LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1555 20.12.2017 Datum des Originals: 20.12.2017/Ausgegeben: 27.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 555 vom 16. November 2017 des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD Drucksache 17/1296 Die schwarz-gelbe Landesregierung schaut dem Höfesterben tatenlos zu – Warum werden die Landwirte im Stich gelassen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Rückgang landwirtschaftlicher Betriebe ist nach wie vor präsent. Insbesondere durch die Milchpreis-Krise im Jahr 2016 wurde die Situation für kleinere Milchvieh-Betriebe noch einmal verschärft. Neben dem wirtschaftlichen Druck und der Politik des „Wachsen oder Weichen“ ist es für landwirtschaftliche Betriebe häufig schwierig einen Nachfolger zu finden, der den Betrieb übernimmt. So ergab auch die Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage (Drucksache 17/670), dass sich durch den Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen durch die Energiewende auch der Druck auf die Flächennutzung weiterverstärkt hat und so z.B. Landwirte mit einem höheren Pachtpreisniveau zu kämpfen haben. Die Landesregierung nimmt den Landwirten immer mehr die Lebensgrundlage und hat bisher noch nichts gegen das Höfesterben unternommen. In dieser Entwicklung bleibt sowohl die Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche, als auch die Anzahl der gehaltenen Tiere relativ konstant. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass sich die landwirtschaftliche Produktion in immer größeren Betrieben konzentriert. So ist die Fläche in ha je Betrieb von 25,2 ha im Jahr 1991 über 37,6 ha im Jahr 2007 auf 42,8 ha im Jahr 2016 gestiegen – im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Betriebe halbiert. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert im Rahmen des „NRW-Programms Ländlicher Raum“ die Umstellung landwirtschaftlicher Betriebe auf den ökologischen Landbau und die Beibehaltung dieser besonders umweltverträglichen, tiergerechten und verbrauchernahen Bewirtschaftungsweise, wie es auf der Internet-Seite des Landwirtschaftsministeriums heißt.1 1 https://www.umwelt.nrw.de/landwirtschaft/landwirtschaft-und-umwelt/oekologischerlandbau /foerderung-des-oekologischen-landbaus/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1555 2 Damit folgt die schwarz-gelbe Landesregierung der agrarpolitischen Linie der rot-grünen Vorgängerregierung. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 555 mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung gegen das Höfesterben in NRW zu ergreifen? Leitbild für die Agrarpolitik der neuen Landesregierung ist eine vielfältige, leistungs- und wettbewerbsfähige, bäuerlich verankerte Landwirtschaft, die von selbstständigen Familienunternehmen geprägt wird und in der nach bestem Wissen angepasst an den jeweiligen Standort ressourcenschonend, tier- und umweltgerecht gearbeitet wird. Daher tritt die Landesregierung für angemessene Rahmenbedingungen ein, damit sich unsere moderne Landwirtschaft gut und nachhaltig entwickeln kann. Nachhaltig bedeutet für die landwirtschaftliche Entwicklung: wirtschaftlich erfolgreich, umweltverträglich und sozial verantwortlich. Die Landesregierung setzt sich im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik für die Beibehaltung des bewährten Fördersystems aus der ersten und zweiten Säule in der bisherigen Gewichtung ein, um Planungssicherheit für die landwirtschaftlichen Unternehmerinnen und Unternehmer zu ermöglichen. Die erste Säule trägt wesentlich zur Einkommensstabilisierung der landwirtschaftlichen Betriebe bei. Mit öffentlichen Mitteln für landwirtschaftliche Betriebe fördert das Land NRW nicht nur die Bäuerinnen und Bauern, sondern auch den Erhalt unserer Kulturlandschaften, den Schutz der Arten und andere öffentliche Güter. Wir investieren so in die Zukunft der Landwirtschaft. Der Abbau von Bürokratie bei der Gemeinsamen Agrarpolitik ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung. Ziel ist es bei der nationalen Umsetzung strikt auf eine 1:1 Umsetzung zu achten. 2. Was ist die Position der Landesregierung zum Thema „Nationale Nutztierstrategie“? Der großen Bedeutung der Nutztierhaltung für die landwirtschaftlichen Betriebe in Nordrhein- Westfalen steht eine Reihe von Herausforderungen gegenüber. Diskutiert werden die Haltung der Tiere, der Platzbedarf, die Fütterung, der Einsatz von Antibiotika und die Emissionen aus der Tierhaltung. Gleichzeitig sehen sich die Betriebe einem immer schärfer werdenden Preisdruck ausgesetzt und in weiten Teilen unserer Gesellschaft werden die heutigen Bestandsgrößen und Haltungsverfahren hinterfragt. