LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1424 11.12.2017 Datum des Originals: 08.12.2017/Ausgegeben: 14.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 557 vom 21. November 2017 des Abgeordneten Dietmar Bell SPD Drucksache 17/1298 Ministerin Pfeiffer-Poensgen drückt sich vor klaren Antworten – „Bürokratiemonster Rahmenvorgabe“: Realität oder ideologische Schimäre? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In ihrer Antwort vom 20.11.2017 auf meine kleine Anfrage „Bürokratiemonster Rahmenvorgaben – Welche Entfesselungseffekte erwartet die Landesregierung“ (DS 17/895 vom 11.10.2017) sind die Landesregierung und Frau Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen mir konkrete Antworten auf meine konkreten Fragen weitgehend schuldig geblieben. Ich hatte nicht nach politischen Meinungen zur grundsätzlichen Sinnhaftigkeit von Rahmenvorgaben gefragt und auch nicht nach Motivlagen aus welchen Gründen die Landesregierung diese wieder abzuschaffen gedenkt, sondern danach, welche Rahmenvorgaben im Einzelnen aus Sicht der Landesregierung empirisch nachvollziehbar überbürokratisch und nicht notwendig sind und welche sie in Zukunft deshalb wieder abschaffen will. Und nicht zuletzt habe ich gefragt, welche tatsächlich objektiv messbaren ‚Entfesselungseffekte‘ im Hochschulalltag durch eine Abschaffung der Rahmenvorgaben erwartet werden. Da ich kein ernsthaftes Bemühen erkennen kann, mir meine Fragen hinreichend zu beantworten , sehe ich mich veranlasst, diese nochmals zu stellen und um konkrete Beantwortung zu bitten. Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 557 mit Schreiben vom 8. Dezember 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Kleine Anfrage lässt erkennen, dass mit ihr der regulatorische Kontext des derzeit geltenden Hochschulgesetzes verkannt wird, in den sich das Instrument der Rahmenvorgabe einbettet . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1424 2 Bis zum Erlass des Hochschulfreiheitsgesetzes haben die Hochschulen die ihnen obliegenden Aufgaben als Selbstverwaltungsangelegenheiten wahrgenommen, soweit sie ihnen nicht als staatliche Angelegenheiten zugewiesen waren. Als staatliche Angelegenheiten zugewiesen waren u. a. die Personalverwaltung, die Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten sowie die Krankenversorgung. Mit dem Hochschulfreiheitsgesetz wurde geregelt, dass die Hochschulen nunmehr alle ihnen obliegenden Aufgaben als Selbstverwaltungsangelegenheiten wahrnehmen. In dieser Aussage lag einer der Kernbausteine der Verselbstständigung der Universitäten und Fachhochschulen . Das Hochschulzukunftsgesetz hat mit dieser Kernaussage gebrochen. Die Verselbstständigung der Hochschulen ist insofern zurückgenommen worden. Denn im Hochschulgesetz werden seitdem eigene, gesetzlich zugewiesene und gemeinsame Aufgaben unterschieden. Gesetzlich zugewiesene Aufgaben der Hochschule sind die Personalverwaltung, die Haushaltsund Wirtschaftsangelegenheiten, das Gebühren-, Kassen- und Rechnungswesen sowie die Aufgaben der Berufsbildung nach dem Berufsbildungsgesetz. Gemeinsame Aufgabe ist die Entwicklungsplanung des Hochschulwesens. Eigene Aufgaben sind die sonstigen Aufgaben der Hochschule. Mit diesem Konzept wurden der Selbstverwaltungsgedanke und damit die Autonomie der Hochschule also eingeschränkt. Zusammen mit dieser Umstellung der Aufgabennatur der Hochschule, die durch das Hochschulzukunftsgesetz vorgenommen worden ist, kommt mithin in dem Instrument der Rahmenvorgabe ein anderes Verständnis des Verhältnisses zwischen Land und Hochschulen zum Ausdruck. Es geht nunmehr um ein Konzept offensichtlicher Zurückdrängung des Selbstverwaltungsgedankens . 