LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1936 13.02.2018 Datum des Originals: 09.02.2018/Ausgegeben: 16.02.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 706 vom 11. Januar 2018 der Abgeordneten Barbara Steffens BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1718 Wie problematisch sind biozidhaltige Schiffsanstriche für den Gewässerschutz in Nordrhein -Westfalen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Schiffsanstriche für Sportboote, sogenannte Antifouling-Beschichtungen, sind keine Beschichtungen im herkömmlichen Sinne sondern Biozidprodukte. Diese enthalten chemische Stoffe oder Mikroorganismen, die permanent ins Wasser abgegeben werden um dem Bewuchs von Bootsrümpfen vorzubeugen. Die Zulassung dieser biozidhaltigen Schiffsanstriche wird im Rahmen des europäischen Biozidrechts einem amtlichen Zulassungsverfahren unterzogen. Doch reale Risiken von Falschanwendungen durch sorglosen Umgang, Unfällen oder durch mögliche Kombinationseffekte von Gemischen bleiben bei der Zulassungsprüfung oftmals unberücksichtigt . Alle verfügbaren biozidhaltigen Unterwasserbeschichtungen enthalten für Wasserlebewesen giftige Wirkstoffe, gelten als umweltgefährlich und können auch für die menschliche Gesundheit ein Risiko darstellen. Verglichen mit der Berufsschifffahrt ist die im Sportbootbereich eingesetzte Menge an Wirkstoff relativ gering, dennoch kann hier von einer relevanten Umweltgefährdung ausgegangen werden, da Sportboote oft in höherer Anzahl vorkommen. Durch Wind und Wellen gelangen freigesetzte Antifouling-Wirkstoffe in die angrenzenden Wasserkörper von Seen und Flüssen. Besonders in abgeschlossenen Binnengewässern kann dies mangels Wasseraustausch zu hohen Belastungen führen. Durch das Inkrafttreten der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist die Sicherung beziehungsweise Entwicklung eines guten chemischen Zustands der Gewässer zentraler Bestandteil der Wasserschutzpolitik. Daher informiert nun das Niedersächsische Umweltministerium über die Handhabung von Antifouling-Mitteln bei Sportbooten und zeigt gleichzeitig umweltfreundliche Alternativen auf. Auch in Nordrhein-Westfalen möchten umweltbewusste Bootsbesitzer und Bootsbesitzerinnen auf biozidhaltige Antifouling-Systeme verzichten, doch oftmals fehlt es an Informationen und Beratungsangeboten, wie Umweltrisiken gemindert werden können . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1936 2 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 706 mit Schreiben vom 9. Februar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Die Information des niedersächsischen Umweltministeriums zeigt auf, dass Bootseigentümer und Bootseigentümerinnen nicht pauschal die stärksten Gifte in höchster Dosierung einsetzten müssen und auch viele biozidfreie Anstriche mittlerweile ebenso effektiv sind wie herkömmliche Produkte. Welche Beratungs- oder Informationsangebote bietet die nordrhein-westfälische Landes-regierung Bootsbesitzerinnen und Bootsbesitzern an, um die vermehrte Anwendung von umweltfreundlichen Schiffsanstrichen bei Sportbooten zu unterstützen? Das Umweltbundesamt bietet Bootsbesitzerinnen und Bootsbesitzern spezielle Informationsangebote an, um die vermehrte Anwendung von umweltfreundlichen Schiffsanstrichen bei Sportbooten zu unterstützen. Bei Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern verweisen die Behörden auf die vielfältigen Informationsangebote über die verantwortungsbewusste Verwendung von Biozidprodukten. Die Landesregierung sieht keinen darüber hinausgehenden Beratungsbedarf. 2. Wie werden die bestehenden Auflagen zur Anwendung von biozidhaltigen Schiffsanstrichen in Nordrhein-Westfalen durch die zuständige Landesbehörde kontrolliert ? 3. Sieht die Landesregierung konkreten Handlungsbedarf, die Anwendungsauflagen für Schiffsanstriche bei Sportbooten zugunsten des Gewässerschutzes zu verändern ? 4. Welchen Änderungsbedarf sieht die Landesregierung bei der Produkt- bzw. Vermarktungsüberwachung von biozidhaltigen Antifoulingsystemen für Sportboote? 5. Welchen Überarbeitungsbedarf erkennt die Landesregierung bezüglich der Zulassungsverfahren von biozidhaltigen Schiffsanstrichen? Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 bis 5 gemeinsam beantwortet. Derzeit gibt es für Antifoulingprodukte noch keine biozidrechtlichen Zulassungen für Deutschland . Die momentan verkehrsfähigen Antifou-lingsysteme unterliegen Übergangsregelungen des Biozidrechts. In den Genehmigungen für Wirkstoffe, die aufgrund von Übergangs-bestimmungen der EU-Biozidverordnung derzeit vermarktet werden können, sind verwendungsspezifische Bedingungen festgelegt worden. Sofern Anhaltspunkte vorliegen, dass gegen diese Verwendungs-bedingungen der Wirkstoffgenehmigung verstoßen wird, wird dies von den für Chemikaliensicherheit zuständigen Behörden überprüft. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1936 3 Bei der Entscheidung über (mögliche) Zulassungen von Antifouling-produkten wird aufgrund einer detaillierten Risikobewertung für jedes einzelne Biozidprodukt festgelegt, welche Auflagen notwendig sind, um Risiken für Mensch und Umwelt (das heißt auch für Gewässer) zu minimieren. Hierfür sind vom Antragsteller für das individuelle Biozid-produkt erstellte Antragsunterlagen Grundlage der Bewertung. Da momentan noch keine Zulassungen für Antifoulingprodukte erteilt worden sind, sieht die Landesregierung keinen Änderungs- oder Überarbeitungsbedarf . Zudem fehlen bundesweit für die Antifouling-Produkte (wie auch für andere Biozidprodukte) gesicherte Erkenntnisse über das Ausmaß der Umweltbelastungen. Das Umweltbundesamt (UBA) schlägt daher ein bundesweites abgestimmtes Biozid-Monitoring (inkl. Häfen) vor. Dies wird derzeit von den zuständigen Länderbehörden auf Bundesebene diskutiert. Falls dies auf Bundesebene für notwendig erachtet wird, wird sich Nordrhein-Westfalen an diesem Monitoring beteiligen, ggf. bei Bedarf ein eigenes Monitoring starten. Die Diskussionsergebnisse auf Bundesebene werden abgewartet.