LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2063 01.03.2018 Datum des Originals: 01.03.2018/Ausgegeben: 06.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 765 vom 30. Januar 2018 des Abgeordneten Dr. Dennis Maelzer SPD Drucksache 17/1891 Welche Maßnahmen zieht die Landesregierung im Kampf gegen Kinderarmut konkret in Betracht? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Vorlage 17/477 führt die Landesregierung abstrakt aus, sie wolle sich „die Möglichkeit offen halten, alle denkbaren Modelle zur Bekämpfung der Kinderarmut im Rahmen sozial- und familienpolitischer Leistungen zu diskutieren und zu prüfen“. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 765 mit Schreiben vom 1. März 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Welche Modelle zieht die Landesregierung neben der Kindergrundsicherung in Betracht, um Kinderarmut im Rahmen der sozial- und familienpolitischen Leistungen auf Bundesebene zu bekämpfen? Zur Bekämpfung von Kinderarmut verfolgt die Landesregierung einen integrierten Ansatz. Da Kinderarmut Teil und Folge von Familienarmut ist, ist die Erwerbstätigkeit der Eltern ein wirksames Mittel gegen Kinderarmut. Mit arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen sind deshalb die Beschäftigungsmöglichkeiten und -bedingungen zu verbessern. Mit sozialund familienpolitischen Maßnahmen sind unter anderem das kulturelle Existenzminimum und die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege sicher zu stellen. Die Landesregierung wird sich aktiv an den Überlegungen der länderoffenen Arbeitsgruppe der Arbeits- und Sozialministerkonferenz zur Kindergrundsicherung beteiligen, deren Arbeit allerdings noch ganz am Anfang steht. Eine der Aufgaben der Arbeitsgruppe wird es sein, alle bereits existierenden Konzept- und Zielvorstellungen – darunter das im Kontext des liberalen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2063 2 Bürgergeldes entwickelte Kindergeld 2.0 – zu einer besseren und zugleich effektiveren Unterstützung armutsgefährdeter Kinder zu sammeln, zu sichten und unter Einbeziehung externen Sachverstands zu bewerten, um gegebenenfalls ein eigenes Modell zu entwickeln. Diesen Arbeiten, die sinnvollerweise von den in der Arbeitsgruppe vertretenen Ländern gemeinsam geleistet werden sollten, will die Landesregierung nicht vorgreifen. 2. Inwieweit spielt das Konzept des sogenannten „liberalen Bürgergeldes“ bei den Überlegungen der Landesregierung eine Rolle? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Wie bewertet die Landesregierung die geplante Erhöhung des Kindergeldes als auch des Kinderzuschlags, um so gemeinsam den Mindestbedarf des sächlichen Existenzminimums zu decken? Die Gesamtevaluation der familienpolitischen Leistungen, die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums durchgeführt wurde, hat sowohl dem Kindergeld als auch dem Kinderzuschlag positive Wirkungen hinsichtlich der Verringerung des Armutsrisikos von Familien bescheinigt. Durch die Erhöhung beider Leistungen kann die wirtschaftliche Stabilität von Familien noch besser gesichert werden, zumal der Kinderzuschlag durch die ebenfalls geplante Abschaffung der „harten Abbruchkante“ mehr Familien erreichen wird als bisher. 4. Wann wird die Landesregierung dem Landtag ihre Überlegungen zum Kampf gegen Kinderarmut vorstellen? Nach der Neubildung der Landesregierung stehen aktuell die in der vergangenen Legislaturperiode angestoßenen Programme und Initiativen auf dem Prüfstand. Ein Konzept zur Neuausrichtung von Maßnahmen zur Armutsbekämpfung wird derzeit erarbeitet. Fest steht, dass das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mehr als 4 Millionen Euro ab 2018 für besonders benachteiligte Quartiere sowie für niedrigschwellige und aufsuchende Angebote bereitstellen wird. Das neue Programm „Zusammenhalten im Quartier - Kinder stärken - Zukunft sichern" wird voraussichtlich nach Ostern starten. Sobald Entscheidungen getroffen worden sind, werden die Beteiligten unverzüglich informiert. Die Landesregierung legt einen besonderen Schwerpunkt darauf, den Bildungserwerb von der sozialen Lage der Familien zu entkoppeln und Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen. Qualifizierte Kindertagesbetreuung ist der zentrale Ansatzpunkt, um Kinder in sehr jungem Alter zu stärken und bestehende Benachteiligungen abzubauen bzw. ihnen entgegenzuwirken. Gute frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in einem Umfeld mit besonderen Herausforderungen braucht Rahmenbedingungen mit zusätzlichen Ressourcen. Deshalb wurde bereits 2017 das Kita-Träger-Rettungspaket im Umfang von einer halben Milliarde Euro erfolgreich umgesetzt, um in einer ersten Stufe die finanzielle Not der Träger in Nordrhein-Westfalen zu beseitigen. In weiteren Stufen sollen die Finanzierung dauerhaft sichergestellt, Qualitätsverbesserungen und mehr Flexibilität der Angebote erreicht werden. Ziel der Landesregierung ist es, sich zusammen mit den Kommunen und den Trägern der Kindertageseinrichtungen auf ein dauerhaft tragfähiges Finanzierungssystem zu verständigen, das den Trägern Verlässlichkeit und Planungssicherheit bietet. Hierzu befindet sich das Kinder- und Jugendministerium in einem ständigen Dialog mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2063 3 Darüber hinaus hat die Landesregierung entschieden, Prävention nachhaltig und flächendeckend zu stärken. Dafür stehen bereits im Haushalt 2018 rund 1,7 Millionen Euro zusätzlich für Maßnahmen zur Schließung von Lücken in kommunalen Präventionsketten zur Verfügung. Das entspricht einer Verdreifachung des bisherigen Ansatzes. Nach Vorliegen der Ergebnisse einer aktuell stattfindenden Bilanzierung inklusive einer Evaluation des Projekts „Kommunale Präventionsketten“ werden Entscheidungen über eine weitere Stärkung des Präventionsansatzes getroffen. Dies wird voraussichtlich noch in diesem Jahr der Fall sein. 5. Inwieweit zieht die Landesregierung eigene landesgesetzgeberische Maßnahmen in Betracht, um Kinder- und Familienarmut in Nordrhein-Westfalen zu bekämpfen? Zunächst ist es primär Aufgabe der Bundespolitik, durch arbeitsmarkt-, wirtschafts- und familienpolitische Leistungen für ein auskömmliches Familieneinkommen zu sorgen. Insbesondere im Bereich der gesetzlichen Leistungen nach SGB II und SGB XII sind wegen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes landesgesetzgeberische Maßnahmen ausgeschlossen. Die Landesregierung bekämpft Kinderarmut und dessen Folgen durch all jene landesgesetzlichen Maßnahmen, die zur Steigerung des Familieneinkommens und - vermögens beitragen, die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf ermöglichen und Bildungschancen verbessern.