LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1633 05.01.2018 Datum des Originals: 04.01.2018/Ausgegeben: 10.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 614 vom 14. Dezember 2017 des Abgeordneten Alexander Langguth FRAKTIONSLOS Drucksache 17/1475 Schockierende Ergebnisse der „Iglu“ Studie Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Vergangene Woche ist in mehreren Medien die Leseleistung unserer Schüler angeprangert worden. „Leseschwach“, „Miserables Zeugnis“ und „Eine schleichende Katastrophe“ sind nur einige der Schlagworte aus den Tageszeitungen, die auf diese Problematik zum wiederholten Male aufmerksam machten. Mittelpunkt der bundesweiten Empörung sind die Ergebnisse der internationalen Grundschul- Lese-Untersuchung (Iglu) aus dem Jahr 2016, die vergangene Woche in Berlin vorgestellt wurden. Demnach kann jedes fünfte Kind in Deutschlands Grundschulen nicht richtig lesen -und das obwohl in Deutschland bereits jahrelang millionenschwere – offenkundig unwirksame – Leseförderprogramme aus Steuergeldern finanziert werden. So geht aus der Studie hervor, daß die Leseleistung deutscher Viertklässler seit 15 Jahren stagniert, während in 20 anderen Ländern sich dieses deutlich verbessert hat. Auch belegt die Studie, daß die Leseleistung der Kinder in Deutschland wesentlich stärker vom sozialen Status der Eltern abhängig ist als in anderen Ländern. Unter anderem wurde der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 06.12.2017 zitiert. Er fordert Sprachstandsüberprüfungen für alle Kinder zwischen drei und vier Jahren und schlägt auf den Ergebnissen aufbauende Sprachförderung vor. Ohne sie „…sind die Grundschulen mit dem zunehmenden Anteil von Flüchtlingskindern und Kindern mit Migrationshintergrund hoffnungslos überfordert.“ Eine weitere Ursache für die Zunahme leseschwacher Kinder sieht er „in einem verfehlten Rechtschreibunterricht wie z.B. durch die Einführung der Methoden „Lesen durch Schreiben“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1633 2 oder „Schreiben nach Gehör.“ Sie benachteiligten leistungs-schwache Kinder besonders stark und vergrößerten die Leistungsschere zwischen den schwächsten und stärksten Lesern noch mehr. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 614 mit Schreiben vom 4. Januar 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der Iglu Studie, insbesondere vor dem Hintergrund der durch den Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes vorgetragenen Gründe des stagnierenden Leseniveaus an deutschen Grundschulen? Die Ergebnisse der bundesweiten IGLU Studie 2016 sind unbefriedigend, die unterschiedlichen Anstrengungen aller Länder der vergangenen Jahre zur Förderung der Lesekompetenzen haben nicht zu den gewünschten Verbesserungen geführt. Entgegen der vom Präsidenten des deutschen Lehrerverbands vorgetragenen Vermutung, die Hauptursache sei hierfür die immer größer werdende Gruppe von Kindern mit Migrationshintergrund, teilt die Landesregierung die Feststellung der Autoren der Studie, „dass sich seit der IGLU-Studie 2001 für Deutschland keine statistisch relevante Veränderung der Ergebnisse ergeben, auch wenn man die Veränderungen in der Zusammensetzung der Schülerschaft berücksichtigt“. 2. Ministerin Gebauer kündigte an, im kommenden Schuljahr prüfen zu wollen, wie Rechtschreibung an Grundschulen vermittelt wird, da dort didaktische Freiheit herrscht. Wie ist der Sachstand dieses Vorhabens? Eine förmliche, quantitative Erhebung der in den 2800 Grundschulen in Nordrhein-Westfalen angewandten Methoden war zu keinem Zeitpunkt intendiert. Vielmehr hat eine fachliche Prüfung stattgefunden mit dem Ergebnis, dass andere Bundesländer ihre Vorgaben zur Rechtschreibung expliziter formuliert haben und dass im Anfangsunterricht Deutsch in Nordrhein-Westfalen ein Methodenmix zum Einsatz kommt, der sich an den Bedarfen der Lerngruppen orientiert. Der Lehrplan Deutsch für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen gibt lediglich die Kompetenzerwartungen vor und enthält keine verbindlichen Rechtschreibmethoden. Unterrichtsvorgaben sind gemäß § 29 Schulgesetz so zu fassen, dass für die Lehrerinnen und Lehrer ein pädagogischer Gestaltungsspielraum bleibt. Lehrpläne werden deshalb auch weiterhin keine bestimmten Lehrmethoden vorschreiben. 3. Zu Frage 2.: Handelt es sich um einen rein formellen Prüfauftrag oder werden parallel zu den ermittelnden Lernmethoden auch die Leistungen der Schüler in Relation gesetzt? Den Lehrerinnen und Lehrern steht mit den Vergleichsarbeiten in Klasse 3 ein zentrales Instrument zur Selbstvergewisserung über die Ergebnisse ihrer Lehrmethoden im Hinblick auf das Erreichen von Bildungsstandards zur Verfügung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1633 3 4. Plant die Landesregierung konkrete Maßnahmen, um dieser Entwicklung aktiv entgegenzuwirken? Zur Verbesserung der Rechtschreibung sind verschiedene Maßnahmen geplant. Dazu gehören unter anderem das Einsetzen einer Expertengruppe zur Erstellung einer Handreichung für den Rechtschreibunterricht an Grundschulen und die Einführung eines verbindlichen Grundwortschatzes als Erweiterung der Handreichung. 5. (wenn Frage 4 positiv beantwortet wurde): Welche Maßnahmen plant die Landesregierung hierzu konkret und ist eine Aufnahme dieser Maßnahmen in die Richtlinien und Lehrpläne des Ministeriums für Schule und Bildung mit einer daraus resultierenden Verbindlichkeit für die Grundschulen vorgesehen? Bis zum Schuljahr 2019/2020 wird die „Qualitätsagentur - Landesinstitut für Schule“ die Einberufung einer Lehrplankommission fachlich vorbereiten. Diese soll den Lehrplan Deutsch überarbeiten. Dabei wird der Grundwortschatz eingearbeitet und der Rechtschreibung ein größerer Stellenwert eingeräumt.