LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2030 26.02.2018 Datum des Originals: 26.02.2018/Ausgegeben: 01.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 748 vom 29. Januar 2018 des Abgeordneten Matthi Bolte-Richter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1852 Setzt die Landesregierung bei der Studienakkreditierungsverordnung bloß die Musterverordnung der Länder um und engagiert sich darüber hinaus nicht für Verbesserungen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundesverfassungsgericht bewertete mit seiner Entscheidung vom 17. Februar 2016 (1 BvL 8/10) die Regelungen über die Akkreditierung von Studiengängen des Landes Nordrhein-Westfalen in den Fassungen von 2006 und 2014 in Teilen als mit dem Grundgesetz unvereinbar. Dem Landesgesetzgeber wurde aufgetragen bis zum 1. Januar 2018 verfassungskonforme Regelungen zu treffen. Wie das BVerfG richtig feststellte, waren in Folge seiner Entscheidung länderübergreifende Absprachen notwendig. Diesem Abstimmungsbedarf kam die Kultusministerkonferenz nach und legte im Dezember 2016 den „Entwurf eines Staatsvertrages über die Organisation eines gemeinsamen Akkreditierungssystems zur Qualitätssicherung in Studium und Lehre an deutschen Hochschulen (Studienakkreditierungsstaatsvertrag)“ vor. Die Unterzeichnung des Staatsvertrags erfolgte im Juni 2017. Am 11. Oktober verabschiedete der Landtag einstimmig ein entsprechendes Umsetzungsgesetz (Drucksache 17/494). Die Kultusministerkonferenz hat daraufhin am 7. Dezember 2017 eine Musterrechtsverordnung beschlossen, anhand derer die Länder ihre Rechtsverordnungen gemäß Art. 4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag entwerfen können. Auf meine Berichtsanfrage zum beabsichtigten Zeitpunkt, zu den Inhalten und den nicht enthaltenen Punkten sowie zur Beteiligung des Landtags an der Erarbeitung der NRW- Studienakkreditierungsverordnung antwortete die Landesregierung vollkommen unzureichend. Der Bericht der Landesregierung (Vorlage 17/420) beantwortete explizit nur die erste Frage nach dem Zeitpunkt des Erlasses: Januar 2018. Implizit wurde damit die zweite Frage beantwortet: sie beabsichtigt in keiner Weise die Verordnung zuvor dem Landtag LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2030 2 vorzulegen und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Die dritte und vierte Frage beantwortete die Landesregierung nicht. Wenn die Verordnung bereits in diesem Monat erlassen werden soll, dann heißt das auch, dass der Landesregierung bereits sehr klar ist, was die Inhalte und die nicht enthaltenen Punkte sein sollen. Auch die mündlichen Ausführungen der zuständigen Ministerin in der Sitzung des Wissenschaftsausschusses vom 10. Januar 2018 haben die Fragen nach den Inhalten nicht beantwortet. Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 748 mit Schreiben vom 26. Februar 2018 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 17. Februar 2016 die rechtlichen Anforderungen an das Akkreditierungssystem als Qualitätssicherungsinstrument im Hochschulbereich definiert. Mit dem Studienakkreditierungsstaatsvertrag ist die Rechtsgrundlage hinsichtlich der inhaltlichen sowie der verfahrens- und organisationsbezogenen Anforderungen an die Akkreditierung als verbindliches wissenschaftsgeleitetes externes Verfahren für die Qualitätssicherung und –entwicklung in der Lehre geschaffen worden. Darüber hinaus hat das Gericht auch förmlichen Regelungsbedarf u.a. hinsichtlich der wissenschaftsadäquaten Zusammensetzung der Akteure sowie der Verfahren festgestellt. Dementsprechend enthält der Studienakkreditierungsstaatsvertrag in Artikel 4 eine Ermächtigung für Rechtsverordnungen der Länder zur Regelung