LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2080 05.03.2018 Datum des Originals: 02.03.2018/Ausgegeben: 08.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 767 vom 29. Januar 2018 des Abgeordneten Carsten Löcker SPD Drucksache 17/1893 Was tut die Landesregierung gegen die zunehmende Zahl schwerer Unfälle mit E-Bikes? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach Angaben des ADFC gibt es in Deutschland bereits rund 3,5 Mio. Pedelecs (Pedal Electric Cycle). Die positive Nachricht wird dadurch getrübt, dass das Statistische Bundesamt allein für das Jahr 2017 fast 4.300 Unfälle mit diesen Elektrofahrrädern registriert hat. Allein bis September 2017 kamen 55 Pedelec-Fahrer in Deutschland ums Leben. Eine Steigerung von 28% gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der E-Bikes nimmt weiter kräftig zu. Die Zahl der Unfälle auch. Mehr Masse und höhere Geschwindigkeiten sind die physikalische Ursache für vergleichsweise schwerere Unfälle und Verletzungen der betroffenen Verkehrsteilnehmer. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 767 mit Schreiben vom 2. März 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Da in den Fragestellungen der Kleinen Anfrage sowohl der Begriff „E-Bike“ als auch der Begriff „Pedelec“ verwendet wird, möchte ich zunächst eine Klarstellung der Begrifflichkeiten der im allgemeinen Sprachgebrauch als „E-Bikes“ bezeichneten Fahrzeuge voranstellen. Es gilt zwischen Pedelec und S-Pedelec zu unterscheiden: Bei einem Pedelec (Verkehrsbeteiligungsart 72) handelt es sich um ein Fahrrad mit Trethilfe und einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer maximalen Nenndauerleistung von 0,25 kW. Die Unterstützung wird sich mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit progressiv verringern und spätestens beim Erreichen von 25 km/h unterbrochen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2080 2 Bei einem S-Pedelec (vor dem 01.01.2018 E-Bike, Verkehrsbeteiligungsart 03) handelt es sich um ein Kleinkraftrad mit Trethilfe, dessen elektromotorischer Hilfsantrieb unterbrochen wird, wenn der Fahrer im Treten einhält. Die Unterstützung wird mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und unterbrochen, sobald die Fahrgeschwindigkeit 45 km/h erreicht. Bei einem S-Pedelec ist ein Antrieb mit Gasgriff bis 20 km/h ohne Treten erlaubt. Die Nutzleistung oder Nenndauerleistung beträgt max. 0,5 kW. Vor dem 01.01.2015 wurden beide Verkehrsbeteiligungsarten in Summe unter der Verkehrsbeteiligungsart 72 erfasst. 1. Wie viele Pedelecs gibt es in Nordrhein Westfalen? Die Anzahl von Pedelecs wird – wie bei herkömmlichen Fahrrädern - statistisch nicht erfasst. Insoweit liegen keine belastbaren Zahlen zum Pedelec-Bestand in Nordrhein-Westfalen vor. 2. Wie viele Unfälle wurden in den vergangenen Jahren jeweils in NRW registriert? Die Anzahl der Verkehrsunfälle (VU) unter Beteiligung von (S-)Pedelecs ist, differenziert nach Verkehrsunfallkategorien, nachfolgenden Tabellen zu entnehmen: Anzahl der Verkehrsunfälle (Kategorien 1 bis 4, 6) unter Beteiligung von Pedelecs (ohne Bagatellunfälle der Kategorie 5) 2013* 2014* 2015 2016 2017 Kategorie 1 13 10 9 12 22 Kategorie 2 139 197 253 283 357 Kategorie 3 352 478 564 792 1032 Kategorie 4 0 0 0 1 0 Kategorie 6 0 0 8 9 2 Anzahl VU-Gesamt 504 685 834 1097 1413 *Daten für Verkehrsbeteiligungsart 03 und 72 Quelle: FISPOL NRW, Stand: 09.02.2018 Anzahl der Verkehrsunfälle (Kategorien 1 bis 4, 6) unter Beteiligung von S-Pedelecs (ohne Bagatellunfälle der Kategorie 5) 2015 2016 2017 Kategorie 1 1 0 0 Kategorie 2 8 11 16 Kategorie 3 30 36 36 Kategorie 4 0 0 3 Kategorie 6 2 1 0 Anzahl VU-Gesamt 41 48 55 Quelle: FISPOL NRW, Stand: 09.02.2018 