LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1690 10.01.2018 Datum des Originals: 10.01.2018/Ausgegeben: 15.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 553 vom 17. Oktober 2017 des Abgeordneten Markus Wagner AfD Drucksache 17/1276 Salafismus in Aachen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Salafismus verzeichnet deutschlandweit beträchtlichen Zulauf. Auch in Nordrhein- Westfalen existieren mittlerweile zahlreiche salafistische Milieus. Laut Aussage des Bundesinnenministeriums lebten allein im Raum Aachen etwa 200 Salafisten. Die Aachener Stadtverwaltung teile jüngst mit, daß dem Staatsschutzbereich Aachen drei Moscheevereine bekannt seien, die in der Vergangenheit als Anlaufstelle für Salafisten dienten. Eine dieser Moscheen liege im Aachener Stadtgebiet. Von einer öffentlichen Benennung der salafistischen Moscheegemeinden wurde abgesehen. Nach Absprache mit dem Innenministerium habe man sich gegen eine offene Berichterstattung entschieden, um der Arbeit des Verfassungsschutzes nicht entgegenzuwirken. Am 3. Oktober 2017 fand bundesweit der „Tag der offenen Moschee“ statt. Auch in Aachen öffneten Moscheevereine Besuchern ihre Türen. Aufgrund der von der Stadtverwaltung unterlassenen Aufklärung war es Besuchern nicht möglich extremistische Moscheen zu erkennen. Besucher, darunter Kinder und Jugendliche, wurden der Gefahr ausgesetzt sich in salafistischen Moscheen aufzuhalten. Der Verfassungsschutz NRW wies bereits darauf hin, dass „Veranstaltungen mit vordergründigem Event-Charakter“ Missionierungsziele von Salafisten darstellten. Dort würden entsprechende Botschaften unterschwellig und beiläufig vermittelt. Die Tragweite dieser Inhalte sei nicht für jeden erkennbar.1 Besonders junge Menschen können somit unbemerkt in eine Radikalisierungsspirale geraten. Das Landesinnenministerium führte 1 Ministerium für Inneres und Kommunales 2016. Extremistischen Salafismus erkennen. S. 9. Aufgerufen von https://www.mik.nrw.de/fileadmin/user_upload/Redakteure/Verfassungsschutz/Dokumente/Broschuere n/Extremistischen_Salafismus_erkennen_Maerz2016.pdf [02.11.2017]. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1690 2 unlängst aus, dass gerade Jugendliche und junge Erwachsene auf der Suche nach Werten, Normen und Anerkennung für salafistische Missionierungsversuche empfänglich seien. 2 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 553 mit Schreiben vom 10. Januar 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung die beschriebene Situation am „Tag der offenen Moschee“, in der Besucher keine Möglichkeit hatten extremistische Moscheen zu erkennen und zu meiden? Der Landesregierung liegen zum „Tag der offenen Moschee“ in Aachen keinerlei Erkenntnisse darüber vor, dass Extremisten diesen Tag in Aachen für missionarische Aktivitäten im extremistischen Sinne genutzt hätten. 2. Wie viele Personen haben zum Anlass des diesjährigen „Tag der offenen Moschee“ die als Anlaufstelle des Salafismus in Rede stehenden Moscheen besucht? Bitte schlüsseln Sie die Besucherzahl jeweils nach Moscheeverein auf. Beobachtungsobjekte der Sicherheitsbehörden sind extremistische Aktivisten und ihre Anlaufstellen. Da am „Tag der offenen Moschee“ ein breites öffentliches Publikum angesprochen wird, erfolgt keine Beobachtung dieser Besucher. 3. Wann ist eine Kontaktaufnahme seitens welcher Person der Stadtverwaltung Aachen beim Innenministerium bzgl. der genannten Absprache erfolgt? 4. Wann wurde die in Frage 3.) genannte Kontaktaufnahme seitens des Innenministeriums beantwortet? Bitte händigen sie uns die Unterlagen, bzw. Protokolle der entsprechenden Kommunikationsakte zwischen der Stadtverwaltung Aachen und dem Landesinnenministerium in dieser Angelegenheit aus. Die Fragen 3 und 4 werden zusammen beantwortet: Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen ist in einem fortlaufenden Dialog mit den Kommunen, um über Extremismus aufzuklären und präventive Maßnahmen zu ermöglichen. Lageeinschätzungen und offen vorhaltbare Erkenntnisse zu den lokalen Szenen werden den Kommunen mitgeteilt und können dort offen weiter verwendet werden. Die Kommunen sind eigenverantwortlich für den weiteren Umgang mit diesen Informationen zuständig. Offen vorhaltbare Erkenntnisse sind in diesem Sinne insbesondere Erkenntnisse, die der Verfassungsschutz in seinen Berichten und Pressveröffentlichungen mitteilt. In dem konkreten Fall sind im Raum Aachen drei Moscheevereine bekannt, die in der jüngeren Vergangenheit als Anlaufstellen der salafistischen Szene dienten. Eine dieser drei Moscheen befindet sich in Aachen selber. Dies wurde der Stadtverwaltung im Juli 2017 mitgeteilt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass bei keinem dieser Vereine die Hürde zur offenen Berichterstattung überschritten ist. 2 Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen 2017. Extremistischer Salafismus als Jugendkultur. Sprache, Symbole und Style. 6. Aufl. S. 44. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1690 3 5. Wann ist nach Ansicht der Landesregierung die Hürde zu einer offenen Berichterstattung über die drei im Aachener Staatsschutzbereich liegenden Moscheen überschritten? Die offene Berichterstattung zu einem Objekt (Moschee, Kulturverein, Netzwerk, Einzelperson o.ä.) ist dann zulässig, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhangs oder für die Darstellung von Organisationen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse der betroffenen Personen überwiegen. Der aktuelle Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2016 bietet eine Übersicht derjenigen Objekte und Personen, die der Verfassungsschutz offen darstellt und vor denen er dadurch warnt.