LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1630 05.01.2018 Datum des Originals: 04.01.2018/Ausgegeben: 10.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 547 vom 16. November 2017 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/1256 Zuverlässigkeitsüberprüfungen von Personal an Flughäfen in NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Sicherheit vor Terror-Gefahren an den Flughäfen in Nordrhein-Westfalen hängt ganz wesentlich von der Zuverlässigkeit von Flughafen-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern für sicherheitsrelevante Bereiche ab. Mit Vorlage 17/136 hat der Minister für Verkehr im Innenausschuss des Landtags am 28.09.2017 dargestellt, dass jede Person, die den Sicherheitsbereich eines Flughafens dauerhaft und unbegleitet betreten will, sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen müsse. Im Rahmen dieses Überprüfungsverfahrens würden insbesondere die Erkenntnisstellen (Polizei, Verfassungsschutz) genutzt. Erst nach erfolgter Feststellung der Zuverlässigkeit dürfe eine Person dauerhaft einen Flughafenausweis erhalten, der zum unbegleiteten Zugang in den Sicherheitsbereich berechtigt. In NRW würden die Zuverlässigkeitsüberprüfungen von den Bezirksregierungen Düsseldorf und Münster durchgeführt; das NRW-Verkehrsministerium sei Fachaufsichtsbehörde. Medienberichten aus dem April 2017 zufolge sollen im Flughafen Montreal Mitarbeiter mit Zutrittsberechtigungen zu sicherheitsrelevanten Bereichen radikalisiert haben. Nach Bekanntwerden sollen vier Mitarbeitern als Vorsichtsmaßnahme den Zugang zu gesicherten Bereichen entzogen worden sein. Aufgefallen sein soll, dass einer regelmäßig Webseiten der islamischen Terrororganisation IS besucht und viel Material zum Umgang mit Waffen gelesen haben soll. Ein anderer soll IS-Propaganda-Material in sozialen Netzwerken verbreitet haben. Am 22.03.2016 hatten sich zwei Selbstmordattentäter am Flughafen Brüssel in die Luft gesprengt; nach dem Anschlag gab es weitere Medienberichte, nach denen rund 50 IS- Sympathisanten Zutritt zu fragilen Bereichen des Brüsseler Flughafens gehabt haben sollen. Die belgische Zeitung "De Standaard" stellte dar, dass einige unter anderem Sicherheitsvorkehrungen ausgekundschaftet haben sollen. Es sei zudem beobachtet worden, dass mehrere Mitarbeiter der Gepäckabfertigung unmittelbar nach den Anschlägen applaudiert haben sollen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1630 2 Auch wenn es sich bei den beschrieben Fällen möglicherweise nicht um vergleichbare Positionen wie der von Luftsicherheitsassistenten handelt, so ist dennoch insgesamt sicher zu stellen, dass die Flughäfen in NRW für vergleichbare Bedrohungslagen ausreichend geschützt sind. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 547 mit Schreiben vom 4. Januar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. 1. Inwieweit wurden die Bedrohungslagen aus Montreal und Brüssel für die Zuverlässigkeitsüberprüfungen von Flughafen-Mitarbeiterinnen und –Mitarbeitern in Nordrhein-Westfalen ausgewertet und welche Schlussfolgerungen wurden ggf. gezogen (z.B. Überwachung von Mindeststandards für Flughafenbetreiber bzw. Luftsicherheitsunternehmen oder behördliche Zuständigkeit für geeignete Standards bei den Zuverlässigkeitsüberprüfungen)? Die alte, bis Ende Juni 2017 amtierende Landesregierung hat weder nach dem Selbstmordattentat vom 22.03.2016 am Brüsseler Flughafen, noch nach bekannt werden der Vorgänge am Flughafen Montreal im April 2017 eine Auswertung der Bedrohungslagen aus Brüssel und Montreal veranlasst, noch aufgrund der vorgenannten Ereignisse eine Veränderung der Sicherheitsbestimmungen an den nordrhein-westfälischen Flughäfen angestoßen. Die neue Landesregierung hat auf die massive Kritik der vergangenen Jahre an der Sicherheitspolitik der alten Landesregierung unter anderem mit der Einrichtung der sogenannten "Bosbach-Kommission" reagiert, die die Sicherheitsarchitektur und die Zusammenarbeit von europäischen, bundesdeutschen und nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden analysieren und Verbesserungsvorschläge machen soll. 2. Ist es zutreffend, dass Luftsicherheitsassistenten in NRW nur alle drei Jahre auf ihre Zuverlässigkeit überprüft werden und hält die Landesregierung diese Intervalle für ausreichend? Das Verfahren der Zuverlässigkeitsprüfung ist bundesgesetzlich im Luftsicherheitsgesetz und in der Zuverlässigkeits-Überprüfungsverordnung geregelt. Die Wiederholungsprüfung ist hiernach für alle Personen, für die eine Zuverlässigkeitsüberprüfung durchgeführt worden ist, nach fünf Jahren erneut zu beantragen. Dieses Intervall hält der Bundesgesetzgeber für ausreichend, da im § 7 der Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfung eine Nachberichtspflicht vorgeschrieben ist. Danach haben alle bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung beteiligten Behörden oder Stellen die Luftsicherheitsbehörde zu unterrichten, wenn im Nachhinein bedeutsame Informationen für die Beurteilung der Zuverlässigkeit bekannt werden. 3. Welche Erfahrungen gibt es zu den Zeiträumen, in denen sich Personen im Islamismus radikalisieren können? Während vor zehn Jahren in den islamistischen Szenen noch von einem mehrjährigen Prozess der Radikalisierung auszugehen war, konnten in den letzten fünf Jahren vermehrt „Schnell- Radikalisierungen“ innerhalb weniger Wochen und Monate festgestellt werden. Dies hängt mit LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1630 3 der veränderten Propaganda-Strategie extremistischer Rekrutierer zusammen. Nicht die pseudo-religiöse Missionierung und der vermeintliche „Glaube“ stehen im Vordergrund, sondern die Handlungsorientierung. 4. Wie groß ist die Personalfluktuation im Bereich von Luftsicherheitsassistenten bzw. bei Mitarbeiterbereichen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen von Flughäfen Zugang haben? Zur Höhe der Personalfluktuation liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. 5. Wie bewertet die Landesregierung die Gefahr, dass bei hohen Personalfluktuationen in bestimmten Bereichen des Flughafens auch sicherheitsrelevantes Wissen außerhalb des Flughafens in nicht mehr überprüfte Gefährderkreise abfließen kann? Nicht jede Person, die Zugang zum Sicherheitsbereich erhält, erwirbt sicherheitsrelevantes Wissen. Luftsicherheitsassistenten erhalten aufgrund ihrer Tätigkeit Teilwissen bezüglich des Kontrollprozesses; hinsichtlich der weiteren Bausteine im System der Luftsicherheit erhalten sie keine bedeutsamen Kenntnisse. Ein Wissenstransfer zwischen Akteuren innerhalb der extremistischen und jihadistischen Szenen in NRW – darüber hinaus auch in Deutschland – ist grundsätzlich nicht auszuschließen. Die Thematisierung sicherheitsrelevanter Informationen von Flughäfen als Teil eines Wissenstransfers zwischen Extremisten konnte bei den – den Sicherheitsbehörden bekannten – Personen bisher nicht festgestellt werden.