LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1714 15.01.2018 Datum des Originals: 15.01.2018/Ausgegeben: 18.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 580 vom 28. November 2017 des Abgeordneten Frank Sundermann SPD Drucksache 17/1361 Windkraft in NRW – rechtliche Verlässlichkeit statt politischer Verhinderungskampagne Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Mitte-rechts Koalition in NRW hat in ihrem Koalitionsvertrag der Windkraft in NRW den Kampf angesagt und das politische Ziel ausgegeben, den Windkraftausbau weitgehend zum Erliegen zu bringen. Aus dem Ziel, die für Windkraft nutzbare Gesamtfläche um 80% zu reduzieren, leitet die Landesregierung verschiedenen Verhinderungsmaßnahmen ab, mit der die Ausweisung neuer Flächen und die Genehmigung neuer Windkraftprojekte zurückgefahren und bereits angelaufene Projekte noch in die Unwirtschaftlichkeit gedrängt werden sollen. Zu diesen Maßnahmen gehört der erklärte Wille, einen Mindestabstand von 1500 Metern von Windkraftanalgen zur Wohnbebauung rechtssicher umsetzen zu wollen, ebenso wie das Ziel, auf Bundesebene die Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich –insbesondere in Waldgebieten aufheben zu wollen. Die Ankündigungen der regierungstragenden Fraktionen haben bereits in einer Vielzahl von Kommunen aber auch in mehreren Regionalplanungsgremien zu Unsicherheiten und Konflikten geführt. Offenbar nutzen lokale Vertreter der Regierungsparteien CDU und FDP schon die politische Ankündigung etwa des rechtlich fragwürdigen Mindestabstandes, um laufende Planungsprozesse zu behindern. Im Regierungsbezirk Arnsberg ist auf Antrag der CDU sogar die nach geltendem Recht gebotene textliche und zeichnerische Festlegung von Zielen und Grundsätzen der Windenergienutzung unterblieben. Gleichzeitig hat die Landesregierung wiederholt erklärt, vor allem durch das sog. Repowering, also über den Ersatz bestehender Anlagen durch höhere, größere und damit leistungsfähigere Windkraftanlagen, noch erhebliches Steigerungspotenzial bei der Erzeugungskapazität von Windkraft erreichen zu wollen. Die Landesregierung hat den Entwurf für einen neuen Windkrafterlass vorgelegt. Dieser enthält keine wesentlichen Neuerungen und trägt auch nicht zur Klarstellung der oben genannten Unsicherheiten bei. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1714 2 Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 580 mit Schreiben vom 15. Januar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Welche rechtliche Wirkung entfaltet die Aufführung eines Rechenbeispiels für einen Abstand von 1500 Metern zwischen Windenergieanlagen und allgemeiner Wohnbebauung, wie sie im derzeitigen Entwurf des Windkrafterlasses vorgesehen ist? Der Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner vor Geräuschen von Windenergieanlagen (WEA) wird durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in Verbindung mit der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) gewährleistet. Die TA Lärm enthält u.a. Immissionsrichtwerte, die beim Bau und Betrieb von WEA einzuhalten sind, und aus denen sich die Abstände ergeben. Das Umweltministerium hat aktuell am 29.11.2017 die neuen Hinweise der Bund/Länder- Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) zum Schallimmissionsschutz bei Windenergieanlagen per Erlass eingeführt. Basis der künftigen Schallprognoseberechnung liefert das sog. "Interimsverfahren". Dieses Verfahren wurde auch bereits in dem Fallbeispiel im aktuellen Entwurf des Windenergie-Erlasses angewandt. 2. Wie viel Fläche für Windenergieanlagen fallen auf Basis des Windkrafterlasses weg (bitte in % der für Windkraft verfügbaren Gesamtfläche in NRW angeben)? 4. Mit welchen über den Windkrafterlass hinausgehenden weiteren Maßnahmen will die Landesregierung ihr Ziel, die für Windkraft verfügbare Gesamtfläche in NRW um 80% zu reduzieren, verfolgen (bitte nach landes- und bundespolitischen Initiativen getrennt aufführen)? Die Fragen 2 und 4 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Landesregierung verfolgt nicht das Ziel, die für die Windkraft verfügbare Gesamtfläche in Nordrhein-Westfalen um 80 % zu reduzieren. Da jedoch der Ausbau der Windenergie auf zunehmende Vorbehalte in der Bevölkerung stößt, soll vielmehr beim weiteren Ausbau der Windenergie insbesondere ein angemessener Anwohner-, Landschafts- und Naturschutz sowie Schutz von Bestandsanlagen sichergestellt, ebenso wie die Unterstützung des Repowerings und die Stärkung kommunaler Planungshoheit ermöglicht werden. Das Ziel des Koalitionsvertrages, für einen akzeptanzgesicherten Windenergie-Ausbau zu sorgen, wird mehrstufig umgesetzt. Dazu gehören die Neufassung des Windenergie-Erlasses und die Änderung des nordrhein-westfälischen Landesentwicklungsplans sowie Initiativen zur Änderung bundesgesetzlicher Regelungen. Der Koalitionsvertrag legt großen Wert auf die Rechtssicherheit der beabsichtigten Maßnahmen der Landesregierung zur besseren Gestaltung des Windenergieausbaus. Die „Potentialstudie Erneuerbare Energien NRW, Teil 1 – Windenergie“ liefert die Zusammenfassung aller verfügbaren Daten zu Raumnutzung und zu Winderträgen in Nordrhein-Westfalen und die auf dieser Basis abgeleiteten Potentiale. Die Studie wird aktuell fortgeschrieben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1714 3 3. Wie gedenkt die Landesregierung für die Einhaltung landesrechtlicher Regelungen zur Windenergienutzung im Bereich der Regionalplanung wie z.B. im Regierungsbezirk Arnsberg zu sorgen? Der gültige Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) ist seit dem 8. Februar 2017 in Kraft. Der LEP enthält textliche Festlegungen zur Windenergienutzung, die unter anderem regeln, dass in den Regionalplänen – proportional zum jeweiligen regionalen Potenzial – Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie festzulegen sind. Am 19. Dezember 2017 hat die Landesregierung das Scopingverfahren für eine entsprechende Änderung des LEP beschlossen. Vorgaben der LEP-Änderung entfalten im Verfahren die Rechtswirkung von In-Aufstellungbefindlichen Zielen der Raumordnung, wenn das Landeskabinett den Entwurf gebilligt hat und das zur Aufstellung erforderliche Beteiligungsverfahren beschlossen hat. In Aufstellung befindliche Ziele sind dann als sonstige Erfordernisse der Raumordnung (öffentlicher Belang) von öffentlichen Stellen, somit auch von den Regionalplanungsbehörden, bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen als Belange in der Abwägung oder bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Regionalpläne sind den rechtskräftig geänderten und neuen Zielen der Raumordnung im Landesentwicklungsplan anzupassen. 5. Auf Basis welcher Annahmen und Berechnungen einschl. der notwendigen Genehmigungsverfahren kommen die von der Landesregierung in Aussicht gestellten Potentiale des Repowering im Bereich der Windkraft zustande (bitte mit Rechenbeispielen anschaulich darlegen)? Nach vorliegenden Daten fallen bis zum Jahr 2022 in Nordrhein-Westfalen rund 1.200 MW installierte Windenergieleistung aus der EEG-Vergütung, die durch drei- bis viermal leistungsfähigere Anlagen ersetzt werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder Standort einer Altanlage für eine größere Neuanlage nutzbar ist.