LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2097 06.03.2018 Datum des Originals: 06.03.2018/Ausgegeben: 09.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 792 vom 2. Februar 2018 der Abgeordneten Jürgen Berghahn, Dr. Dennis Maelzer und Ellen Stock SPD Drucksache 17/1922 Wie will die Landesregierung die Situation von Familien mit Kindern in der ZUE Oerlinghausen verbessern? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Familien mit minderjährigen Kindern werden häufig als besonders vulnerable Geflüchtetengruppe angesehen. Bei einer Besichtigung der Zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes für Geflüchtete (ZUE) in Oerlinghausen am 01.Februar 2018 wurde den Fragestellern seitens der Bezirksregierung Detmold von einer dreistelligen Zahl minderjähriger Kinder in der Einrichtung berichtet. Kinder im schulpflichtigen Alter haben während ihres mehrmonatigen Aufenthalts lediglich die Möglichkeit an einem notdürftigen Unterrichtsangebot teilzuhaben, das lediglich 1,5 Stunden täglich und die Unterrichtsthemen Deutsch und Integration umfasst. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 792 mit Schreiben vom 6. März 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. 1. Wie hat sich der Anteil an Familien mit minderjährigen Kindern an der Belegung in der ZUE Oerlinghausen im Zeitverlauf ihres Bestehens entwickelt? (Bitte in monatlichen Intervallen aufschlüsseln.) Der Landesregierung liegen Zahlen für die Fragen 1 und 2 nur für den Zeitraum ab April 2017 vor: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2097 2 Monat Anteil d. Familien an der Gesamtbelegung d. ZUE Oerlinghausen Apr 17 53% Mai 17 54% Jun 17 51% Jul 17 55% Aug 17 56% Sep 17 58% Okt 17 52% Nov 17 44% Dez 17 44% Jan 18 47% Feb 18 51% 2. Wie hat sich die Anzahl minderjähriger Kinder in der ZUE Oerlinghausen entwickelt? (Bitte in monatlichen Intervallen und absoluten Zahlen nach Kindern in Kleinkind-, Kindergarten- und schulpflichtigen Alter aufschlüsseln.) Monat Kleinkinder (0-3 Jahre) Kindergartenalter (3-6 Jahre) Schulpflichtige Kinder (6-17 Jahre) Apr 17 7 19 70 Mai 17 15 21 68 Jun 17 8 19 60 Jul 17 12 19 45 Aug 17 19 20 78 Sep 17 22 23 80 Okt 17 22 27 89 Nov 17 19 22 80 Dez 17 20 26 72 Jan 18 30 30 72 Feb 18 29 29 64 3. Wie lange betragen die durchschnittliche und die höchste Verweildauer von Familien mit minderjährigen Kindern in der ZUE Oerlinghausen? (Bitte nach den hauptbetroffenen Herkunftsländern differenzieren). Die Aufenthaltszeit in den Landeseinrichtungen ist davon abhängig, in welchem asylrechtlichen Verfahren sich der jeweilige Asylsuchende befindet. Während anerkannte Asylsuchende schon nach wenigen Wochen die Landeseinrichtungen verlassen, werden Asylsuchende mit ungeklärter Bleibeperspektive bzw. Asylsuchende im Dublin-Verfahren für einen längeren Zeitraum in Landeseinrichtungen untergebracht. Asylsuchende aus sicheren Herkunftsländern sowie Georgien sollen grundsätzlich bis zu ihrer Ausreise in der Landeseinrichtung verbleiben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2097 3 Nach Auswertung der Aufenthaltszeiten der letzten zwölf Monate für die ZUE Oerlinghausen ergibt sich für Familien aus den sicheren Herkunftsländern und Georgien im beschleunigten Verfahren eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 3,1 Monaten. Allgemein beträgt in der Einrichtung die durchschnittliche Verweildauer von Familien 3,0 Monate, da Familien vorrangig zugewiesen werden. Von einer weiteren Aufschlüsselung nach einzelnen Herkunftsländern wurde abgesehen, da sich aufgrund der unterschiedlichen Anzahl der Familien aus den verschiedenen Herkunftsstaaten und möglicher Voraufenthaltszeiten in anderen Einrichtungen kein im Sinne der Frage aussagekräftiges Bild ergeben würde. Die höchste Verweildauer hat zurzeit eine 5-köpfige Familie aus dem Kosovo mit 12 Monaten. Es handelt sich hierbei um Folgeantragsteller, deren Erstverfahren bei der Folgeantragstellung noch nicht abgeschlossen war. Grund für die lange Verweildauer sind eingelegte Rechtsmittel gegen die Ablehnung des Asylantrags sowie die Erkrankung eines Kindes. 