LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1675 10.01.2018 Datum des Originals: 09.01.2018/Ausgegeben: 15.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 608 vom 12. Dezember 2017 der Abgeordneten Arndt Klocke und Mehrdad Mostofizadeh BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1469 Lärmabhängige Startentgelte am Flughafen Dortmund Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit Hilfe der Staffelung der Start- und Landeentgelte je nach Lautstärke eines Flugzeugs sowie nach Tageszeit des Starts oder der Landung können Flugunternehmen Anreize gesetzt werden , lärmärmere Fluggeräte einzusetzen und Flüge in weniger lärmempfindliche Tageszeiten zu verlagern. Eine umfassende Status-Quo-Analyse der europäischen Start- und Landeentgeltsysteme durch das Öko-Institut im Auftrag des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2004 stellt jedoch nur eine geringe Anreizwirkung der bestehenden lärmabhängigen Entgeltsysteme fest. Ein wesentliches Problem liegt gemäß dieser Studie in der oft nur geringen Spreizung zwischen den lärmdifferenzierten Nutzungsentgelten. Die finanziellen Anreize für den Einsatz lärmarmer Flugzeuge fallen überwiegend zu gering aus, um eine nennenswerte Lenkungswirkung zu entfalten . Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass die Lärmkomponente an den Start- und Landeentgelten in der Kostenstruktur der Unternehmen nur eine marginale Bedeutung einnimmt. Die Ausgestaltung emissionsabhängiger Start- und Landeentgelte wird zudem durch den zu beachtenden rechtlichen Rahmen (Standards und Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation , Richtlinie über Flughafenentgelte 2009/12/EG der Europäischen Union sowie das diese Vorgaben umsetzende nationale Recht in § 19b Luftverkehrsgesetz) eingeengt. Flughafenentgelte werden nach § 19b LuftVG in einer Entgeltordnung vom Flughafenbetreiber – nach behördlicher Genehmigung – festgesetzt. Die Genehmigung zur Erhebung der in einer Entgeltordnung vorgesehenen Entgelte für die Nutzung der Einrichtungen und Dienstleistungen des Flughafens wird von den zuständigen Landesluftfahrtbehörden erteilt, sofern die Festsetzung nach geeigneten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien erfolgte . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1675 2 Eine Staffelung der Start- und Landegebühren nach der Lautstärke der Flugzeuge muss aufkommensneutral sein. Daraus folgt, dass die Lärmzuschläge für laute Flugzeuge durch Abschläge auf leisere Flugzeuge auszugleichen sind. Die Lärmzuschläge müssen dabei verhältnismäßig sein und dürfen die Flughafennutzer nicht übermäßig, das heißt in Relation zu den vor Ort bestehenden Lärmproblemen, belasten. Dennoch sehen CDU und FDP NRW laut ihrem Koalitionsvertrag in der Ausgestaltung der emissionsabhängigen Start- und Landeentgelte ein wesentliches Instrument zur Fluglärmbekämpfung . So heißt es im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode: „Zur Verbesserung des Lärmschutzes werden wir insbesondere darauf hinwirken, dass der rechtliche Rahmen für die Spreizung lärmabhängiger Start- und Landeentgelte ausgeschöpft wird.