LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1567 21.12.2017 Datum des Originals: 21.12.2017/Ausgegeben: 28.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 575 vom 20. November 2017 des Abgeordneten Alexander Langguth FRAKTIONSLOS Drucksache 17/1336 Schließung des Theodor-Reuter-Berufskolleg in Iserlohn langfristig geplant? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am vergangenen Donnerstag tagte in Iserlohn letztmalig in diesem Jahr der Schulausschuss der Stadt. In dieser Sitzung wurden die Mitglieder des Ausschusses durch die Verwaltung darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Theodor-Reuter-Berufskolleg in der am Karnacksweg nach über 100 Jahren seines erfolgreichen Bestehens nun geschlossen werden soll. Für die Schüler dieser Bildungseinrichtung und große Teile der Iserlohner Bevölkerung ist die Schließung vollkommen unverständlich, da z.B. auch Quereinsteiger oder Menschen mit verminderten Deutschkenntnissen dort nicht nur die Fachoberschulreife erlangen, sondern zugleich eine Berufsausbildung durchlaufen konnten. Der ‚Iserlohner Kreisanzeiger‘ schreibt in seiner Ausgabe vom 09. November dazu: „Eine durch das Bundeswirtschaftsministerium gewährte sogenannte „Gleichstellungsverordnung“ sorgt dafür, dass die Berufsabschlüsse am Reuter-Kolleg, das auch mit eigenen Prüfungsausschüssen arbeitet, gleichwertig sind mit den Berufsabschlüssen, die vor den Prüfungsausschüssen der Industrie- und Handelskammern erlangt werden. In regelmäßigen Abständen, so unsere Informationen, lässt das Bundeswirtschaftsministerium durch das Bundes-Institut für Berufsbildung (BIBB) prüfen, ob ein Kolleg noch die Voraussetzung für die Gleichstellung der Berufsabschlüsse erfüllt. Im September 2016 fand wohl eine solche Überprüfung im Iserlohner TRBK statt. Ergebnis war nach unseren Informationen, dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Gleichstellungsverordnung nicht ausreichen würden. Moniert worden sein sollen eine mangelnde Kooperation mit Betrieben, Abweichen beim Fachunterricht von der Ausbildungsverordnung sowie Mängel bei der Verzahnung von Theorie und Praxis. Durch den zuständigen Dezernenten der Bezirksregierung Arnsberg sei das Reuter-Kolleg dann aufgefordert worden, im Rahmen der didaktischen Jahresplanung das Konzept LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1567 2 nachzubessern. Daran soll dann – unterstützt von externen Moderatoren – gearbeitet worden sein. Die Ergebnisse, so war gestern zu hören, seien dann den zuständigen Stellen vorgelegt worden. Ergebnis: Das Konzept sei besser geworden, aber immer noch nicht frei von Mängeln.“ Ein persönliches Gespräch, bei dem unter anderem der kommissarische Schulressortleiter anwesend war, hat nach dessen Aussage in der Folge lediglich noch die Erkenntnis gebracht, dass dieser Entschluss unumstößlich feststeht. Sämtliche hervorgebrachten Einwände der Iserlohner Schulverwaltung konnten an diesem Entschluss nicht mehr rütteln. Wie den Ausführungen im Schulausschusses zu entnehmen war, stand die Schließung dieser Schule bereits seit 2016 fest und wurde sodann (siehe Bericht IKZ vom 09.11.2017) Ostern 2017 zur Gewissheit, indem der Entschluss mitgeteilt wurde. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 575 mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Das Theodor-Reuter-Berufskolleg Iserlohn ist eines von zwei staatlichen Berufskollegs, deren Träger das Land Nordrhein-Westfalen ist. Das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Schreiben vom 20.06.2016 für das Theodor-Reuter-Berufskolleg in Iserlohn beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Verlängerung der Gleichstellung von Prüfungszeugnissen mit den Zeugnissen über das Bestehen der Abschluss-/ Gesellenprüfung nach § 50 Abs. 1 BBiG und § 40 Abs. 1 HwO für folgende Ausbildungsberufe beantragt: Elektroniker/in für Betriebstechnik, Mechatroniker/in Informations- und Telekommunikationssystem (IT-System)-Elektroniker/in, Industriemechaniker/in. Voraussetzung für die Verlängerung der Gleichstellung ist eine Prüfung der Gleichwertigkeit durch das Bundesinstitut für Berufsbildung auf der Grundlage der in der Empfehlung des Bundesausschusses für Berufsbildung vom 20.01.1976 dargelegten Kriterien. Danach werden Prüfungszeugnisse von Berufsfachschulen mit