4. Wie plant die Landesregierung eine bessere Beschulung (regulärer Fächerkanon) und Betreuung der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen? Nach § 34 Absatz 6 Schulgesetz NRW besteht Schulpflicht für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist. Für ausreisepflichtige ausländische Kinder und Jugendliche besteht die Schulpflicht bis zur Erfüllung ihrer Ausreisepflicht. Die Schulpflicht erstreckt sich nicht auf Aufenthalte in Erstaufnahmeeinrichtungen oder zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes, die der vorübergehenden Unterbringung bis zur Zuweisung an eine Gemeinde dienen. In allen Aufnahmeeinrichtungen des Landes werden im Rahmen der Kinderbetreuung altersangemessene Angebote sowie Aktivitäten im motorischen Bereich organisiert. Durch spielerische Vermittlung eines Grundwortschatzes wird die Sprachkompetenz der Kinder gefördert. Der Auftragnehmer (Betreuungsdienstleister) erstellt hierfür ein pädagogisches Konzept, welches eine konfessionsneutrale Kinderbetreuung beinhaltet, die den unterschiedlichen Kulturen, Sprachen, Religionen und Erfahrungen der zu betreuenden Kinder Rechnung trägt und die Interessen verschiedener Altersgruppen berücksichtigt. Nach der Leistungsbeschreibung, die dem letzten Vergabeverfahren (sogenannte zweite Vergabestaffel) zugrunde lag, müssen im Rahmen eines Freizeitkonzepts zudem allen Bewohnerinnen und Bewohnern Grundkenntnisse der deutschen Sprache und des Zusammenlebens in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der hier geltenden Verfassungswerte vermittelt werden. Dies gilt ebenso für jugendliche Asylsuchende. In einigen Zentralen Unterbringungseinrichtungen werden – je nach Träger auch in Kooperation mit benachbarten Schulen - Bildungsangebote, darunter auch beispielsweise die Vermittlung des ersten Spracherwerbs, durchgeführt. Mit Hilfe des Landesprogramms „KOMM-AN! des MKFFI können auch Ehrenamtliche diese Zusatzangebote organisieren und anbieten. Im Zuge der geplanten Weiterentwicklung des Landesaufnahmesystems soll auch geprüft werden, inwieweit und in welchem Umfang zusätzliche Bildungsangebote in den Landeseinrichtungen angeboten werden können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2097 4 5. Inwieweit sieht es die Landesregierung als bewährte Form an, Familien mit minderjährigen Kindern gemeinsam mit anderen Geflüchtetengruppen in ZUEs zu zentralisieren? Die Landesregierung ist sich der Problematik bewusst, die sich daraus ergibt, dass insbesondere Kinder im schulpflichtigen Alter über längere Zeit in Landeseinrichtungen untergebracht sind. Ziel des beschleunigten Verfahrens ist es gerade, die Aufenthaltszeit so kurz wie möglich zu halten. Im Rahmen der Kinderbetreuung werden bereits in allen Landeseinrichtungen altersangemessene Angebote sowie Aktivitäten im motorischen Bereich durchgeführt. Der Auftragnehmer erstellt für den Betrieb ein pädagogisches Konzept, welches eine konfessionsneutrale Kinderbetreuung beinhaltet, die den unterschiedlichen Kulturen, Sprachen, Religionen und Erfahrungen der zu betreuenden Kinder Rechnung trägt und die Interessen verschiedener Altersgruppen berücksichtigt. Wie bereits oben aufgezeigt, wird die Einrichtung zusätzlicher Bildungsangebote derzeit geprüft.