LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2031 27.02.2018 Datum des Originals: 26.02.2018/Ausgegeben: 02.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 724 vom 19. Januar 2018 des Abgeordneten Thomas Röckemann AfD Drucksache 17/1811 Genitalverstümmelungen in NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Als weibliche Genitalverstümmelung werden alle Verfahren bezeichnet, bei denen die Genitalien von Mädchen und Frauen verletzt, teilweise oder vollständig entfernt werden. Durchgeführt wird diese barbarische Praxis meist im Alter zwischen 4 und 14 Jahren, wobei das Alter tendenziell sinkt. Laut Schätzungen von Amnesty international sind weltweit 140 Millionen Frauen von Genitalverstümmelung betroffen. Hinzu kommt eine große, schwer quantifizierbare Dunkelziffer von Betroffenen. Durch die steigende Migration aus Kulturen, in denen die Verstümmelung junger Mädchen weit verbreitete Praxis ist, hält diese barbarische Sitte zunehmend auch in Deutschland Einzug. Seit 2013 ist die Verstümmelung weiblicher Genitalien gem. § 226a StGB ein eigener Straftatbestand. Leider ist der Wirkungsbereich dieses Gesetzes sehr gering, da die Verstümmelung häufig im Ausland geschieht oder in den Parallelgesellschaften, in denen sie verbreitet ist, gutgeheißen wird. Im Jahr 2016 hatte der Landtag einen fraktionsübergreifenden Antrag unter dem Titel „Genitalverstümmelung ist eine Menschenrechtsverletzung der Verletzung von Körper und Seele von Mädchen und Frauen entschieden entgegentreten“ (Drucksache 16/11705) zu dieser Thematik angenommen, in dem vor allem mehr Prävention und Sensibilisierung gefordert wurde. Die Ausarbeitung entsprechender Informationsmaterialien für Betroffene und Fachkräfte in den Bereichen Soziales, Justiz und Pädagogik sollte dabei eine frühzeitige Erkennung und effektive Bekämpfung von Genitalverstümmelungen ermöglichen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2031 2 Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 724 mit Schreiben vom 26. Februar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, dem Minister des Inneren, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Schule und Bildung sowie dem Minister der Justiz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Weibliche Genitalverstümmelung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung. Die Bekämpfung dieser Beschneidungspraktiken und der Schutz der Opfer sind daher wichtige Anliegen der Politik der Landesregierung. 1. Wie hat sich die Zahl der von Genitalverstümmelung betroffenen Mädchen in Nordrhein-Westfalen seit 2007 entwickelt? Für Nordrhein-Westfalen liegen keine Zahlen der von Genitalverstümmelung betroffenen Mädchen vor. 2. Wie viele Anzeigen gem. § 226a StGB hat es in NRW seit Einführung des Straftatbestands bis 2018 gegeben? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln) Als Datenbasis für die Beantwortung dient die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der PKS erfolgt nach bundeseinheitlichen, jährlich mit den beteiligten Gremien abgestimmten Richtlinien. Straftaten gemäß § 226a StGB werden seit dem 01.01.2014 in der PKS erfasst. In der Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2017 wurde in der PKS keine Straftat gemäß § 226a StGB in NRW erfasst. Für 2018 liegen noch keine PKS-Zahlen vor. 3. Bei wie vielen dieser Anzeigen kam es zu einer Verurteilung? (Bitte nach Fall und Urteil aufschlüsseln) In der Strafverfolgungsstatistik werden Verurteilungen gemäß § 226a StGB seit 2014 erfasst. Für die Jahre 2014 - 2016 weist die Statistik keine Eintragungen aus. Daten für 2017 liegen bislang nicht vor. 4. Hält die Landesregierung die bisherige Ausgestaltung von § 226a StGB für ausreichend, insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele der Genitalverstümmelungen im Ausland geschehen? Um so genannten „Ferienbeschneidungen“ entgegenzuwirken, bei denen in Deutschland lebende Mädchen zur Durchführung von strafbaren Genitalverstümmelungen vorübergehend ins Ausland verbracht werden, wurde bereits durch das am 27. Januar 2015 in Kraft getretene 49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs die inländische Verfolgbarkeit von im Ausland begangenen Genitalverstümmelungen (§ 226a StGB) erweitert. Danach gilt gemäß § 5 Nummer 9a Buchstabe b) StGB das deutsche Strafrecht unabhängig vom Recht des Tatorts für im Ausland begangene Taten nach § 226a StGB, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2031 3 ist oder wenn die Tat sich gegen eine Person richtet, die zur Zeit der Tat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. 5. Wie beurteilt die Landesregierung die auf Basis des Antrags (Drucksache 16/11705) eingeleiteten Maßnahmen bezüglich ihres bisherigen Wirkungsgrades? Zur unmittelbaren Unterstützung von Genitalverstümmelung betroffener Mädchen und Frauen fördert die Landesregierung die Arbeit der Beratungsstelle stop mutilation e.V. Darüber hinaus liegt ein weiterer Fokus auf Information und Aufklärung über die Problematik durch das Bildungsportal KUTAIRI der Aktion Weißes Friedensband e.V., Fachveranstaltungen und Handreichungen sowie Vernetzung in dem Themenfeld maßgeblicher Akteure (Runder Tisch NRW gegen die Beschneidung von Mädchen). Die Maßnahmen haben wesentlich dazu beigetragen, für das Thema zu sensibilisieren.