LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1427 11.12.2017 Datum des Originals: 11.12.2017/Ausgegeben: 14.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 485 vom 2. November 2017 des Abgeordneten Matthi Bolte-Richter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1075 Rechenzentren als wichtiger Baustein der digitalen Infrastruktur Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Verbunden mit der unaufhaltsam voranschreitenden Digitalisierung von Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft wächst der Datenverkehr exponentiell an. Cisco prognostiziert für Ende 2019 weltweit ein jährliches IP-Datenaufkommen von 10,4 Zettabyte (ZB) bzw. 863 Exabyte (EB) pro Monat. Im Vergleich dazu betrug das jährliche IP-Datenaufkommen im Jahr 2014 noch 3,4 Zettabyte bzw. 287 Exabyte pro Monat. In diesem Kontext des steigenden Datenverkehrs werden Rechenzentren zu einem zentralen Baustein der digitalen Infrastruktur - sie werden zu logistischen Drehscheiben unserer Zeit. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 485 mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister des Innern, der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft , Natur- und Verbraucherschutz und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet . Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung muss sich in ihrer Antwort auf Aussagen zu ihrem unmittelbaren Verantwortungsbereich und damit zu den landeseigenen Rechenzentren beschränken. Die erbetenen Informationen zu kommunalen Rechenzentren liegen der Landesregierung nicht vor. Hier bedürfte es einer umfangreichen Abfrage bei allen Gemeinden, Städten und Kreisen in Nordrhein -Westfalen - mit einem im zeitlichen Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht leistbaren Aufwand. Gleiches gilt für kommerzielle Rechenzentren. Auch hier liegen der Landesregierung die erbetenen Informationen nicht vor und können – unabhängig von der Frage, ob die Betreiber kommerzieller Rechenzentren zu entsprechenden Auskünften bereit wären - im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht beschafft werden. Die Lan- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1427 2 desregierung weiß aber aus ihren regelmäßigen Gesprächen mit Kommunen und der Wirtschaft , dass sich auch die Betreiber kommunaler und kommerzieller Rechenzentren den Herausforderungen eines rasant steigenden Datenaufkommens sehr wohl bewusst sind. 1. Wie viele Rechenzentren gibt es in NRW (bitte aufgeschlüsselt nach kommunalen, landeseigenen und kommerziellen Betreibern sowie den technischen Daten wie Baujahr, Leistung, Energieverbrauch, etc.)? Die zu berücksichtigenden, landeseigenen Rechenzentren ergeben sich aus §24 EGovG: (1) der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), (2) das Rechenzentrum der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen für Aufgaben der Steuerverwaltung (RZF), (3) das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste für polizeitechnische Aufgaben (LZPD) und (4) das Fachrechenzentrum des Hochschulbibliothekszentrums des Landes Nordrhein -Westfalen für Aufgaben der wissenschaftlichen Informationsversorgung (hbz). Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz verfügt über kein Fachrechenzentrum mehr, da das Fachrechenzentrum Immissionsschutz vor Jahren aufgelöst wurde. Die Aufgaben sind inzwischen überwiegend bei IT.NRW konzentriert. In der Präambel der Kleinen Anfrage wird eine Studie von Cisco zum IP-Datenaufkommen zitiert, daher wird die Leistung in diesem Sinne angegeben. Die technischen Daten der o.g. Rechenzentren stellen sich wie folgt dar: (1) IT.NRW betreibt drei Standorte, die zwischen 2008 und 2017 erstellt bzw. grundlegend modernisiert wurden. Die Gesamtleistung beträgt in 2017 etwa 7.000 TByte, der Gesamtstromverbrauch lag im Jahr 2016 bei 12.738.882 kWh. (2) Das RZF wurde im Jahr 1975 erstellt, die Gesamtleistung betrug in den vergangenen 12 Monaten 1.625 TByte, der Gesamtstromverbrauch lag im Jahr 2016 bei 7.357.693 kWh. (3) Die Polizei NRW verfügt derzeit über zwei Rechenzentren, die in den Räumlichkeiten von IT.NRW betrieben werden. Die Angaben zu Baujahr und Stromverbrauch sind in den Angaben zu IT.NRW