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass es mehr als bisher gelingen muss, die wachsenden Ansprüche der Gesellschaft im Tier- und im Umweltschutz mit den ökonomischen und betriebswirtschaftlichen Bedingungen in Einklang zu bringen. Die landwirtschaftliche Tierhaltung braucht eine ausreichende Akzeptanz bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Landwirtschaft benötigt im Gegenzug aber auch die Möglichkeit, hierfür LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1555 3 einen fairen Preis zu erhalten. Das kann nur in einer abgestimmten Gesamtstrategie gelingen. Die Landesregierung begrüßt es daher sehr, dass der Bund eine Nutztierhaltungsstrategie vorgelegt hat. Sie bietet einen guten Rahmen und eine Richtschnur für alle Akteure, die notwendige Weiterentwicklung der Nutztierhaltung anzugehen. Sie ist ein wichtiger Schritt, die im Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ aufgezeigten Punkte für die Entwicklung der Tierhaltung umzusetzen. Mit der Strategie sollen gleich mehrere Ziele erreicht werden: - Tierwohl in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung weiter zu verbessern, - die Wirkungen auf die Umwelt zu vermindern, - die wirtschaftliche Grundlage für die landwirtschaftlichen Betriebe zu sichern, - die Versorgung der Verbraucherinnen und Verbraucher mit Produkten, die nachhaltig und unter Aspekten des Tierwohls erzeugt wurden Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die Nutztierhaltungsstrategie auch von der neuen Bundesregierung weiter verfolgt wird und sie zur Erarbeitung und Abstimmung von notwendigen weiteren Schritten und konkreten Maßnahmen in den aufgezeigten Handlungsfeldern eine koordinierende Rolle übernimmt. In die Umsetzung dieser Strategie wird sich Nordrhein-Westfalen aktiv einbringen – und im Dialog mit den beteiligten Interessengruppen auch konkrete Maßnahmen für mehr Tierschutz und Tierwohl entwickeln. 3. Welche natürlichen Pestizide, Medikamente und Düngemittel werden in der ökologischen Landwirtschaft eingesetzt? (Bitte Häufigkeit und Einsatzmenge auflisten) In den Durchführungsbestimmungen (Verordnung (EG) Nr. 889/2008) zur EG-Öko- Verordnung Nr. 834/2007 werden im Anhang I die zugelassenen „Düngemittel, Bodenverbesserer und Nährstoffe“ und im Anhang II die zugelassenen Pflanzenschutzmittel im Detail aufgeführt. Der Einsatz dieser Betriebsmittel ist nicht freigestellt, sondern an bestimmte Bedingungen geknüpft und unterliegt den allgemeinen fachrechtlichen Vorschriften. Zur tierärztlichen Behandlung sollen bevorzugt „phytotherapeutische Präparate, Spurenelemente und Erzeugnisse der Anhänge V, 1 und VI, 3“ eingesetzt werden. Chemischsynthetische allopathische Tierarzneimittel und Antibiotika dürfen nur unter bestimmten Auflagen eingesetzt werden; unter bestimmten Bedingungen dürfen die tierischen Erzeugnisse dann nicht mehr als Öko-Erzeugnisse vermarktet werden. Über die Häufigkeit und Einsatzmengen der genannten Betriebsmittel liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 4. Wie bewertet die Landesregierung den Unterschied in der Qualität, vor allen Dingen im Hinblick auf die Nährstoffe, von landwirtschaftlichen Produkten zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft? Der Landesregierung ist es wichtig, dass jeder Landwirt frei entscheiden kann, für welchen Weg der Erzeugung er sich entscheidet. Über Unterschiede in der Produktqualität von landwirtschaftlichen konventionell oder ökologisch erzeugten Produkten liegen der Landesregierung keine Daten vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1555 4 Ökoprodukte sind durch eine in der EG-Öko-Verordnung (und ihren Durchführungsbestimmungen) klar definierte Prozessqualität gekennzeichnet. Diese Prozessqualität beinhaltet in der pflanzlichen Erzeugung beispielsweise vielseitige Fruchtfolgen, organische Düngung, vorbeugender Pflanzenschutz, in der tierischen Erzeugung Auslauf, Weidegang, Mindeststallflächen, Ökofutter und vorbeugende Gesunderhaltung. 5. Um wie viele Nutztiere würde der Betriebsbestand abnehmen, wenn die gesamte Landwirtschaft in NRW auf ökologische Tierhaltung bei konstanter Flächennutzung umsteigen würde? (Bitte nach Nutztierart aufschlüsseln) Zu dieser Frage liegen der Landesregierung keine Daten für NRW vor. In einer vergleichenden Buchführungsauswertung (auf Bundesebene) des Thünen Institutes finden sich folgende Angaben zum Viehbesatz in Ökobetrieben und in vergleichbaren konventionellen Betrieben. Viehbesatz Öko- und vergleichbare konventionelle Betriebe (Wirtschaftsjahr 2013/14) Viehbesatz Einheit Ökobetriebe Vergleichbare konventionelle Betriebe1 Anzahl ausgewertete Betriebe 403 2.092 Viehbesatz gesamt VE2/100 ha LF 58,0 72,5 Rinder VE/100 ha LF 50,7 54,6 Schweine VE/100 ha LF 3,2 14,7 Geflügel VE/100 ha LF 2,5 1,0 Viehbesatzdichte (Rinder, Schafe, Ziegen) GV3/ha Futterfläche 0,8 1,1 1 „Vergleichbare konventionelle Betriebe“ = ähnliche Standortbedingungen und Faktorausstattungen wie die Ökobetriebe. 2 VE = Vieheinheit 3 GV = Großvieheinheit