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1421 3 Daher sind die tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten der Landesregierung nur gering. Nur bei eindeutigen Rechtsverstößen der ärztlichen Körperschaften kann die Landesregierung aufsichtsrechtlich tätig werden. Dies wäre dann der Fall, wenn die Versorgung durch den Notdienst nicht (mehr) sichergestellt wäre. Wichtig ist aus Sicht der Landesregierung, dass die Notfallpraxen für alle Menschen gut erreichbar sind und parallel zu den Notfallpraxen ein gut funktionierender Fahrdienst besteht, der bei Bedarf Hausbesuche ermöglicht. 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zum zeitlichen Rahmen einer Umstrukturierung des kassenärztlichen Notdienstes im Bezirk Nordrhein und der Beibehaltung oder Schließung von existierenden Standorten von Notdienstpraxen im Bezirk Nordrhein vor? Aktuell gibt es keinen konkreten Zeitplan in Bezug auf eine neue Konzeption des Notdienstes im Bereich der KVNO. 4. Hat die Landesregierung Kenntnis darüber, welche Kriterien von der KVNO für die Entscheidung der Standortwahl, insbesondere etwaiger Standortschließungen, definiert wurden und entsprechen diese auch der Ansicht der Landesregierung? 5. Bis zu welcher maximalen Entfernung zu einer Notfallpraxis hält die Landesregierung die Gesundheitsversorgung für noch aus-reichend sichergestellt und die Bewältigung dieser Distanz für Bürgerinnen und Bürger für noch zumutbar? Die Antworten zu den Fragen 4 und 5 werden wegen der engen thematischen Verknüpfung zusammengefasst. Auch ohne eine explizite gesetzliche Vorgabe orientiert sich die KVNO bei Strukturentscheidungen im Notdienst (z.B. Standorte von Notdienst-praxen, Kapazitäten im Fahrdienst) maßgeblich am Kriterium der Erreichbarkeit. So waren etwa 2015 der Entscheidung für das damalige Konzept eingehende Analysen von Wegstrecken und -zeiten durch Geoinformationssysteme vorausgegangen. Im Rahmen dieses Konzepts wäre eine Erreichbarkeit der nächstgele-genen Notdienstpraxis innerhalb von 20 Minuten durch über 96 % der Wohnbevölkerung in der KV-Region Nordrhein möglich gewesen (bzw. innerhalb von 25 Minuten durch ca. 99 %) – jeweils normale Straßenund Verkehrsverhältnisse vorausgesetzt. Das Kriterium der Erreichbarkeit wird nach Angabe der KVNO auch in einem noch zu beschließenden künftigen Strukturkonzept besonders zu beachten sein – neben weiteren Faktoren wie etwa der Verfügbarkeit personeller (vertragsärztlicher) Ressourcen oder den Standorten geeigneter Kooperationskliniken im Rahmen eines möglichen Portalpraxen-Modells.