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2080 3 Erläuterung zu den Verkehrsunfallkategorien: Kategorie 1 - Unfall mit Getöteten Kategorie 2 - Unfall mit Schwerverletzten Kategorie 3 - Unfall mit Leichtverletzten Kategorie 4 - Schwerwiegender Unfall mit Sachschaden Kategorie 5 - Sonstiger Sachschadensunfall (ohne Einwirkung von Alkohol/anderer berausch. Mitteln) Kategorie 6 - Sonstiger Sachschadensunfall (unter Einwirkung von Alkohol/anderer berausch. Mitteln) 3. Liegen Erkenntnisse über die Schwere der Verletzungen vor? Die Anzahl der verunglückten (S-)Pedelec-Fahrer ist differenziert nach Unfallfolge nachfolgenden Tabellen zu entnehmen. Die Klassifizierung erfolgt nach dem „Gesetz über die Statistik der Straßenverkehrsunfälle“. Aussagen zur Verletzungsschwere aus medizinischer Sicht liegen mir nicht vor. Unfallfolgen Pedelec 2013* 2014* 2015 2016 2017 Geötete Pedelec-Fahrer 13 10 9 12 22 Schwer verletzte Pedelec-Fahrer 139 203 254 286 362 Leicht verletzte Pedelec-Fahrer 387 520 622 867 1151 Verunglückte Pedelec-Fahrer 539 733 885 1165 1535 *Daten für Verkehrsbeteiligungsart 03 und 72 Quelle: FISPOL NRW, Stand: 09.02.2018 Unfallfolgen S-Pedelec 2015 2016 2017 Geötete Pedelec-Fahrer 1 0 0 Schwer verletzte Pedelec-Fahrer 9 12 16 Leicht verletzte Pedelec-Fahrer 30 39 41 Verunglückte 40 51 57 Quelle: FISPOL NRW, Stand: 09.02.2018 4. Welche Unfallursachen sind schwerpunktmäßig erkennbar? Die jeweils drei häufigsten Unfallursachen eines Jahres sind nach Reihenfolge der Ausprägung der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Berücksichtigt wurden alle eingetragenen Ursachen der ersten beiden Unfallbeteiligten (UB 01 und UB 02) mit der Verkehrsbeteiligungsart 03 bzw. 72 bei allen Verkehrsunfällen mit Ausnahme der Kategorie 5 ohne Unfallflucht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2080 4 Unfallursachen Pedelec 2013* 2014* 2015 2016 2017 Vorfahrt/ Vorrang Vorfahrt/ Vorrang Vorfahrt/ Vorrang Vorfahrt/ Vorrang Vorfahrt/ Vorrang Geschwindigkeit Abbiegen/ Wenden Geschwindigkeit Alkohol beim Fahrzeugführer Abbiegen/ Wenden Abbiegen/ Wenden Geschwindigkeit Alkohol beim Fahrzeugführer Abbiegen/ Wenden Alkohol beim Fahrzeugführer *Daten für Verkehrsbeteiligungsart 03 und 72 Quelle: FISPOL NRW, Stand: 09.02.2018 Unfallursachen S-Pedelec 2015 2016 2017 Geschwindigkeit Geschwindigkeit Geschwindigkeit Alkohol beim Fahrzeugführer + andere berauschende Mittel + Abstand + Überholen + Vorfahrt/Vorrang Vorfahrt/Vorrang Vorfahrt/Vorrang Abbiegen/Wenden + Alkohol beim Fahrzeugführer Überholen + Alkohol beim Fahrzeugführer+ Falsches Verhalten gegenüber Fußgängern Quelle: FISPOL NRW, Stand: 09.02.2018 5. Was tut die Landesregierung konkret, um die Unfallgefahren für Pedelec-Nutzer und die übrigen Verkehrsteilnehmer zu senken? Die Landesregierung wirkt zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur auf die Anwendung der aktuellen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) durch alle Straßenbaulastträger hin. Diese berücksichtigen die Ansprüche von Pedelec-Nutzern sowie von Nutzern herkömmlicher Fahrräder gleichermaßen. Für landesseitig geförderte Radverkehrsanlagen ist die Anwendung der ERA verpflichtend. Zur Verkehrsunfallprävention bieten viele örtliche Verkehrswachten in Nordrhein-Westfalen Pedelec-Fahrsicherheitstrainings insbesondere für Seniorinnen und Senioren an. Diese werden häufig in Verbindung mit lokalen Fahrradanbietern durchgeführt. Hierbei werden Neueinsteiger über Technik und Handhabung informiert und praktische Übungen absolviert. Es wird ausdrücklich empfohlen, das Tempo anzupassen, einen Helm zu tragen, das Bremsen zu beherrschen, auf Sichtbarkeit zu achten sowie das Pedelec in technisch einwandfreiem Zustand zu halten und regelmäßig zu warten.