des Näheren zu den formalen und fachlich inhaltlichen Kriterien, den Verfahren zur System- und Programmakkreditierung sowie zu alternativen Verfahren gemäß Artikel 3 Absatz 1 Nr. 3 Studienakkreditierungsstaatsvertrag. Auf dieser Grundlage regelt die Musterrechtsverordnung die ländergemeinsamen Anforderungen an die unabdingbaren strukturellen und qualitativen Maßstäbe für die Akkreditierung, die zur Sicherung der sich aus Artikel 1 Absatz 2 Studienakkreditierungsstaatsvertrag ergebenden Verpflichtung der Länder, die Gleichwertigkeit einander entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüsse und die Möglichkeit des Hochschulwechsels zu gewährleisten, erforderlich sind. Artikel 4 Absatz 6 Studienakkreditierungsstaatsvertrag sieht dabei vor, dass die Rechtsverordnungen im Hinblick auf die formalen und fachlich inhaltlichen Kriterien sowie zu den Verfahren grundsätzlich einheitlich zu gestalten sind. Die Regelungen zu den alternativen Verfahren (Artikel 4 Absatz 4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag) eröffnen dagegen Raum für landesspezifische Bestimmungen. Die Rechtsverordnungen der Länder sind unabdingbare Voraussetzung für die Durchführung der Akkreditierungsverfahren entsprechend dem Staatsvertrag. Insofern bedurfte es einer möglichst raschen Umsetzung der Musterrechtsverordnung in Landesrecht. Auf dieser Grundlage wurde die Verordnung zur Regelung des Näheren der Studienakkreditierung in Nordrhein-Westfalen (Studienakkreditierungsverordnung) vom 25. Januar 2018 erlassen. Die Veröffentlichung erfolgte im Gesetz- und Verordnungsblatt (GV.NRW.97/98). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2030 3 Den Regelungen liegen die einschlägigen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz zum Bachelor- und Mastersystem und zur Qualitätssicherung durch Akkreditierung, insbesondere die ländergemeinsamen Strukturvorgaben, die bestehenden Regeln für die Akkreditierung des Akkreditierungsrates, Vorschläge seiner Arbeitsgruppe „Regelüberarbeitung“ sowie die Standards und Leitlinien für die Qualitätssicherung im Europäischen Hochschulraum (ESG) zugrunde. Dabei wurde jedoch auch die Gelegenheit genutzt, die Verfahren auf der Basis der bisherigen Erfahrungen mit der Akkreditierung weiter zu flexibilisieren und zu optimieren, um damit auch einen Beitrag zur Kostenreduzierung sowie zum Abbau von Bürokratie zu leisten. Eingeflossen sind darüber hinaus die Ergebnisse von Anhörungen mit Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulrektorenkonferenz, des Akkreditierungsrates, der Agenturen, des Verbandes Privater Hochschulen, der Studierenden sowie der Schulseite. Die Kultusministerkonferenz hat sich bei der Erarbeitung der Musterrechtsverordnung – unter der Federführung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft - von dem im Studienakkreditierungsstaatsvertrag verankerten Grundsatz leiten lassen, dass Sicherung und Entwicklung der Qualität von Studium und Lehre vorrangig Aufgabe der Hochschulen sind. Die Kultusministerkonferenz geht davon aus, dass die Hochschulen selbstverantwortlich und flächendeckend die Qualität des Studiums bei der Gestaltung ihrer Studiengänge in den Mittelpunkt stellen. Die erlassene Verordnung soll die Einheitlichkeit der Handhabung im Rahmen der Akkreditierung gewährleisten und die Zielsetzung des Staatsvertrages - Gleichwertigkeit einander entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen und –abschlüsse und damit die Sicherung der studentischen Mobilität - nicht durch eine divergierende Praxis gefährden. Die Studienakkreditierungsverordnung enthält Gestaltungsspielräume durch eine Vielzahl von Kann- oder Sollbestimmungen; deren Wahrnehmung erfordert allerdings eine nachvollziehbare Begründung durch die Hochschulen, die im Rahmen der Akkreditierung der Studiengänge bzw. in den entsprechenden Prozessen der internen Qualitätssicherung darzulegen und nachzuprüfen ist. 1. Welche Punkte des Beschlusses des Landtags „System zur Akkreditierung von Studiengängen auf sichere Rechtsgrundlage stellen und weiterentwickeln“ vom 7. April 2017 (Drucksache 16/14660) wird die Landesregierung im Rahmen der Studienakkreditierungsverordnung umsetzen? 