LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1577 22.12.2017 Datum des Originals: 21.12.2017/Ausgegeben: 29.12.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 583 vom 24. November 2017 des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD Drucksache 17/1367 Tuberkulose – Die Auswirkungen durch Asylkrise und Zuwanderung aus Osteuropa Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Tuberkulose gilt mit 1,7 Millionen Toten allein im Jahr 2016 als eine der schwersten bakteriellen Infektionskrankheit der Welt. Fachleute bezeichnen die Infektion als «Armutskrankheit», weil sie vor allem in strukturschwachen Regionen in Afrika, Osteuropa und Zentralasien verbreitet ist. Zwei Drittel der Neuinfektionen wurden in Indien, Indonesien, China, Pakistan, Nigeria, Südafrika und auf den Philippinen registriert.1 Tuberkulose lässt sich heute sehr gut mit den verschiedensten Antibiotikapräparaten behandeln, jedoch beobachtet man eine zunehmende Resistenzentwicklung der Erreger gegen die normalerweise erfolgreiche Antibiotikatherapie. Die Mehrzahl (80%) der 2013 an die WHO gemeldeten multiresistenten Tuberkulose-Fälle (MDR-TB) stammten aus der WHO-Region Europa, außerdem aus Indien und Südafrika. Globalisierung und zunehmende Migrationsbewegungen aus Ländern mit hohem Tuberkulosevorkommen und hohen Resistenzraten wirken sich auch auf die Tuberkulosesituation in Deutschland aus. Der relative Anteil an Tuberkulosen bei im Ausland geborenen Mitbürgern ist weiterhin im Ansteigen begriffen (2013: über 56%). Dabei ist unter den in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (GUS) geborenen Patienten der Anteil an multiresistenter Tuberkulose mit Abstand am höchsten (18,2 % vs. 0,7 % bei in Deutschland geborenen Patienten).2 Bislang werden in Deutschland aktuell sechs gemeldete Tuberkulosefälle, davon fünf in Baden-Württemberg und einem Fall in Rheinland-Pfalz, diesem molekularen Cluster zugeordnet. Bei weiteren drei Fällen in Bayern und einem in Sachsen gemeldeten Fall fand LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1577 2 sich dasselbe Resistenzprofil. Weitere Untersuchungen auf genetische Verwandtschaft werden derzeit durchgeführt. Bisherige epidemiologische Informationen der zuständigen Behörden zu Migrationsrouten, Einreise- und Diagnosedatum weisen darauf hin, dass die Tuberkuloseinfektion wahrscheinlich im Herkunftsland oder auf den Fluchtrouten erworben wurde.3 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 583 mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie hoch ist die Prävalenz von TBC seit 2015 in NRW? Bitte aufgeschlüsselt nach Herkunft der Personen. Auf Landesebene kann für Nordrhein-Westfalen die Zahl der gemäß Infektionsschutzgesetz gemeldeten Neuerkrankungen an behandlungs-bedürftiger Tuberkulose und daraus berechnet die sog. Meldeinzidenz (gemeldete Tuberkulose-Neudiagnosen pro 100.000 Einwohner) angegeben werden: Meldejahr Anzahl Tbc- Fälle Fälle mit deutscher Staatsbürgerschaft Fälle mit ausländischer Staatsbürgerschaft Fälle in Deutschland geboren Fälle nicht in Deutschland geboren 2015 1.248 492 746 412 830 2016 1.317 482 820 402 904 2017 (bis 5. Dez.) 1.091 375 654 320 721 Meldungen behandlungsbedürftiger Tuberkulose-Neuerkrankungen aus Nordrhein-Westfalen mit erfüllter Referenzdefinition, Datenabfrage in der Datenhaltung des Robert Koch-Instituts (Stand 5. Dezember 2017). 2. Wie viele Neuerkrankungen wurden seit 2015 pro Monat erfasst? Jahr Jan Feb März April Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez 2015 87 100 116 99 91 89 97 98 106 132 122 117 2016 113 94 129 116 108 107 124 134 113 76 100 103 2017 90 105 114 104 108 131 90 103 89 73 81 21 2015 wurden im Mittel 104 Neuerkrankungen pro Monat aus Nordrhein-Westfalen gemeldet, 2016 insgesamt 110 und bis November 2017 ins-gesamt 98 Fälle (jeweils Referenzdefinition erfüllt). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1577 3 3. Welche Kosten für Therapie, Versorgung und Nachsorge von an TBC erkrankten, zugewanderten Personen mussten bisher aufgebracht werden? 4. Wie hoch sind allein die Dolmetscherkosten, mit denen die Kliniken in Vorleistung zu gehen hatten/haben? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung liegen derartige Zahlen nicht vor, da sie weder am ambulanten noch am stationären Abrechnungswesen beteiligt ist. 5. Wie ist der Stand zu MDR-TB Fällen in NRW heute? Meldejahr Gemeldete Fälle mit MDR- Tuberkulose Davon XDR- Tuberkulose 2015 23 1 2016 21 2 2017 (bis 5. Dez.) 17 3 MDR- und XDR-Tuberkulosen in NRW: Daten des Robert Koch-Instituts, Fälle mit erfüllter Referenzdefinition (Stand 5. Dezember 2017). MDR-Tuberkulosen sind durch multiresistente M. tuberculosis verur-sacht, bei der eine gleichzeitige Resistenz mindestens gegenüber den beiden wichtigsten Erstrangmedikamenten INH und RMP vorliegt. Die Zahlen dazu waren in den letzten drei Jahren in Nordrhein- Westfalen leicht rückläufig. XDR-TB-Fälle sind weiterhin selten. Hierbei handelt es sich gemäß WHO-Definition um eine MDR-TB, bei der zusätzlich eine Resistenz gegenüber einem der Fluorochinolone und mindestens gegenüber einem der injizierbaren Tuberkulose-Medikamente (Amika-cin, Capreomycin, Kanamycin) vorliegt.