“ In der seit dem 01.01.2017 gültigen Entgeltordnung der Flughafen Dortmund GmbH für den Verkehrsflughafen Dortmund richtet sich die Startentgelthöhe nach der Gewichtsklasse (Höchstabflugmasse ) und der Einstufung des Flugzeuges in Lärmkategorien (Einhaltung der Schallschutzanforderungen nach NfL I-134/99, Lärm-schutznachweis, Bonusliste u.a.). Anders als zum Beispiel an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn erfolgt am Flughafen Dortmund allerdings keine Staffelung der Lärmzuschläge nach Tag und Nacht. Die Entgeltordnung am Flughafen Dortmund kennt auch keine emissionsabhängigen Entgelt- Zuschläge abhängig vom Stickoxid-Ausstoß der Flugzeuge, wie es sie an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn gibt. Am Düsseldorfer Flughafen beträgt das emissionsabhängige Entgelt pro Emissionswert 1,50 Euro je Landung und je Start. Der Emissionswert ist dabei das von einem Luftfahrzeug ausgestoßene Stickstoxidäquivalent je Kilogramm im standardisierten Lande- und Startvorgang. Die notwendigen Angaben zu Luftfahrzeug- und Triebwerkstypen werden dabei anhand einer anerkannten Flottendatenbank ermittelt. In der seit dem 01.01.2017 gültigen Entgeltordnung für den Flughafen Frankfurt werden Nachlässe bei den Start- und Landeentgelten für Maßnahmen des aktiven Schallschutzes gewährt. So wird die Nachrüstung von Flugzeugen der A320-Familie mit so genannten Wirbelgeneratoren für Fluggesellschaften finanziell belohnt. Überflugmessungen haben gezeigt, dass die Wirbelgeneratoren störende Pfeifgeräusche unterbinden und den Gesamtschallpegel des Flugzeugs, insbesondere bei der Landung, deutlich reduzieren. Die Entgeltordnung 2017 für den Flughafen Frankfurt sieht vor, dass A319-, A320- und A321-Flugzeuge um bis zu 40 Prozent geringere Gebühren zahlen, wenn sie nachweislich mit einem Wirbelgenerator nachgerüstet wurden. Die Entgeltordnung des Flughafens Frankfurt belohnt außerdem die technische Umrüstung auf satellitengestützte Navigationssysteme, wodurch perspektivisch lärmärmere Anflugverfahren ermöglicht werden. So setzt die Entgeltordnung finanzielle Anreize für den Einsatz von Flugzeugen, die mit dem satellitengestützten Präzisionsanflugverfahren „Ground Based Argumentation System“ (GBAS) ausgestattet sind und dieses aktiviert haben. Mit GBAS können Anflüge am Frankfurter Flughafen mit einem höheren Gleitwinkel durchgeführt werden. Langfristig könnten damit auch Siedlungsschwerpunkte umflogen werden. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 608 mit Schreiben vom 9. Januar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1675 3 Vorbemerkung der Landesregierung Nach § 19b Luftverkehrsgesetz (LuftVG) hat der Unternehmer eines Verkehrsflughafens oder Verkehrslandeplatzes eine Regelung über die zu entrichtenden Entgelte für die Nutzung der Einrichtungen und Dienstleistungen, die mit der Beleuchtung, dem Starten, Landen und Abstellen von Luftfahrzeugen sowie mit der Abfertigung von Fluggästen und Fracht in Zusammenhang stehen, zu treffen (Entgeltordnung). Soweit die Flughäfen ihre Entgeltordnung für das Starten, Landen und die Nutzung ihrer flugbetrieblichen Infrastruktureinrichtung verändern wollen, so haben sie dies der zuständigen Landesluftfahrtbehörde zwecks Genehmigung vorzulegen . Ein entsprechender Antrag des Flughafens Dortmund ist nach § 19b LuftVG durch die Bezirksregierung Münster zu prüfen. Die zuständige Genehmigungsbehörde hat, wie in der Kleinen Anfrage auch angesprochen, zu prüfen, ob die zu genehmigende Entgeltordnung geeignet, objektiv, transparent und diskriminierungsfrei ist, sowie eine Differenzierung nach Lärmschutzgesichtspunkten vorsieht. Es handelt sich um eine Missbrauchsprüfung, die vornehmlich an zivilrechtliche Zusammenhänge und die Kostenbezogenheit der Entgeltordnung anknüpft. Ein Mitgestaltungsrecht obliegt der Behörde nicht. Lärmabhängige Start- und Landeentgelte stellen eine mögliche Maßnahme zur Lärmminderung an den Flughäfen dar. Hierüber sollen Anreize geschaffen werden, lärmärmere Fluggeräte einzusetzen und Flüge in weniger lärmempfindliche Tageszeiten zu verlagern. 