LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1728 16.01.2018 Datum des Originals: 16.01.2018/Ausgegeben: 19.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 653 vom 4. Dezember 2017 des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD Drucksache 17/1573 Süchte und deren epidemiologischen Folgen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Es gibt viele diverse Drogen mit den unterschiedlichsten Wirkungen. Eines haben aber alle Drogen gemeinsam, sie sind gesundheitsgefährdend und führen im schlimmsten Falle zum Tod des Konsumenten. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 653 mit Schreiben vom 16. Januar 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Suchtkranke wurden im letzten Jahr in NRW behandelt? Bitte aufschlüsseln nach Suchtursache. Informationen zu ärztlichen Behandlungen von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen und sonstige Behandlungen aufgrund von Suchtmittelkonsum (z.B. Intoxikationen) können der Krankenhausdiagnose-Statistik und der Statistik der Behandlungsdiagnosen der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe entnommen werden. Die Krankenhausdiagnose-Statistik umfasst alle im Laufe des Berichtsjahrs entlassenen vollstationär behandelten Patientinnen und Patienten. Personen, die mehrfach innerhalb eines Jahres zur Behandlung aufgenommen wurden, werden auch mehrfach erfasst. Die Statistik der Behandlungsdiagnosen der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe umfasst nur ambulante Behandlungen gesetzlich Versicherter. Wiederholte Behandlungen innerhalb eines Jahres werden nur einfach gezählt. Zahlen zu den Ambulanten Behandlungsdiagnosen liegen bisher nur für das Jahr 2015 vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1728 2 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen sind in den ICD-10- Codes F10 bis F19 klassifiziert: ICD 10 Stationäre Behandlungen Fallzahlen 2016 Ambulante Behandlungen Fallzahlen 2015 F10. Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol 72.638 215.485 F11. Psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide 12.247 39.219 F12. Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide 3.987 27.432 F13. Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika 2.437 34.237 F14. Psychische und Verhaltensstörungen durch Kokain 924 4.534 F15. Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein 2.016 8.610 F16. Psychische und Verhaltensstörungen durch Halluzinogene 98 1.369 F17. Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak 25 830.926 F18. Psychische und Verhaltensstörungen durch flüchtige Lösungsmittel 37 346 F19. Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen 7.792 61.965 Darüber hinaus wurden in den Einrichtungen der ambulanten Suchthilfe in Nordrhein- Westfalen im Jahr 2016 insgesamt 96.291 einzelne Betreuungen dokumentiert. Bei 37 % der Betreuungen steht eine Alkoholabhängigkeit, bei 29 % eine Opioidabhängigkeit und bei 17 % ein problematischer oder abhängiger Cannabiskonsum im Mittelpunkt der Betreuung. 6 % der Betreuungen werden aufgrund eines pathologischen Glücksspielverhaltens und 5 % wegen des problematischen Gebrauchs von Stimulantien in Anspruch genommen. Alle anderen Suchtprobleme machen jeweils Anteile bis zu 2 % aus (Monitoring der ambulanten Sucht- und Drogenhilfe in Nordrhein-Westfalen, Veröffentlichung für Frühjahr 2018 vorgesehen). Aus den genannten Fall- bzw. Betreuungszahlen eine Gesamtzahl der behandelten bzw. betreuten Menschen mit Suchterkrankungen zu errechnen, ist nicht möglich, da die Erhebung fallbezogen erfolgt und daher Hilfesuchende bei wiederholter Inanspruchnahme auch mehrfach erfasst werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1728 3 2. Wie viele Konsumenten sind in Folge ihres Drogenkonsums im vergangenen Jahr gestorben? Bitte aufschlüsseln nach Suchtursache. Zur Ermittlung der Menschen, die aufgrund des Konsums von Rauschmitteln gestorben sind, liefert die Todesursachenstatistik einen Anhaltspunkt. Grundlage ist die von den Ärzten und Ärztinnen ausgestellte Todesbescheinigung, auf der die Krankheiten, welche zum Tode geführt haben, aufgelistet sind. Aus der Todesursachenstatistik liegen derzeit nur Zahlen für das Jahr 2015 vor. ICD 10 Todesursachenstatistik Fallzahlen 2015 F10. Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol 1.184 F11. Psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide 35 F12. Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide 0 F13. Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika 2 F14. Psychische und Verhaltensstörungen durch Kokain 2 F15. Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein 2 F16. Psychische und Verhaltensstörungen durch Halluzinogene 1 F17. Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak 4 F18. Psychische und Verhaltensstörungen durch flüchtige Lösungsmittel 0 F19. Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen 150 Ergänzend können die Angaben des Bundeslagebilds Rauschgiftkriminalität des Bundeskriminalamts herangezogen werden. Dort werden für das Jahr 2016 für Nordrhein- Westfalen 204 Rauschgifttote ausgewiesen. Unter Rauschgiften sind in dieser Datenquelle alle Suchtstoffe gemäß den Anlagen des deutschen Betäubungsmittelgesetzes zu verstehen. 3. Wie viele Konsumenten legaler Suchtmittel waren in den letzten beiden Jahren in ärztlicher Behandlung? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1728 4 4. Wie hoch sind die jährlichen Kosten durch legale Suchtmittel für NRW? Die jährlichen Kosten durch den Konsum legaler Suchtmittel liegen weder für Nordrhein- Westfalen noch bundesweit vor. Neben den Behandlungskosten müssten hierzu u.a. die indirekten Kosten der Konsumierenden und die Kosten für Schäden Dritter durch Tabak-, Alkohol- und Medikamentenkonsum ermittelt werden. 5. Welche Beratungs- und Präventionsmaßnahmen strengt die Regierung an? Die Beratung und Behandlung von Menschen mit Suchterkrankungen ist in NRW flächendeckend ausgebaut. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt die Präventions- und Hilfeangebote der kommunalen Suchthilfeeinrichtungen mit 9,3 Mio. € in Form von fachbezogenen Pauschalen. Darüber hinaus fördert das Land im Rahmen des Aktionsplans gegen Sucht NRW innovative Projekte zur Weiterentwicklung der Suchthilfe. Wesentliches Ziel ist es, die sektorenübergreifende Vernetzung der Hilfesysteme voranzubringen und die differenzierten Angebote fachlich-inhaltlich wie auch strukturell weiterzuentwickeln, damit suchtgefährdete und suchtkranke Menschen die Hilfen erhalten, die sie benötigen. Die Maßnahmen zur Umsetzung des Aktionsplans umfassen neben der modellhaften Erprobung neuer evidenzbasierter Präventions- und Hilfeansätze auf Landesebene vor allem die Initiierung und zielgerichtete Fortführung von Strukturentwicklungsprozessen im Rahmen der kommunalen Suchthilfeplanung mit ihren Schnittstellen insbesondere zu Jugendhilfe und Schule, Altenhilfe und Pflege sowie Behindertenhilfe, aber auch zu den Bereichen Akutversorgung, Rehabilitation und Nachsorge sowie Vermittlung in den Arbeitsprozess. Die Suchtprävention in Nordrhein-Westfalen ist langfristig angelegt und eine anerkannt wichtige Aufgabe im Bereich der Gesundheitsförderung. So wird die bereits seit 1991 laufende Landeskampagne „Sucht hat immer eine Geschichte“ mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten und vielfältigen Maßnahmen sowie den örtlichen Aktionstagen als Kernstück der nordrhein-westfälischen Strategie zur Suchtvorbeugung fortgesetzt und weiterentwickelt. Neben dem bereits laufenden Ausbau bewährter Maßnahmen ist u.a. vorgesehen, die zielgruppenspezifische Alkohol-prävention weiterzuentwickeln, um suchtgefährdete Menschen besser zu erreichen. Es sollen vermehrt junge Erwachsene in den Blick genommen werden, da dies die Altersgruppe ist, die am häufigsten riskanten Alkoholkonsum aufweist. Zudem wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 598 (Drucksache 17/1627) verwiesen.