beinhaltet. Darüber hinaus wird innerhalb des LZPD NRW eine Testund Entwicklungsumgebung betrieben. Die Gesamtleistung kann für das Jahr 2017 nicht valide ermittelt werden. (4) Das Fachrechenzentrum des hbz wurde im Jahr 2017 sowohl im Hinblick auf die Räumlichkeiten , als auch im Hinblick auf die Klimatisierung und die Netzanbindung vollständig neu aufgebaut. Die Gesamtleistung beträgt in 2017 ca. 106 TByte, der Gesamtstromverbrauch liegt zurzeit bei 438.000 kWh pro Jahr. 2. Wie hoch schätzt die Landesregierung den Bedarf an Leistungskapazitäten der Rechenzentren in NRW ein (Bitte die Entwicklung des Bedarfs von 2010 bis 2021 abbilden )? In der Präambel der Kleinen Anfrage wird eine Studie von Cisco zum IP-Datenaufkommen zitiert. Daher wird die Leistungskapazität in diesem Sinne als Kapazität der Netzanbindung der Rechenzentren angegeben. (1) Bei IT.NRW lag die Gesamtleistungskapazität in den Jahren 2010 bis 2012 bei 2 GBit/s, in den Jahren 2013 bis 2016 bei 4,5 GBit/s und in 2017 bei 8,5 GBit/s. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1427 3 (2) Die Gesamtleistungskapazität des RZF lag in den Jahren 2010 und 2011 bei 2,1 GBit/s in den Jahren 2012 und 2013 bei 3,2 GBit/s, im Jahr 2014 bei 3,7 GBit/s, in den Jahren 2015 und 2016 bei 4,9 GBit/s und im Jahr 2017 bei 9,2 GBit/s. (3) Die Rechenzentren der Polizei verfügten in den Jahren 2010 bis 2015 über eine Gesamtleistungskapazität von 1,86 GBit/s. Seit dem Jahr 2016 werden eine Reihe von Leitungen parallel betrieben, da sich das Netz der Polizei (CN-Pol) im Umbau befindet. Mit Abschluss des Umbaus werden die Leitungen mit der niedrigen Bitrate gekündigt. Die Gesamtleistungskapazität liegt bei 18,55 GBit/s. (4) Die Gesamtleistungskapazität des Fachrechenzentrums des hbz lag im Jahr 2010 bei 0,1 GBit/s, in den Jahren 2011 bis 2013 bei 0,2 GBit/s und in den Jahren 2014 bis 2017 bei 0,7 GBit/s. (5) Die Landesregierung rechnet mit einem weiteren Anstieg der Gesamtleistungskapazität. Eine Prognose ist im Rahmen der Kleinen Anfrage nicht möglich, da die Zunahme von der technischen Entwicklung der Informationstechnologie abhängig ist. 3. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Cloud-Computing für die Digitalisierung von Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen bei? Die Landesregierung sieht im Cloud Computing eine Zukunftstechnologie, die Potenzial für Effizienzsteigerungen in landeseigenen Rechenzentren bietet. Bei der Nutzung von Cloud Computing ist die Einhaltung von Sicherheit, Datenschutz und Wirtschaftlichkeit wichtig. 4. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Leistungskapazitäten der Rechenzentren dem prognostizierten Bedarf entsprechend auszubauen (aufgeschlüsselt nach Betreibern)? Die Landesregierung schließt für Leistungskapazitäten Verträge mit Kommunikationsanbietern . Die Verträge sind so flexibel gestaltet, dass bei einem erforderlichen Bedarf die Leistungskapazität erhöht werden kann. Die Verträge werden regelmäßig neu ausgeschrieben. 5. Welche Rolle spielen Standards von Green-IT beim Ausbau der Infrastruktur (aufgeschlüsselt nach Modernisierungsvorhaben und geplanten Projekten)? In den Rechenzentren der Landesverwaltung wird durch die Anwendung verschiedener Maßnahmen eine Energieersparnis erreicht. Diese sind beispielsweise das Free Cooling, bei dem natürlichen Kältequellen genutzt werden. Weitere Maßnahmen sind z.B. die Kaltgangeinhausung , geregelte Klimaaggregate mit freier Kühlung, die Nutzung der von Rechnern erzeugten Wärme zur Heizung von Räumen oder die Virtualisierung von Serversystemen zur Reduzierung physischer Anlagen. Bei den Planungen für den Ausbau oder Modernisierung von Rechenzentren werden im Bereich der Gebäudeinfrastruktur (Stromversorgung, Klimatisierung) hohe Anforderungen an die Energieeffizienz der Realisierungskonzepte bzw. an die Umsetzung gestellt. Daher sind Energieverbrauch und -kosten Bestandteil von Ausschreibungen und Auswahlentscheidungen. Weiterhin ist beispielsweise geplant, für ein Rechenzentrum von IT.NRW ab Mitte 2018 eine dem IT-Dienstleister von seinem Vermieter zur Verfügung gestellte Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung für das Rechenzentrum zu nutzen.