LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1863 31.01.2018 Datum des Originals: 30.01.2018/Ausgegeben: 05.02.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 659 vom 21. Dezember 2017 der Abgeordneten Ellen Stock SPD Drucksache 17/1592 Neubau der B 239 im Bereich der Stadt Lage (Lippe) Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Lippe, im Bereich der Stadt Lage, wird vom Landesbetrieb Straßen NRW der Neubau der B 239 vorbereitet. Die geplante Trasse führt durch Flusstäler, Hochwasserschutzgebiete, zerschneidet landwirtschaftliche Flächen. Sie versiegelt 52 ha Land und beansprucht weitere 94 ha von Vorrangflächen des Landschaftsschutzes. Als „zugrunde gelegte Notwendigkeit“ wird im Bundesverkehrswegeplan die "Schaffung einer großräumigen Verbindung vom Kreis Diepholz bis zum Weserbergland bei Höxter“ genannt. Im Bereich Lage kann laut BVWP auf eine erneute Linienbestimmung verzichtet werden. Begründung: Die „Linie [ist] weitgehend mit der 1967 bestimmten Linie identisch“. (vgl. Internetseite: http://b239n-neindanke.de/) Bereits jetzt, noch vor dem Planfeststellungsverfahren, formiert sich vor Ort massiver Widerstand gegen dieses Vorhaben (vgl. Lippische Landeszeitung vom 25./26. November 2017, S. 16). Die Kritiker führen vielfältige Gründe gegen den Neubau an: Ein Stück lippische Kultur- und Naturlandschaft und einzigartiger Lebensraum für viele seltene Tiere und Pflanzen würde unwiederbringlich zerstört. Zahlreiche Arten, die entgegen dem Bundestrend hier z.T. sogar noch zugenommen haben, wären stark gefährdet und bedroht (u.a. Wasseramsel, Eisvogel, Nachtigall, Gebirgsstelze, Europäischer Flusskrebs, Bachneunauge, Fadenmolch, Teichmolch, Bergmolch, Wasserspitzmaus, Zwergmaus, Zauneidechse, Hermelin, 6 versch. Fledermausarten, Helmazurjungfer). Eine der größten, erfolgreichsten und weit über die Region hinaus bekannten Umweltbildungseinrichtungen, das Umweltzentrum Heerser Mühle, ist durch den geplanten Neubau in ihrem Bestand nachhaltig gefährdet. Die aktuelle Planung bedeutet zudem einen massiven Eingriff in den europaweit besonders sensiblen und streng geschützten Flussauenbereich (Stichwort EU- Wasserrahmenrichtlinie). Der von dem Neubau betroffene Bereich spielt derzeit als LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1863 2 Naherholungsgebiet eine große Rolle und wäre quasi zerstört. Letztendlich wäre eines der beliebtesten Ausflugsziele in der Region mit ca. 40.000 Besuchern jährlich nachhaltig negativ betroffen. Durch den massiven Ausbau und die damit verbundene Verkehrszunahme wird außerdem die Schadstoffbelastung in der Kurstadt Bad Salzuflen stark ansteigen. Der innerörtliche Verkehr in Bad Salzuflen und Lage sowie der Fußgänger- und Radverkehr und somit die Sicherheit der Bürgerinnen wurden bei der Planung überhaupt nicht berücksichtigt. Der stark reduzierte Zugang zur B 239 bedeutet eine Zunahme des innerörtlichen Verkehrs. Ganze Ortsteile werden darüber hinaus massiv zerschnitten oder sogar abgebunden. Für einige traditionsreiche Wirtschaftsbetriebe und Geschäfte in Bad Salzuflen und Lage hätte der so geplante Ausbau teils massive Einbußen zur Folge. (vgl. Resolution: https://www.heerser-muehle.de/resolution-heimat-erhalten-natur-undumwelt -schuetzen-gegen-den-neubau-der-b-239-in-lippe/) Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 659 mit Schreiben vom 30. Januar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung den geplanten Neubau der B 239 im Bereich der Stadt Lage, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Streckenführung dort einer Empfehlung aus dem Jahr 1967 folgt, in dem nicht nur andere Umweltschutzvorstellungen herrschten, sondern auch völlig andere Gegebenheiten vor Ort? Die im Jahr 2004 abgeschlossene Umweltverträglichkeitsstudie hat die linienbestimmte Trasse im Wesentlichen bestätigt. Die notwendigen Änderungen erfordern keine neue Linienbestimmung. Im Ergebnis ergaben sich bei einer schutzgutübergreifenden Betrachtung keine Vorteile der untersuchten Alternativen zur linienbestimmten Trasse. Durch leichte Optimierungen konnte eine Querung bzw. Anschneidung vorhandener Naturschutzgebiete vermieden werden. 2. Wann ist mit der Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens zu rechnen? Die Disposition des Landesbetriebes Straßenbau Nordrhein-Westfalen sieht derzeit eine Einleitung der Planfeststellung für die B 239 OU Lage für Ende 2019 vor. 3. Welche Bedeutung misst die Landesregierung den oben beschriebenen Gründen gegen den Neubau bei - insbesondere aus Sicht des Umwelt- und Artenschutzes, des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung sowie der modernen Form der Verkehrsplanung? Der Planungsauftrag des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen sieht eine durchgehende Neuführung der B 239 mit Ausbaustrecken und Ortsumgehungen von der A 2 bis südlich Lage vor. Hier werden somit alle Ortslagen massiv entlastet. Es besteht für die Kommunen die Möglichkeit, die Straßen in den Ortslagen fahrrad- und fußgängerfreundlich umzugestalten und lokale Emissionsreduktionen zu erzielen. Im bevorstehenden Planfeststellungsverfahren wird die aktuelle und durch die Planung zu erwartende Umweltsituation, auch hinsichtlich des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1863 3 Gesundheitsschutzes der Bevölkerung sowie des Natur- und Artenschutzes eingehend geprüft werden. 4. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Landesregierung für den Neubau der B 239 mit der beschriebenen Streckenführung um die Stadt Lage? Siehe Antwort zu Frage 1. 5. Welche Priorität hat dieser Neubau für die Landesregierung im Vergleich zu anderen Neu- und Ausbauprojekten? Die B 239 OU Lage ist im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen im Vordringlichen Bedarf eingestuft. Damit besteht ein gesetzlicher Planungsauftrag des Landes für die Maßnahme. Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen arbeitet dementsprechend an der Realisierung der Maßnahme.