LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1554 20.12.2017 Datum des Originals: 20.12.2017/Ausgegeben: 27.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 582 vom 17. November 2017 des Abgeordneten Frank Neppe FRAKTIONSLOS Drucksache 17/1366 Ehrenmorde Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der öffentlichen Diskussion ist der Begriff „Ehrenmord“ klar definiert. Nach polizeilicher Definition sind Ehrenmorde: "Tötungsdelikte, die aus vermeintlich kultureller Verpflichtung heraus innerhalb des eigenen Familienverbandes verübt werden, um der Familienehre gerecht zu werden". 1 Bereits im Jahr 2011 führte das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht (MPICC) im Auftrag des Bundesministeriums des Inneren eine Studie zu Ehrenmorden in Deutschland durch. Das Ziel dieser Studie bestand in der Dokumentation aller entsprechenden Fälle in Deutschland auf der Basis von Prozessakten sowie Medienberichten. Im Zeitraum von 1996 bis 2005 wurden 78 Fälle dokumentiert. Dem ehrenamtlich geführten Internetarchiv „Ehrenmord.de“, der bei namhaften Medien anerkannten Expertin U: G: ² ³, ist zu entnehmen, dass es in den letzten Jahren eine besorgniserregende Zunahme solcher Delikte gegeben hat. Um das ganze Ausmaß dieser bedenklichen Entwicklung überschauen zu können und mögliche Gegenmaßnahmen zu entwickeln, ist es unabdingbar, dass diese Taten z. B. in den Statistiken des Landeskriminalamtes gesondert ausgewiesen werden. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 582 mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1554 2 Vorbemerkung der Landesregierung Als Datenbasis für die Beantwortung der Fragen dient die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der PKS erfolgt nach bundeseinheitlich abgestimmten Richtlinien. 1. Werden Ehrenmorde inzwischen statistisch durch eine Behörde erfasst? In der PKS werden entsprechend den bundeseinheitlichen Richtlinien neben weiteren Informationen Angaben zur Straftat und zu der Tatverdächtigen-Opfer-Beziehung abgebildet. Eine Erfassung der Motivation, die zur Begehung der Straftat führte, erfolgt nicht. Deshalb liegen zu sogenannten Ehrenmorden keine kriminalstatistischen Daten vor. 2. Wenn ja, wo werden die erfassten Zahlen veröffentlicht? Siehe meine Antwort zu Frage 1. 3. Wenn nein, ist es geplant eine statistische Erfassung vorzunehmen? Im Rahmen der Gremienbefassung (Kommission PKS) wurde abgestimmt, sogenannte Ehrenmorde in der PKS nicht gesondert auszuweisen. Der Begriff umfasst Tötungsdelikte, die aus vermeintlich kultureller Verpflichtung heraus innerhalb des eigenen Familienverbandes verübt werden, um der Familienehre gerecht zu werden, mit Ausnahme der Delikte, die ausschließlich aus Eifersucht oder im Rahmen der Blutrache begangen wurden. Die so komplex definierten Merkmale des spezifischen Tatmotivs ließen bei Erfassung zur PKS so große Interpretationsräume, dass sich daraus letztlich keine statistischen Daten ableiten ließen, die für wissenschaftliche oder kriminalfachliche Bewertungen hinreichend valide und aussagekräftig wären. 4. Sind andere Kampagnen oder Maßnahmen zum Thema Ehrenmord durch die Landesregierung geplant? Bereits im Jahr 2011 hat das Landeskriminalamt Nordrhein Westfalen das Thema „Ehrenmorde“ mit den Opferschutzbeauftragten der Kreispolizeibehörden aufgegriffen und die kulturellen Hintergründe und die juristische Einordnung solcher Taten dazu vermittelt und erörtert. Die Kreispolizeibehörden thematisieren „Gewalt im Namen der Ehre“ regelmäßig auf verschiedenen Tagungen unter Hinzuziehung von externen Referentinnen und Referenten aus dem islamischen Kulturkreis. Diese Praxis ist für die Prävention, den Opferschutz und die polizeilichen Ermittlungen von besonderer Bedeutung. 5. Sind der Landesregierung die Fälle aus privaten Veröffentlichungen, wie z.B. der Internetpräsenz „Ehrenmord.de“, bekannt und können diese ggf. mit der polizeilichen Kriminalstatistik abgeglichen und entsprechend bestätigt werden? Ein Abgleich ist mangels kriminalstatistischer Daten nicht möglich.