LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1702 12.01.2018 Datum des Originals: 11.01.2018/Ausgegeben: 17.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 517 vom 2. November 2017 des Abgeordneten Frank Sundermann SPD Drucksache 17/1201 Abschmelzende Steinkohle-Subventionen werden komplett In die Infrastruktur des Landes investiert - Hält sich die Landesregierung an die eigenen Ankündigungen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der vergangenen Legislaturperiode forderten der heutige Ministerpräsident Armin Laschet und weitere Vertreter der jetzigen Landesregierung eine Investition der durch das Abschmelzen der Steinkohle-Subventionen freigewordenen Mittel in die Wirtschaft und Infrastruktur unseres Landes. Dadurch solle die Wirtschaft Nordrhein-Westfalens zukunftsfähiger gemacht, der Strukturwandel unterstützt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. So formulierte der damalige Oppositionsführer Armin Laschet in der Haushaltsdebatte der Plenarsitzung des 16. Dezembers 2015: „Seit 2010 sind die ehemals 492 Millionen Euro (…) auf 165 Millionen abgeschmolzen worden. Allein in 2016 (…) stehen Ihnen dadurch 142 Millionen Euro mehr zur Verfügung, also Geld, mit dem man genau die Wachstumsimpulse setzen könnte, die wir damals versprochen haben. Damit könnten Sie [die damalige Landesregierung, Anm.] den Breitbandausbau voranbringen, Start-ups und Digitalisierung fördern und dem Ruhrgebiet nachhaltig beim Strukturwandel helfen.“ Entsprechendes forderten die CDU-Landtagsfraktion und ihr Fraktionsvorsitzender Armin Laschet sodann in einem Entschließungsantrag (Drucksache 16/10479) zum Haushaltsgesetz 2016. Im Sinne dieses Entschließungsantrages sollten die freigewordenen Mittel in die Förderung des Breitbandausbaus fließen. Auch in ihrem späteren Wahlprogramm zur Landtagswahl 2017 äußerte sich die nordrheinwestfälische CDU in diese Richtung, um den Ausbau des Breitbandinternets voranzutreiben: „Wir wollen freiwerdende Mittel aus der auslaufenden Steinkohlesubventionierung in die Förderung des Breitbandausbaus investieren.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1702 2 Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 517 mit Schreiben vom 11. Januar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Steinkohlesubventionen sind als Subventionen besonderer Art zu verstehen, da sie vom Ursprungsgedanken her der Sicherung des Steinkohlenbergbaus in Deutschland gedient haben . Ferner handelt es sich bei diesen Mitteln nicht um strukturwandelnde Ausgaben, sondern vielmehr um strukturkonservierende Ausgaben. Die Mittel wurden eingesetzt, um die Struktur des Steinkohlenbergbaus zuerst zur Sicherung der Nationalen Energieversorgung zu erhalten und später bis heute, um der Vermeidung von wirtschaftlichen und sozialen Friktionen in den Kohlerevieren entgegenzuwirken. Es bestand beim Bund und im Land NRW über alle Parteigrenzen hinweg Einigkeit darüber, dass der Ausstieg aus dem Steinkohlenbergbau nicht abrupt , sondern ohne Strukturbrüche erfolgen soll. Subventionsempfänger der Kohlebeihilfen war nicht das Land Nordrhein-Westfalen, sondern der Bergbau unmittelbar. Auch heute erfolgen die Subventionszahlungen an die RAG AG auf Basis eines Zuwendungsbescheides des Bundes. Die Zuwendung ist dabei in drei Arten von Beihilfen nutzbar: Stilllegungs-, Altlasten- und Produktionsbeihilfen, wobei sich Nordrhein- Westfalen seit 2014 an den Produktionsbeihilfen nicht mehr beteiligt. Eine förderpolitische Nutzung dieser Mittel durch das Land sowie für den Strukturwandel ist nicht möglich. Sie dienen ausschließlich der sozialverträglichen Beendigung des Steinkohlenbergbaus in Deutschland. 1. Wie hoch sind die durch die abschmelzenden Steinkohlesubventionen im Landeshaushalt freigewordenen Landesmittel in den Jahren 2017, 2018, 2019 und 2020? (Bitte den Abschmelzungsbetrag nach Haushaltsjahr ausweisen.) Gemäß Ziffer 2 Buchstabe c der Rahmenvereinbarung „Sozialverträgliche Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus in Deutschland“ vom 14. August 2007 sind für den Anteil des Landes Nordrhein-Westfalen Finanzierungshilfen für die Jahre 2017 bis 2020 in folgender Höhe in den Landeshaushalt eingestellt: 2017:170,9 Mio. Euro 2018: 161,2 Mio. Euro und 2019: 151,5 Mio. Euro. Für die Jahre 2020 – 2022 ist ein Betrag von 220,6 Mio. Euro zu gewähren, der in drei Tranchen zur Auszahlung kommen soll. Außerdem sind für die nach der dauerhaften Einstellung des