LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2035 27.02.2018 Datum des Originals: 26.02.2018/Ausgegeben: 02.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 722 vom 16. Januar 2018 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/1803 Nitratbelastung des Grundwassers in Stolberg Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Nitratbelastung des Grundwassers ist eine seit langem bekannte aber oft vernachlässigte Gefahr. Nitrat wird durch Bakterien im menschlichen Körper zu Nitrit umgewandelt. Diese Umwandlung ist für den menschlichen Organismus toxisch und kann je nach Menge verhindern, dass das Blut ausreichend Sauerstoff transportieren kann. Insbesondere für Säuglinge und Kinder können hieraus erhebliche Gesundheitsschäden entstehen. Zudem steht Nitrit im Verdacht krebserregend zu sein. Ein erster Schritt, um dem Problem zu hoher Nitratbelastungen im Grundwasser entgegenzuwirken, wurde 1991 mit der Nitratrichtlinie der EU gemacht, die im Jahre 2012 novelliert wurde. Das Ziel eines definierten Grenzwerts von 50 mg/l wurde jedoch verfehlt. Vielmehr stiegen gerade in Deutschland durchschnittlich die Nitratwerte im Grundwasser erheblich an. Insbesondere die Düngung durch die Landwirtschaft belastet die Böden und Grundwasser mit Nitrat. Aus dem Nährstoffbericht der Landwirtschaftskammer NRW aus dem Jahre 2014 geht hervor, dass die Hauptzielorte für Wirtschaftsdüngerimporte aus den Niederlanden die Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln waren. In den Niederlanden bestehen zeitweilig Sperrfristen zur Aufbringung von Gülle, Jauche und Mist, was die Gefahr birgt, dass Gülle und Mist mehr und mehr unter wirtschaftlichen und finanziellen Aspekten und weniger unter Nährstoffbedarfsaspekten vertrieben und schlussendlich auf die Böden aufgetragen wird. Die in der Stadt Stolberg liegende Messstelle „Mariaschacht“ verzeichnet regelmäßig eine erhebliche Überschreitung der Grenzwerte. In den letzten 10 Jahren hat diese Messstelle sogar eine durchschnittliche Nitratbelastung in Höhe von 112,1 mg/l aufgezeichnet. Die letzte Messung im Jahre 2015 ergab hier einen Wert von 113,9 mg/l. Umliegende und vergleichbare Messstellen hingegen weisen keine Überschreitung des Grenzwerts von 50 mg/l. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2035 2 Aus der Überschreitung des Grenzwerts der Nitratbelastung im Bereich der genannten Messstelle können sich die oben geschilderten Gefahren und eine potenzielle Preissteigerung des Trinkwassers ergeben. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 722 mit Schreiben vom 26. Februar 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Schritte erwägt die Landesregierung im Rahmen der Umsetzung der Düngeverordnung, die Einhaltung der Nitratgrenzwerte im Grundwasser in Stolberg konsequent sicherzustellen und Überschreitungen entgegenzuwirken? Die Einhaltung der Düngeverordnung wird in Nordrhein-Westfalen streng überwacht, mehr als 2.500 landwirtschaftliche Betriebe werden jährlich kontrolliert, dazu kommen anlassbezogene Kontrollen aufgrund von Anzeigen. Die Auswahl der zu kontrollierenden Betriebe erfolgt risikoorientiert. In diesem Rahmen werden auch die landwirtschaftlichen Betriebe im Raum Stolberg in regelmäßigen wie anlassbezogenen Kontrollen unterzogen. Der überwiegende Teil des Gebietes Stolberg ist durch zwei Grundwasserkörper geprägt, die bezüglich der Nitratgehalte gemäß Wasserrahmenrichtlinie mit „gut“ eingestuft wurden. Lediglich der Nordwesten Stolbergs befindet sich im Einzugsbereich eines Grundwasserkörpers, der bezüglich der Nitratwerte mit „schlecht“ bewertet wurde. Die in der Vorbemerkung zur kleinen Anfrage angesprochene Grundwassermessstelle (010421415 – Mariaschacht P5) befindet sich im Bereich des „gut“-eingestuften Grundwasserkörpers im Gebiet der Wasserkooperationsberatung „Hastenrather Graben; Maria-Schacht – Nachtigällchen“ und wird im Rahmen der dortigen Wasserschutzkooperation intensiv betreut. 