LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2009 21.02.2018 Datum des Originals: 21.02.2018/Ausgegeben: 26.02.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 745 vom 26. Januar 2018 der Abgeordneten Garbriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/1849 Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut einer Handreichung des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) gibt es derzeit in Nordrhein-Westfalen ein abgestuftes Verfahren zur Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA). Sofern Ausweispapiere vorliegen, sind diese zur Grundlage der Altersfeststellung zu machen. Sollten keine eindeutigen Ausweispapiere vorliegen, ist mittels qualifizierter Inaugenscheinnahme das Alter einzuschätzen. Bestehen nach Ermessen des Jugendamts weiterhin Zweifel an der Minderjährigkeit, ist eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen. Diese Untersuchung bedarf der Zustimmung der Jugendlichen und ihrer Vertreter. Im Saarland hat man die medizinische Altersuntersuchung in allen zweifelhaften Fällen zur Pflicht gemacht, den Jugendämtern hat man diese Aufgabe entzogen. In einem mehrtägigen Verfahren werden Zweifelsfälle von verschiedenen Fachleuten begutachtet. Dabei zeigt sich, dass rund die Hälfte der Kandidaten falsche Angaben macht. Laut Informationen des Bayerischen Rundfunks geht man in Schweden seit Mitte März 2017 einen strikteren Weg. „Hier wird das Alter von unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen systematisch überprüft. Das Amt für Rechtsmedizin testete innerhalb eines halben Jahres fast 2.500 Personen. Mehr als 80 Prozent von ihnen erklärte man für volljährig. Methode der Wahl ist eine Kombination aus Röntgen der Weisheitszähne und eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Kniegelenke.“ 1 In Nordrhein-Westfalen glaubt man auch im Zweifel den vorgeblich jugendlichen Migranten. 1 https://www.br.de/nachrichten/so-laufen-alterstests-fuer-fluechtlinge-100.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2009 2 Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 745 mit Schreiben vom 21. Februar 2018 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die mit der Kleinen Anfrage implizit vorgenommene Bewertung, dass es eine mangelhafte Praxis der nordrhein-westfälischen Jugendämter bei der behördlichen Altersfeststellung nach § 42f SGB VIII gibt, wird seitens der Landesregierung nicht geteilt. Auch wenn keine landesweiten Daten vorliegen ist festzustellen, dass bei einem nicht unerheblichen Teil von Personen, die vorgeben minderjährig zu sein, im Rahmen des behördlichen Verfahrens zur Altersfeststellung Volljährigkeit angenommen und in der Folge die Inobhutnahme abgelehnt wird. Nach allgemeinen Erkenntnissen der Landesregierung erfolgen diese Ablehnungen im Übrigen bereits überwiegend vor einer medizinischen Untersuchung als Ergebnis der qualifizierten Inaugenscheinnahme. 1. In wie vielen Fällen wurde in NRW in den Jahren 2016 und 2017 eine medizinische Überprüfung der Altersangaben durch Jugendämter im Rahmen der Altersfeststellung veranlasst? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr und b) Ort) 2. In wie vielen Fällen ist in NRW, in den Jahren 2016 und 2017, nach einer medizinischen Überprüfung der Altersangaben die Alterstfeststellung abweichend von den Angaben erfolgt? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr und b) Größenordnung der wahrscheinlichen Abweichung in Jahren) 3. Wie viele Fälle von nachträglichen Korrekturen der Altersfeststellungen sind der Landesregierung bekannt, zum Beispiel nach Hinweisen von Ärzten, die im Rahmen von Behandlungen zu einem anderen Ergebnis kamen, und die dem zuständigen Jungendamt gemeldet haben? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr, b) Ort und c) Größenordnung der wahrscheinlichen Abweichung in Jahren) 4. In wie vielen Fällen wurden medizinische Untersuchungen von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) abgelehnt? Die Fragen 1 bis 4 werden zusammenhängend beantwortet: Eine statistische Meldung der angewandten Methoden im Rahmen des behördlichen Verfahrens zur Altersfeststellung ist bundesgesetzlich nicht vorgesehen. Insoweit liegen in Nordrhein- Westfalen dazu keine landesweiten Daten vor. 5. Welche Konsequenz auf das Asylverfahren hatten Ablehnungen einer medizinischen Untersuchung durch unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA)? Ablehnungen medizinischer Untersuchungen haben zunächst Auswirkungen auf die weiteren jugendhilferechtlichen Schritte. Das Jugendamt entscheidet nach Würdigung aller Umstände, ob eine Inobhutnahme erfolgt oder diese aufgrund der Annahme von Volljährigkeit abgelehnt wird. Die in der Folge festgestellte Voll- bzw. Minderjährigkeit hat Auswirkungen auf die Unterbringung des Ausländers. Daran knüpfen auch die Auswirkungen im Asylverfahren an, das durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt wird (z.B. Fähigkeit zur LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2009 3 Vornahme von Verfahrenshandlungen, Anhörung Minderjähriger durch besonders geschulte Personen,).