1. Welche konkreten Änderungen sollten nach Auffassung der Landesregierung bei der neuen Entgeltordnung für den Flughafen Dortmund vorgenommen werden, um eine stärkere Lenkungswirkung zur Lärmreduktion zu entfalten? Die derzeit noch geltende Entgeltordnung ist am 01.01.2017 in Kraft getreten und war von der Bezirksregierung am 13.12.2016 genehmigt worden. Diese Entgeltordnung sieht bereits eine lärmbezogene Spreizung der Start- und Landegebühren vor, die erkennbar eine Steuerung der Flugbewegungen nach entsprechenden Flugzeugklassen zur Lärmreduzierung zum Inhalt hat. Der Flughafen hat allerdings bereits die Vorlage einer überarbeiteten, neuen Entgeltordnung angekündigt. Im Rahmen eines insoweit durchzuführenden Genehmigungsverfahrens wird seitens der Bezirksregierung zu prüfen sein, ob eine gegebenenfalls erfolgte weitere Ausdifferenzierung der Entgeltsätze den hierfür vorgegebenen Kriterien entspricht und das Gebot einer ausgeglichenen , aufkommensneutralen Entgeltregelung beachtet wird. Sollte es zu einem Nachtflug in Dortmund zukünftig kommen, wäre dies in der Entgeltordnung zudem zu berücksichtigen. 2. Inwieweit nimmt das NRW-Verkehrsministerium aktiv Einfluss bei der Ausgestaltung der emissionsabhängigen Start- und Landeentgelte am Flughafen Dortmund, um das Ziel des Koalitionsvertrages der Ausschöpfung des rechtlichen Rahmens für die Spreizung lärmabhängiger Start- und Landeentgelte zu verwirklichen? Siehe Antwort zu 1. Im Rahmen des durchzuführenden Genehmigungsverfahrens ist bereits aufgrund der bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen hier eine Prüfung geboten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1675 4 3. Setzt sich die Landesregierung am Flughafen Dortmund dafür ein, dass - wie am Flughafen Düsseldorf und Köln/Bonn - emissionsabhängige Entgelt-Zuschläge abhängig vom Stickoxid-Ausstoß der Flugzeuge eingeführt werden? Derartige schadstoffbezogene Entgeltregelungen bestehen zurzeit am Flughafen Dortmund (noch) nicht, sie werden aber nach Angaben des Flughafens Gegenstand der Neufassung der Entgeltregelung werden. 4. Unterstützt die Landesregierung am Flughafen Dortmund die Einführung einer Anreizregelung zur Nachrüstung von Flugzeugen der A320-Familie mit so genannten Wirbelgeneratoren nach dem Vorbild der Entgeltordnung 2017 für den Flughafen Frankfurt, nach der A319-, A320- und A321-Flugzeuge um bis zu 40 Prozent geringere Gebühren zahlen müssen, wenn sie nachweislich mit einem Wirbelgenerator nachgerüstet wurden? Jede technische Nachrüstung, die dem aktiven Schallschutz dient, ist grundsätzlich begrüßenswert und mithin auch förderwürdig. Anreize, die dem dienen sollen, wie etwa in Form von besonderen Entgeltregelungen, sind insoweit hilfreich. 5. Unterstützt die Landesregierung die Schaffung finanzieller Anreize in der Entgeltordnung des Flughafens Dortmund für die technische Umrüstung auf satellitengestützte Navigationssysteme, wodurch perspektivisch lärmärmere Anflugverfahren ermöglicht werden? Nein. Der Flughafen Dortmund besitzt noch nicht die technischen Voraussetzungen für satellitengestützte Präzisionsanflugverfahren.