2. Welche Ursachen liegen der Überschreitung des Grenzwerts der Nitratbelastung in Stolberg zugrunde? Während die Belastung nord-westlich des Stadtgebietes auf hohe Stickstoffkonzentrationen im Sickerwasser unter landwirtschaftlichen Flächen zurückzuführen ist, ist die Ursache für die Überschreitung des Grenzwertes der Nitratbelastung an der angesprochenen Einzelmessstelle 010421415 derzeit nicht klar. Es kommen landwirtschaftliche Einflüsse, sowie Einträge aus Siedlungsbereichen in Betracht. Für diesen Bereich werden derzeit über eine hydrogeologische Masterarbeit der RWTH Aachen die Ursachen der Nitratbelastung wissenschaftlich erforscht. 3. Wie beurteilt die Landesregierung generell die Gefahren und Probleme durch eine Nitratbelastung im Grundwasser? Erhöhte Nitratgehalte beeinträchtigen die Ökologie der Gewässer und damit verbundener Ökosysteme und können zu einer Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung führen. Um Gesundheitsbeeinträchtigungen auszuschließen, wird die Einhaltung des Trinkwassergrenzwertes in der öffentlichen Trinkwasserversorgung von den Wasserversorgungsunternehmen durch verschiedene Vermischungs- oder Aufbereitungsprozesse gewährleistet, deren finanzieller Aufwand auf die Trinkwasserpreise umgelegt wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2035 3 Bei privaten Hausbrunnen sind technische Aufbereitungsverfahren oftmals aus Kostengründen nicht realisierbar, so dass hier nur Nutzungsbeschränkungen oder die Stilllegung in Betracht kommen. 4. Wie setzt sich die Landesregierung dafür ein, die Nährstoffüberschüsse durch Dünger, beispielsweise durch eine Begrenzung der Ausbringzeiten von Gülle, intensivere Kontrollen und strengere Anforderungen für Gebiete mit belastetem Grundwasser, zu verhindern? Die Anforderungen an die Anwendung von Düngemitteln sind mit der seit Juni 2017 in Kraft getretenen neuen Düngeverordnung deutlich strenger geworden. Neben der Ausdehnung der Sperrzeiten sind vor allem die Ermittlung und Dokumentation des Düngebedarfs der Pflanzen auf jedem Acker (schlagbezogen), die einzuhaltenden Salden bei der betrieblichen Nährstoffbilanz und die Begrenzung der Anwendung aller organischen Düngemittel auf maximal 170 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr wichtige Ansätze zur Reduzierung des Stickstoffeintrags. Daneben wurden Beratung und Kontrolle zur Umsetzung des Düngerechts in den letzten Jahren bereits deutlich ausgeweitet. Immer bedeutsamer wird die regionale Verteilung anfallender Wirtschaftsdünger zwischen Gebieten mit Nährstoffüberschuss und Regionen mit Nährstoff- und Humusbedarf. Über die landesweite Wirtschaftsdünger-Nachweisverordnung werden diese Nährstoffströme transparent und können effektiv kontrolliert werden. In Gebieten, in denen der gute chemische Zustand des Grundwassers aufgrund der Nitratbelastung nicht erreicht wird, werden auf Grundlage des § 13 der Düngeverordnung mit einer Landesverordnung noch in 2018 zusätzliche Anforderungen gestellt. 5. Ist die Landesregierung der Meinung, dass die Aussage von Ministerin Schulze Föcking, weitere Maßnahmen neben der bestehenden Düngemittelverordnung seien lediglich auf freiwilliger Basis der Landwirte umzusetzen, zutreffend und ausreichend ist und welche Maßnahmen sind damit gemeint? Wie bereits in der Antwort zur Frage 4 ausgeführt und von mir im Landtagsplenum am 12.07.2017 vorgetragen, wird die Landesregierung von der Länderöffnungsklausel des § 13 Düngeverordnung Gebrauch machen. Eine entsprechende Landesverordnung mit drei zusätzlichen düngerechtlichen Anforderungen werden wir noch in diesem Jahr auf den Weg bringen. Neben der konsequenten Anwendung des Ordnungsrechtes setzt die Landesregierung vor allem auch auf die Umsetzung umfangreicher Beratungsprogramme, die inzwischen in allen von Nitratbelastung betroffenen Gebieten etabliert sind. Als eine der erfolgreichsten Maßnahmen gelten die Wasser-kooperationen zwischen der Landwirtschaft und den Wasserversorgern. Diese Kooperationen zeigen, dass über freiwillige Vereinbarungen effektiv Düngeverfahren so weit optimiert werden konnten, dass in diesen Gebieten die Belastungen der Grundwässer sinken. Daher ist eine Ausweitung des Kooperationsmodells auch auf Flächen außerhalb von Trinkwasserschutzgebieten geplant.