subventionierten Steinkohlebergbaus der RAG AG ab dem Jahr 2019 weiter bestehenden Lasten, die nicht vom Erblastenvertrag erfasst werden (Altlasten), und zur vorläufigen bilanziellen Inanspruchnahme für Stilllegungsaufwendungen , die vor dem Jahr 2019 entstehen, ab 2020 Hilfen in Höhe von 462,6 Mio. Euro zu gewähren. Die Auszahlungsmodalitäten sollen in einer sogenannten Zahlungsvereinbarung mit dem Bund festgelegt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1702 3 2. In welche Projekte und Maßnahmen und in welche Regionen wird dieses Geld umgeleitet ? (Bitte mit Angabe der Haushaltsstelle und der konkreten Zielregionen) 3. Wenn die freigewordenen Mittel nur in Maßnahmen der Kohlereviere investiert werden sollen: wie viel dieser Mittel sollen ins Ruhrgebiet investiert werden? 4. Wie viel dieser Mittel sollen in andere Kohlereviere, etwa Ibbenbüren, investiert werden? 5. Ab wann sollen die freigewordenen Mittel in Impulse zur Förderung einer zukunftsfähigen Wirtschaft investiert werden oder sollen etwaige Maßnahmen Thema einer erneuten „Ruhrgebietskonferenz“ werden? Die Fragen 2-5 werden aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet : Die Steinkohlebeihilfen folgen dem Haushaltsprinzip der Non-Affektation. Dabei handelt es sich um einen Grundsatz der öffentlichen Haushaltsplanung, wonach alle staatlichen Einnahmen als Deckungsmittel für alle staatlichen Ausgaben dienen. Eine Zweckbindung bestimmter Mittel für bestimmte Aufgaben bzw. Ausgaben ist grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen sind z.B. durch Haushaltsgesetz oder Haushaltsvermerk möglich. Für den Bereich der Steinkohlebeihilfen existiert ein solcher Vermerk nicht. Die Landesregierung unterstützt gleichwohl offensiv die Entwicklung der Regionen im Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen und ebenso die Wirtschaftsentwicklung im Land. Dazu stehen eine Vielzahl von Haushaltsansätzen zur Verfügung, die sich den genannten Aufgaben nicht pauschal zuordnen lassen können. Für den Strukturwandel werden z.B. die Strukturhilfen für Steinkohlerückzugsgebiete, Strukturhilfen für vom Braunkohletagebau geprägte Gebiete oder Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur eingesetzt. Ein erhebliches Wachstumspotential kommt in diesem Zusammenhang der Digitalisierung und, als Voraussetzung dafür, einer umfassenden Breitbandversorgung für alle Nutzer in Nordrhein -Westfalen zu. Die Landesregierung strebt den flächendeckenden Ausbau konvergenter Gigabitnetze bis 2025 an und wird dafür den Ausbau der Glasfaseranbindung insbesondere von Gewerbegebieten, Schulen und öffentlichen Einrichtungen erheblich beschleunigen. Einen frühen und wesentlichen Beitrag zum Strukturwandel leistet die Gründung von vier neuen Fachhochschulen an den Standorten Hamm und Lippstadt (Hochschule Hamm-Lippstadt ), Kleve und Kamp-Lintfort (Hochschule Rhein-Waal), Bottrop und Mülheim an der Ruhr (Hochschule Ruhr West) sowie Bochum (Hochschule für Gesundheit) im Jahre 2009. Diese Neugründungen bieten den vom Rückzug des Steinkohlenbergbaus besonders betroffenen Regionen eine sehr konkrete und nachhaltig wirksame Zukunftsperspektive mit erheblichen positiven Sekundäreffekten. Der Haushaltsplan für den Bereich Schule und Bildung verfügt über ein Ausgabenvolumen von über 18 Milliarden Euro, wobei der Zuwachs gegenüber dem Einzelhaushalt 2017 dieses Jahr rund 229 Millionen Euro beträgt. Der Haushaltsentwurf 2018 sieht 1.283 zusätzliche Lehrerstellen vor. Im Vergleich zum Haushalt 2017 steigt die Zahl der Stellen für Schulen 2018 im Saldo auf 161.226 Stellen. Darüber hinaus waren im Haushalt 2017 insgesamt 3.299 Planstellen mit einem kw-Vermerk zum 1. August 2018 ausgewiesen. Mit dem Haushaltsentwurf 2018 streicht die Landesregierung die noch von der Vorgängerregierung gesetzten kw-Vermerke, die das Wegfallen der jeweiligen Stelle kennzeichnen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1702 4 Zur Stärkung der Wirtschaftsentwicklung insgesamt gibt es darüber hinaus eine Vielzahl weiterer Programme und Mittel wie z.B. die Leitmarkt- und Klimaschutzwettbewerbe und die Förderung des Breitbandausbaus. Ein deutlicher Mittelaufwuchs erfolgt im Bereich der Verkehrsinfrastruktur: Die Investitionen für den Ausbau der Landesstraßen steigen um rund 15 Prozent. Auch investiert die Landesregierung deutlich mehr als die Vorgängerregierung in den Erhalt und Neubau der Landesstraßen. Die Mittel für den Radwegebau werden verdoppelt.