LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1461 14.12.2017 Datum des Originals: 14.12.2017/Ausgegeben: 19.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 546 vom 16. November 2017 der Abgeordneten Berivan Aymaz und Josefine Paul BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1255 Umsetzung des Landesgewaltschutzkonzepts für Flüchtlingseinrichtungen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das „Landesgewaltschutzkonzept für Flüchtlingseinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen “ wurde in der vergangenen Legislaturperiode als wichtiger Bestandteil zur Umsetzung der „Eckpunkte zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen in Regeleinrichtungen des Landes NRW“ erarbeitet. Nichtregierungsorganisationen aus dem Bereich der Flüchtlingshilfe, der Frauen- und Mädchenhilfeinfrastruktur, der Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben und Schwule in NRW sowie der Kinder- und Jugendhilfe waren beteiligt. Das Gewaltschutzkonzept dient der Sicherstellung, dass Geflüchtete keiner (weiteren) Gewalt in den Landeseinrichtungen ausgesetzt sind. Frauen und LSBTI*-Personen sind besonders schutzbedürftig, da sie häufig bereits in den Herkunftsländern und/oder auf der Flucht Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller und/oder geschlechtlicher Identität ausgesetzt waren. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 546 mit Schreiben vom 14. Dezember 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung achtet grundsätzlich bei allen Standortplanungen ausdrücklich auf die Belange schutzbedürftiger Personen und hat den präventiven Schutz in den Aufnahmeeinrichtungen kontinuierlich durch Qualitätsstandards, der Sicherheit dienende bauliche Maßnahmen , ortsangepasste Sicherheitskonzepte sowie durch die Sensibilisierung und Schulung aller Beteiligten vor Ort verstärkt. So werden besonders schutzbedürftige Personen bereits im Rahmen des Belegungsmanagements unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten besonders geschützt. Alleinreisende Frauen mit Kindern und LSBTI*-Personen werden grundsätzlich in eigenen Bereichen oder Gebäudeteilen untergebracht. Darüber hinaus hat die Landesregierung in jedem Regierungsbezirk mindestens ein bis zwei Einrichtungen für vulnerable Personen geschaffen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1461 2 Durch das im März 2017 veröffentlichte Landesgewaltschutzkonzept für die Flüchtlingseinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen (LGSK NRW) sollen die Bewohnerinnen und Bewohner sowie das Personal in den Einrichtungen noch besser vor Übergriffen geschützt werden. Das LGSK NRW geht über einzelne isolierte Maßnahmen hinaus, gibt konkrete Leitlinien für die Praxis und beschreibt das Zusammenwirken aus baulichen, organisatorischen und institutionellen sowie sozialpädagogischen und psychologischen Maßnahmen. Des Weiteren soll es die Beschäftigten in den Landeseinrichtungen sensibilisieren und das Problembewusstsein im Hinblick auf das Entstehen von Gewalt und die damit verbundenen Auswirkungen schärfen, ihnen als Unterstützung und Orientierung bei ihrer täglichen Arbeit dienen und ihnen insbesondere im Ernstfall Handlungssicherheit geben. 1. Wie wird das Konzept in den einzelnen Landeseinrichtungen sowohl in den zentralen Unterbringungseinrichtungen als auch in den Erstaufnahmeeinrichtungen konkret umgesetzt (bitte für jede Landeseinrichtung gesondert darstellen)? 2. Das Landesgewaltschutzkonzept sieht bei baulichen Planungen bzw. Veränderungen in den Landeseinrichtungen ein Beleuchtungskonzept, separate Frauenbereiche , abschließbare Schlafräume und Sanitäranlagen und weitere Maßnahmen (S.13ff des LGSK NRW) vor. In wie weit wurden diese Maßnahmen bisher umgesetzt (bitte für jede Landeseinrichtung gesondert darstellen)? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Das LGSK NRW ist verbindlich von den Bezirksregierungen in allen Aufnahmeeinrichtungen des Landes umzusetzen und gilt gleichermaßen für die in den Einrichtungen tätigen Betreuungs - und Sicherheitsdienstleister. Es ist inzwischen fester Bestandteil der nach landesweit durchgeführten Vergabeverfahren für die Betreuungs- und Sicherheitsdienstleistungen in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen und den Erstaufnahmeeinrichtungen in Nordrhein- Westfalen abgeschlossenen Verträge geworden. Die Betreuungs- und Sicherheitsdienstleister sind infolgedessen verpflichtet, das LGSK NRW ebenso zu beachten und entsprechend umzusetzen . Die konkrete Umsetzung des LGSK NRW in den Landeseinrichtungen bedarf einer passgenauen Weiterentwicklung an die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort. Diese Flexibilität ermöglicht es den Einrichtungen, bedarfsgerecht und effizient zu arbeiten. Die Umsetzung des LGSK NRW erfolgt daher sukzessive. Aktuell wird im Rahmen einer Bestandsaufnahme durch die Bezirksregierungen geprüft, wie der jeweilige Schutzgedanke jeder einzelnen Leitlinie vor Ort umgesetzt werden kann. Bis zur vollständigen Umsetzung des LGSK NRW bedarf es jedoch noch eines Übergangszeitraums, da viele Maßnahmen nicht von heute auf morgen umzusetzen sind. Dies gilt insbesondere für bauliche Maßnahmen bzw. Veränderungen an den Bestandsimmobilien , die u.a. einer Ausschreibung bedürfen. Eine einrichtungsspezifische Abfrage und Auswertung hinsichtlich aller bereits umgesetzten bzw. eingeleiteten Maßnahmen ist innerhalb der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1461 3 3. Welcher Art sind die Qualifizierungen der Mitarbeitenden in den Landeseinrichtungen in Bezug auf den Umgang mit von Gewalt betroffenen Personen (bitte für jede Landeseinrichtung gesondert darstellen)? Der jeweilige Betreuungsdienstleister muss sein Personal entsprechend der Leistungsbeschreibung schulen und gemäß dem von ihm erstellten, im Vergabeverfahren vorgelegten und während der Vertragsausführung in Abstimmung mit dem Auftraggeber fortzuschreibenden Schulungs‐ und Fortbildungskonzept unter Beachtung des LGSK NRW fortbilden. Nach der Leistungsbeschreibung 2017 (https://www.mkffi.nrw/verfahren-zur-unterbringungvon -asylbewerbern) wird erwartet, dass das eingesetzte Personal über geschlechter‐ und kultursensible Kompetenzen verfügt. Das in der sozialen Betreuung eingesetzte Personal muss darüber hinaus insbesondere über Kenntnisse und möglichst auch Erfahrungen im Erkennen von geschlechtsspezifischer/ sexualisierter und homophober bzw. transphober Gewalt, häuslicher Gewalt und Kindeswohlgefährdung verfügen und die erfolgreiche Teilnahme an einer Schulung - in interkultureller Kompetenz, - zum Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen sowie - zur Gewaltprävention möglichst einschließlich eines Deeskalationstrainings - nachweisen. Die in der Kinderbetreuung eingesetzten Personen müssen insbesondere über Kenntnisse und möglichst auch Erfahrungen im Bereich des Kinderschutzes verfügen. Die Beschäftigten der Sicherheitsdienste müssen erfolgreich an einer Schulung in deeskalierendem Verhalten bei Gefahrensituationen sowie an einer Schulung in interkultureller Kompetenz , die möglichst Kenntnisse und Sensibilisierungsmaßnahmen für geschlechtsspezifische Verfolgung und für die besondere Situation vulnerabler Gruppen umfasst, teilgenommen haben . Eine einrichtungsspezifische Abfrage und Auswertung hinsichtlich aller bereits umgesetzten bzw. eingeleiteten Maßnahmen ist innerhalb der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Das Landesgewaltschutzkonzept muss in den Aufgaben- und Kontrollkatalog der mobilen Kontrollteams der Bezirksregierungen integriert sein (S. 25 LGSK NRW). In wie weit ist das geschehen (bitte genaue Angaben zur Verfahrensweise und zum Kontrollkatalog)? Eine zur Überwachung der Einhaltung der vertraglich vereinbarten Qualitäts- und Sicherheitsstandards in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen vorgesehene Anpassung der Checklisten 2017 der mobilen Kontrollteams an die sich aus dem Landesgewaltschutzkonzept ergebenden Anforderungen wird in Verbindung mit der erforderlich gewordenen Anpassung an die fortgeschriebene Leistungsbeschreibung 2017 voraussichtlich im ersten Quartal 2018 erfolgen. 5. Wie wirbt die Landesregierung für eine Übertragung des Konzeptes auf kommunale Einrichtungen? Das Landesgewaltschutzkonzept wurde nach der Veröffentlichung den Kommunalen Spitzenverbänden zur Kenntnis übersandt und ihnen als mögliches Modell für Schutzmaßnahmen im eigenen Zuständigkeitsbereich empfohlen.