LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1831 24.01.2018 Datum des Originals: 24.01.2018/Ausgegeben: 29.01.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 669 vom 22. Dezember 2017 des Abgeordneten Matthi Bolte-Richter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNE Drucksache 17/1607 Gilt der Datenschutz auch für Amazon-Mitarbeiter? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der NDR berichtete1 in der vergangenen Woche über mutmaßliche Verstöße gegen Datenschutzrechte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einem Logistikzentrum im niedersächsischen Winsen an der Luhe. Laut den Rechercheergebnissen findet dort eine vollständige Überwachung nicht nur der Warenflüsse statt, sondern auch eine nahezu vollständige Kontrolle der Tätigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hierbei komme neben einer Tätigkeitskontrolle durch das Warenwirtschaftssystem insbesondere auch eine umfangreiche Videoüberwachung zum Einsatz. Die Autoren des Berichts berichten: „Ich entdecke Dutzende Kameras - in den Gängen, im Arbeitsbereich. Sogar in den Spindräumen für die Arbeiter hängen Kameras.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlten sich, so der Bericht, umfassend überwacht. Vor diesem Hintergrund wird die Verhältnismäßigkeit der Überwachung in Frage gestellt. Dadurch würden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Objekt, das nicht mehr wisse, wann welche Daten gesammelt und gespeichert würden. Dies führe, so der zitierte Arbeitsjurist, „zu einem Anpassungsdruck - psychischem Anpassungsdruck - und dieser ist rechtlich nicht zulässig“. Die Niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte hat aufgrund der NDR-Recherchen ein Prüfverfahren eingeleitet, um einen möglichen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu ermitteln. In Nordrhein-Westfalen unterhält Amazon vergleichbare Logistikzentren in Rheinberg, Dortmund und Werne. 1 https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Amazon-Verstoesse-gegen- Mitarbeiterrechte,amazon278.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1831 2 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 669 mit Schreiben vom 24. Januar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1. Sind der Landesregierung die gleichen oder vergleichbare Überwachungspraktiken auch in den Amazon-Logistikzentren in Nordrhein- Westfalen bekannt? 2. Wenn ja: Wie beurteilt die Landesregierung diese und die im zitierten Bericht des NDR dargestellten Überwachungs-praktiken in datenschutzrechtlicher Hinsicht? 3. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung gegen die Überwachungspraktiken in den Amazon-Logistikzentren in Nordrhein-Westfalen, sollten sie dieselben wie in Niedersachsen sein oder mit diesen vergleichbar sein? Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung sind bisher keine vergleichbaren Überprüfungspraktiken in den Amazon- Logistikzentren in Nordrhein-Westfalen bekannt. Nach Kenntnis der Landesregierung verfügen zwei Amazon-Logistik-zentren in Nordrhein- Westfalen (Standort Werne und Rheinberg) über Betriebsräte. Beschäftigtendatenschutz ist nach Betriebsverfassungs-gesetz § 87 Abs. 1 Nr. 6 und § 94 mitbestimmungsrelevant. Die Aufsicht über die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften obliegt in Nordrhein- Westfalen der unabhängigen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI). Auf Nachfrage bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen wurde von dort mitgeteilt, dass diese den in Niedersachsen bekannt gewordenen Sachverhalt im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches aufgegriffen habe; die Aufklärung des Sachverhalts sei noch nicht abgeschlossen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gelte selbstverständlich auch am Arbeitsplatz. Das bedeute, Arbeitgeber dürften Beschäftigtendaten grundsätzlich nur erheben, verarbeiten und nutzen, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage bestehe und soweit die beabsichtigte Maßnahme erforderlich sei. Eine anlasslose und unbegrenzte Überwachung von Beschäftigten sei nicht verhältnismäßig und damit unzulässig. Es bedürfe insoweit einer Prüfung im Einzelfall. 4. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung auf Bundes- und Landesebene zur Verbesserung des Beschäftigtendatenschutzes? Die Landesregierung führt aktuell die Anpassung des nordrhein-westfälischen Datenschutzrechts an die ab dem 25. Mai 2018 geltende Datenschutzgrundverordnung durch. Der Beschäftigtendatenschutz ist allgemein datenschutzrechtlich bisher im § 32 Bundesdatenschutz-gesetz und künftig im § 26 Bundesdatenschutzgesetz neu geregelt. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt. Als Aufsichtsbehörde wird die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit die Einhaltung der datenschutzrechtlichen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1831 3 Bestimmungen auch weiterhin überwachen. Sie bleibt eine von der Landesregierung unabhängige Landesbehörde und erhält umfangreichere Befugnisse und Sanktionsmöglichkeiten. Die Landesregierung wird sich bei der vom Bund angekündigten näheren Regelung des Beschäftigtendatenschutzes zur Anpassung an die digitalisierte Arbeitswelt einbringen.