LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1611 03.01.2018 Datum des Originals: 02.01.2018/Ausgegeben: 08.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 534 vom 7. November 2017 des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD Drucksache 17/1236 Land-Grabbing in Nordrhein-Westfalen – wird landwirtschaftliche Nutzfläche zum Spekulationsobjekt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Begriff "Landgrabbing" steht für die massenhafte Landübernahme von mächtigen Konzernen, Staaten oder Investoren. Der Ankauf von Land ist in der Regel legal, jedoch treibt er durch die immense Gesamtgröße der betroffenen Fläche die Pacht- und Kaufpreise drastisch in die Höhe. Viele Bäuerinnen und Bauern können sich so die Pacht von Land zur Bewirtschaftung nicht mehr leisten und werden zur Aufgabe gezwungen. Auch Jungbäuerinnen und Jungbauern ist ein Einstieg in die Landwirtschaft und das Gründen eines eigenen Hofes aufgrund der hohen Landpreise oft unmöglich. Eine Ursache ist der Boom der Biokraftstoffe: Bisher genutzte Anbauflächen sind nicht groß genug für den Anbau von Lebensmitteln und Biokraftstoffen gemeinsam. Potentielles großflächiges Ackerland für Biokraftstoffe steigt an Wert, was neue Interessenten wie große Unternehmen und Investoren auf den Plan ruft. Eine zweite Ursache ist die aus der Finanzkreise resultierende Suche vieler Spekulanten nach einer neuen, abgekoppelten Investitionsmöglichkeit. Daher kommen doppelt so viele Investoren aus dem Finanzsektor wie aus dem Agrargeschäft. Dies hat Auswirkungen auf die Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft, die sich mehr und mehr an Profitinteressen orientiert. Nachhaltigkeits- und Umweltaspekte geraten dabei in den Hintergrund. So werden z.B. Energiepflanzen für Biokraftstoff oder für Biogasanlagen auf Flächen angebaut, die früher für den Nahrungsmittelanbau genutzt wurden und treten damit in direkte Konkurrenz zu diesen. Der Anbau von Biokraftstoffen für Biogasanlagen ist in LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1611 2 Deutschland zum Teil lukrativer als Nahrungsmittelanbau, da Biogasanlagen vom Staat stärker subventioniert werden. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 534 mit Schreiben vom 2. Januar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und dem Minister der Justiz beantwortet. 1. Wie haben sich die Pachtpreise in den letzten zehn Jahren entwickelt? Nach Angaben der Landwirtschaftskammer NRW als zuständige nachgeordnete Behörde haben sich die Pachtpreise in Nordrhein-Westfalen wie folgt entwickelt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1611 3 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1611 4 2. Wie viele Unternehmen, die nicht aus dem Agrar-Sektor stammen, haben in NRW landwirtschaftliche Flächen gepachtet oder besitzen landwirtschaftliche Nutzflächen? Pachtverträge, die Nicht-Landwirte über Flächen abschließen, unterliegen nicht der behördlichen Anzeigepflicht gegenüber der Landwirtschaftskammer bzw. den Geschäftsführungen der Kreisstellen der LWK als Landesbeauftragte, so dass insoweit keine Informationen vorliegen. Gleiches gilt für Flächen, die zum Zeitpunkt des Erwerbs noch landwirtschaftlich genutzt werden, aber planungsrechtlich bereits der Landwirtschaft entzogen sind, da sie nach § 4 GrdstVG genehmigungsfrei sind. 3. Um welche Unternehmen handelt es sich dabei? (bitte Flächengröße pro Unternehmen angeben) Die erwerbenden Unternehmen sind weder dem Namen nach statistisch erfasst, noch im Hinblick auf die Gesamtgröße der in ihrem Eigentum befindlichen Flächen; solche Angaben liegen auch nicht bei den Grundbuchämtern vor, weil diese über die Landwirteigenschaft der Eigentümer keine Kenntnisse haben. 4. Wie hat sich die Zahl an Unternehmen in den letzten 10 Jahren entwickelt, die nicht aus dem Agrar-Sektor stammen, aber landwirtschaftliche Nutzflächen besitzen oder gepachtet haben? Verlässliche Einschätzungen über die Entwicklung von Landkäufen durch Unternehmen, die nicht aus dem Agrar-Sektor stammen, sind nach Angaben der Landwirtschaftskammer NRW zur Zeit nicht möglich. 5. Plant die Landesregierung Maßnahmen, um den Aufkauf landwirtschaftlicher Nutzflächen in NRW durch finanzstarke, aber agrar-fremde Unternehmen zu erschweren? Wenn ja, welche? Die Landesregierung beabsichtigt eine grundlegende Überprüfung des Grundstücksverkehrsgesetzes vor dem Verkauf. Eine namentliche Erfassung der Erwerber der Grundstücke erfolgt nicht. Darüber hinaus gibt es bei der Landwirtschaftskammer NRW eine Internetseite, auf der Grundstücksverkäufe gemäß Grundstücksverkehrsgesetz an Nichtlandwirte veröffentlicht werden. Durch die Einrichtung der Seite „www.grundstueckverkehrsgesetz.nrw.de“ ist zumindest der Informationszugang für erwerbsinteressierte Landwirte verbessert worden, um vom landwirtschaftlichen Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen.