LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1605 27.12.2017 Datum des Originals: 22.12.2017/Ausgegeben: 02.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 527 vom 14. November 2017 des Abgeordneten Matthi Bolte-Richter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1218 Was – außer „Populismus“ – steht auf dem „Datenpreisschild“? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut Berichterstattung der „Rheinischen Post“ vom 8. November 2017 beabsichtigt Justizminister Biesenbach eine Bundesratsinitiative für die Einführung eines von ihm so bezeichneten „Datenpreisschilds“ bei Smartphone-Apps. Dieses soll vergleichbar sein mit Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln und genauso plakativ wie ein Preisschild auf herkömmlichen Verkaufswaren ausgewiesen werden. Der Minister will dabei die Anbieter von Apps zu einem Daten-Button verpflichten, der an zentraler Stelle und schon vor dem Vertragsabschluss in übersichtlicher und verständlicher Form über sämtliche Daten informiere, die die jeweilige App bei dem Nutzer einsammle. Dieser Plan und die in der Berichterstattung aufgeführten Beispiele irritieren insofern, als die genannten Themen durch die Europäische Datenschutzreform, die im Mai 2018 in Kraft treten wird, weitgehend gelöst werden. Unter anderem dürfen Apps unter den Bedingungen der Reform nur noch solche Daten abfragen, die für die Erbringung des Dienstes erforderlich sind. Ebenso werden die durch den Minister und die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in der genannten Berichterstattung erwähnten Transparenzverpflichtungen durch die Reform deutlich verbessert. Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 527 mit Schreiben vom 22. Dezember 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten, dem Minister des Innern, dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1605 2 1. Welche konkreten Angaben sollen nach den Vorstellungen des Justizministers auf dem „Datenpreisschild“ stehen? Die Länderarbeitsgruppe „Digitaler Neustart“ hat sich unter Federführung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrem Bericht vom 15. Mai 2017 (www.digitalerneustart .de) unter anderem mit dem Themenbereich des „Bezahlens mit Daten“ am Beispiel sozialer Netzwerke befasst und geprüft, ob hinsichtlich der Generierung von Erträgen über die Monetarisierung von persönlichen und sonstigen Daten bzw. Inhalten bei an sich „kostenlosen“ sozialen Netzwerken ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Ausgehend von dem Ergebnis, dass die datenschutzrechtliche Einwilligung des Nutzers in die kommerzielle Verwertung seiner Daten eine (synallagmatische) Gegenleistung des Nutzers ist, diese jedoch in der Regel - lediglich - in den formularmäßigen „Nutzungsbedingungen“ bzw. „Datenrichtlinien“ geregelt ist, ist es sinnvoll und sachgerecht, dem Nutzer deutlicher als bisher transparent zu machen, dass und womit er sich vertraglich zu einer Gegenleistung verpflichtet . Vergleichbar mit dem bereits in § 312j Absatz 3 BGB für den elektronischen Geschäftsverkehr geregelten „Button“, mit dem der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigen muss, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet, sollte durch eine Ergänzung von § 312j Absatz 3 BGB eine entsprechende „Button-Lösung“ auch für das „Bezahlen mit Daten“ geschaffen werden. Die vorgeschlagene Regelung betrifft weder die datenschutzrechtliche Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten (Art. 6 EU-DSGVO) noch die datenschutzrechtlichen Bedingungen für eine wirksame Einwilligung (Art. 7 EU-DSGVO), sondern die rein zivilrechtliche Frage, wie eine datenschutzrechtliche Einwilligung (datenschuldrechtlich) zum Bestandteil des (synallagmatischen) Vertrages gemacht werden kann. Die angedachte Regelung wurde zwar im Rahmen der Befassung mit sozialen Netzwerken entwickelt, ist aber darauf nicht zu beschränken. Vielmehr sollte sie auch bei sonstigen Angeboten von Online-Diensten oder Apps, bei denen - auch - mit Daten „bezahlt“ wird, Anwendung finden. 2. Warum fordert Justizminister Biesenbach eine Maßnahme, die durch die Vorgaben der Europäischen Datenschutzreform weitgehend obsolet werden? 3. Welche datenschutzrechtlichen Regelungsbereiche will der Minister abdecken, die nicht durch bereits bzw. ab Mai 2018 geltendes Recht geregelt werden? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Einschätzung des Branchenverbands Bitkom , dass die gesetzlichen Vorgaben insbesondere nach Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzreform ausreichend seien? 5. Warum engagiert sich Justizminister Biesenbach nicht eher im Bereich des effektiven Datenschutzes von Kindern und Jugendlichen, der im Gegensatz zum Bundesdatenschutzgesetz in der Datenschutzgrundverordnung eine wichtige Rolle spielt? Die Fragen 2. - 5. werden gemeinsam beantwortet: Wie bereits unter 1. erläutert, handelt es sich bei der vorgeschlagenen Regelung nicht um datenschutzrechtliche Belange, sondern vielmehr um die Regelung eines Datenschuldrechts.