1. Sind die Rahmenvorgaben im Bereich des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. April 2015, 8. Dezember 2015 und 17. Oktober 2016, überbürokratisch und inhaltlich nicht notwendig ? Es handelt sich um Inhalte betreffend die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben an den der Universität Köln und der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg überlassenen Liegenschaften des Landes, um Inhalte betreffend den seitens des Landesrechnungshofes vorgeschlagenen Liquiditätsverbund und um Inhalte im Bereich der Verwaltungsvollstreckung. Diese Regelungsinhalte hätten unter der Geltung des Hochschulfreiheitsgesetzes als Verwaltungsvorschriften erlassen werden können. Sie sind weiterhin notwendig. 2. Wenn die Landesregierung Frage 1 bejaht, wie begründet sie dies inhaltlich? Siehe die Antwort zu Frage 1. 3. Welche Rahmenvorgaben wird die Landesregierung zurücknehmen? Die Landesregierung wird alle bestehenden Rahmenvorgaben als solche zurücknehmen. Der Erlass als Verwaltungsvorschriften bleibt hiervon unberührt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1424 3 4. Wenn Rahmenvorgaben zurückgenommen werden: Welche konkreten „Entfesselungseffekte “ erwartet die Landesregierung? Mit der geplanten Abschaffung des Instruments der Rahmenvorgaben wird es unumgänglich, dass zugleich die gesetzlich zugewiesenen Aufgaben abgeschafft werden und zu dem Grundsatz zurückgekehrt wird, dass die Hochschulen alle ihnen obliegenden Aufgaben als Selbstverwaltungsangelegenheiten wahrnehmen. Dieses andere Verständnis des Verhältnisses von Staat und Hochschule ist geeignet, den enormen Entfaltungsschub der Hochschulen, der ihrer Verselbstständigung im Jahr 2007 folgte, erneut voranzutreiben. 5. Liegen der Landesregierung Beschwerden der Hochschulen über den bürokratischen Aufwand der benannten Rahmenvorgaben vor? Bitte Hochschule und Datum nennen, sowie den Schriftverkehr beifügen. Die gesetzliche Einführung des Instruments der Rahmenvorgaben wurde von den Hochschulen außerordentlich scharf kritisiert. In der gemeinsamen Stellungnahme der Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen und der Arbeitsgemeinschaft der Kanzlerinnen und Kanzler der Fachhochschulen in NRW zum Entwurf des Hochschulzukunftsgesetzes aus dem Jahr 2014 heißt es plastisch: „Letztlich untergräbt das vom MIWF konstruierte Instrument die Verlässlichkeit der rechtlichen, kapazitären und ressourcenmäßigen Rahmenbedingungen, in denen sich die Hochschulen bewegen, und gefährdet damit substantiell ihre Steuerungs- und Planungsfähigkeit. Genau diese Steuerungs- und Planungsfähigkeit hat es aber in den letzten Jahren ermöglicht, die bestehenden Herausforderungen zu meistern. (…) Über die Schaffung eines völlig neuen Rechtsinstruments in Form von Rahmenvorgaben versucht das Ministerium, sich massive Eingriffsmöglichkeiten in die operative Hochschultätigkeit zu sichern.“ Ähnlich lehnt die Landesrektorenkonferenz der Universitäten das neue Instrument der Rahmenvorgabe klar ab, da durch diese „eine unverhältnismäßige Ausweitung der Befugnisse der Ministerialbürokratie“ erfolge. Wie schon in der Antwort zu der Kleinen Anfrage 388 (LT-Drs. 17/1229) ausgeführt worden ist, wird allein schon durch das Bestehen der Befugnis zum Erlass von Rahmenvorgaben das Verhältnis zwischen Land und Hochschulen zu einem Verhältnis der Subordination und ein partnerschaftliches Gespräch strukturell verhindert. Das Hochschulzukunftsgesetz setzt damit auf ein bürokratisches und zentralistisches Konzept staatlicher Bevormundung, das von den Hochschulen abgelehnt wird.