den Zeugnissen über das Bestehen der Abschluss- oder Gesellenprüfungen in Ausbildungsberufen gleichgestellt, wenn 1. die Vermittlung der in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Fertigkeiten und Kenntnisse sichergestellt wird; 2. die gleichen zum Erwerb der Berufsqualifikation notwendigen Lernziele und Lerninhalte für die Ausbildungsberufe vermittelt werden, für die gleichgestellt werden soll; 3. der Anteil der fachbezogenen (fachpraktisch/fachtheoretisch) Ausbildung durch einen Mindestzeitanteil von 26 Wochenstunden gewährleistet ist; 4. die Prüfungszulassung nach Kriterien erfolgt, die denen bei den Abschlussprüfungen oder Gesellenprüfungen der zuständigen Stellen entsprechen; 5. die Durchführung von Lernfortschrittskontrollen (Zwischenprüfungen) gewährleistet ist; 6. die Prüfungsanforderungen und das Prüfungsverfahren den Prüfungsanforderungen und dem Prüfungsverfahren der Abschluss- oder Gesellenprüfung gleichwertig sind; LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1567 3 7. bei Änderungen von Lerninhalten und Lernzielen, von Prüfungsanforderungen und Prüfungsverfahren diese von den Schulen berücksichtigt werden, deren Zeugnisse gleichgestellt sind. Mit Schreiben vom 07.04.2017 wurde die Verlängerung der Gleichstellung durch das Bundeswirtschaftsministerium endgültig abgelehnt. Die Entscheidung wurde den Lehrkräften des Theodor-Reuter Berufskollegs durch die Bezirksregierung Arnsberg mitgeteilt. 1. Wie lauteten die von den Beteiligten in der gesetzlichen Frist beseitigten bzw. nicht beseitigten Mängel im Theodor-Reuter-Kolleg exakt? (Bitte alle durch das Bundeswirtschaftsministerium angeführten Mängel benennen.) Bei zwei der vier Berufe wurden Mängel zu den Kriterien 1 und 2 festgestellt. Darüber hinaus wurden bei allen vier Berufen Mängel zu den Kriterien 4 und 6 festgestellt. 2. Wurde das Theodor-Reuter-Berufskolleg dergestalt aktiv in der Beseitigung der Mängel unterstützt, dass den Beteiligten aktive Hilfe der Landesregierung zu Teil wurde? Ja, durch die Obere Schulaufsicht und im Rahmen von Coaching-Maßnahmen zur Didaktischen Jahresplanung eines anderen Berufskollegs. 3. Hatten die Beteiligten dieses Prozesses (Schulträger, Lehrer, etc.) nach Einschätzung der Landesregierung eine tatsächlich realistische Möglichkeit, diese Mängel abzustellen und diese für Iserlohn wichtige Schule so zu retten? Vor dem Hintergrund der jahrelangen Erfahrung der Schule mit dieser Form der Ausbildung war der zeitliche Umfang von drei Monaten ausreichend. 4. Im öffentlichen Teil der Sitzung des Schulausschusses wurde von einem Anwesenden die Vermutung geäußert, dass die Prüfungsverordnung der Schule mit den Interessen der Handwerkskammern kollidierte, da Abschlussprüfungen, wie im IKZ-Bericht beschrieben, im Theodor-Reuter-Berufskolleg nicht vor der jeweiligen Handwerkskammern abgelegt werden müssen. Hat die Landesregierung über diese geäußerte Vermutung Erkenntnisse und wie schätzt die Landesregierung diese Vermutung ein? Die vom Theodor-Reuter-Berufskolleg vorgelegte Prüfungsordnung war genau in diesem Punkt mangelhaft, da sie eine Beteiligung der Kammern (Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern) nicht vorsah. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1567 4 5. Wie bereits oben erwähnt wurde die Schließung der Schule spätestens um Ostern 2017 besiegelt. Warum sind offensichtlich sowohl die Stadt Iserlohn als auch bzw. vor allem die Schüler und Eltern als direkt Betroffene erst vor kurzem darüber in Kenntnis gesetzt worden? Eine Auflösung der Schule war zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen. Damals wurde noch geprüft, ob eine vollschulische Ausbildung nach der Berufskolleganrechnungs- und - zulassungsverordnung (BKAZVO) erfolgen könne. Diese unterscheidet sich von der nicht verlängerten Maßnahme lediglich dadurch, dass die Berufsabschlussprüfung nicht durch die Schule, sondern von den jeweiligen Kammern abgenommen wird. Eine Gleichstellungsverordnung seitens des Bundeswirtschaftsministeriums wäre hierfür nicht erforderlich. Voraussetzung für die Einrichtung der Bildungsgänge nach der BKAZVO ist ein regionaler Konsens über den Bedarf zur Einrichtung des dualen Bildungsganges zwischen Arbeitsagentur, Schulträger, Kammern und Schule. Dieser konnte nicht hergestellt werden.