2. Insofern Punkte des zuvor genannten Beschlusses von der Landesregierung nicht im Rahmen der Studienakkreditierungsverordnung umgesetzt werden: wie sollen diese Punkte stattdessen umgesetzt werden? (Bitte zu jedem einzelnen Punkt Angaben machen) 3. In welchem zeitlichen Rahmen sollen die unter 2. fallenden Punkte umgesetzt werden? (Bitte zu jedem einzelnen Punkt Angaben machen) 4. Insofern Punkte aus dem genannten Beschluss in keiner Weise umgesetzt werden sollen: wie begründet dies die Landesregierung? (Bitte zu jedem einzelnen Punkt Angaben machen) Die Fragen 1 bis 4 werden gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2030 4 Die im Beschluss des Landtags „System zur Akkreditierung von Studiengängen auf sichere Rechtsgrundlage stellen und weiterentwickeln“ vom 7. April 2017 (Drucksache 16/14660) genannten Punkte wurden bei der Erarbeitung der Verordnung berücksichtigt. Den Hochschulen ist es möglich, zwischen der System- und Programmakkreditierung und dem alternativen Akkreditierungsverfahren zu wählen, vgl. § 2 Studienakkreditierungsverordnung. Mit §§ 11 ff. Studienakkreditierungsverordnung wird ein institutionalisiertes, entwicklungsorientiertes Bewertungsverfahren der Qualitätssicherung angestrebt. Das Akkreditierungsverfahren wird vereinfacht, u.a. ist ein elektronisches, medienbruchfreies Antragsverfahren durch die Stiftung Akkreditierungsrat vorgesehen. Zudem ist eine Seitenzahlbegrenzung des Selbstberichts der Hochschule und des Gutachtens der Agentur zu beachten, § 24 Abs. 2 und 4 Studienakkreditierungsverordnung. Die erstmalige Akkreditierung ist nun für einen Zeitraum von acht Jahren gültig. Reakkreditierungen sind für den Zeitraum von acht Jahren gültig, § 26 Abs. 1 und 2 S. 2 Studienakkreditierungsverordnung. Auch dies führt zu einer Entlastung. § 25 Studienakkreditierungsverordnung regelt die Zusammensetzung des Gutachtergremiums der Agenturen. Damit wird gewährleistet, dass alle Beteiligten über ausreichende fachliche und didaktische Kenntnisse verfügen. Zudem ist der leitende Regelungszweck, dass die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte hinreichende Teilhabe der Wissenschaft in Akkreditierungsverfahren gesichert wird. Das Leistungspunktesystem ist in § 8 Studienakkreditierungsverordnung mit Ausnahmeregelungen detailliert niedergelegt. Die Ermittlung des studentischen Arbeitsaufwands kann anhand dieser Regelung durch die Hochschulen realistisch ermittelt werden. Die Voraussetzungen an die fachlich-inhaltliche Gestaltung der Studiengänge sind in § 13 Abs. 1 Studienakkreditierungsverordnung genannt. Diese sind allgemein gehalten, so dass eine Anerkennung von an anderen Hochschulen erbrachten Leistungen möglich ist und die studentische Mobilität gewährleistet wird. Der Gedanke des studierendenzentrierten Lehren und Lernen wird in § 12 Abs. 1 Studienakkreditierungsverordnung aufgenommen und normiert. Die Besonderheiten der Lehrerausbildung und der Qualitätssicherungsverfahren für Lehramtsstudiengänge werden umfangreich in der Verordnung berücksichtigt, z.B. in §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 5, 13 Abs. 2 und 3, 18 Abs. 2, 25 Abs.1 S. 2, 31 Abs. 3 S. 2 Studienakkreditierungsverordnung.