LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2149 19.03.2018 Datum des Originals: 13.03.2018/Ausgegeben: 19.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Neudruck Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 797 vom 8. Februar 2018 der Abgeordneten Dr. Dennis Maelzer, Ellen Stock und Jürgen Berghahn SPD Drucksache 17/1943 Überlastung und Lohndumping. Wie sieht die Unterstützung der Landesregierung für die Beschäftigten der ZUE Oerlinghausen aus? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie bereits in der Kleinen Anfrage vom Oktober 2017 (Drucksache 17/981) geschildert, werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Betreibergesellschaft „DRK Betreuungsdienst Westfalen-Lippe gGmbH“ nicht tarifgerecht vergütet. Bis heute findet für sie der DRK-Reformtarifvertrag keine Anwendung für die Beschäftigten der ZUE Oerlinghausen. Bei unserem letztem Besuch am 01. Februar 2018 erfuhren wir zudem, dass der Krankenstand in der Einrichtung besonders hoch ist. Der Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtung, deren Bleibeperspektive gering ist, wird von Seiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als besonders herausfordernd beschrieben. Oftmals sind sie auch Projektionsfläche der Frustration, die von der Perspektivlosigkeit des Statusses der Bewohnerinnen und Bewohner gespeist wird. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 797 mit Schreiben vom 13. März 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Mit welchem Erfolg hat sich die Landesregierung dafür eingesetzt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betreiber-gesellschaft „DRK Betreuungsdienst Westfalen-Lippe gGmbH“ nach dem DRK-Reformtarifvertrag entlohnt werden (bitte mit genauer Schrittfolge und Zeitpunkt der Tarifanpassung)? Die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse eines Betreuungsdienstleisters mit seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern liegt nicht im Einflussbereich des Landes Nordrhein- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2149 2 Westfalen als Auftraggeber. Selbiges gilt für eine etwaige Tarifumstellung, die ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Auftragnehmers und dessen alleinige Entscheidungskompetenz fällt. Insofern hat die Landesregierung gegenüber den Betreuungsdienstleistern keine durchgreifenden Einflussmöglichkeiten, um für das von diesen in den Landeseinrichtungen eingesetzte Betreuungspersonal einen bestimmten Tariflohn zu erwirken. Eine leistungsgerechte Entlohnung von Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmern ist der Landesregierung jedoch ein besonderes Anliegen. Daher hatte das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) in seiner Rolle als Mittler sowohl die DRK Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGmbH als auch die Gewerkschaft ver.di zu Gesprächen nach Düsseldorf eingeladen, teilweise unter Beteiligung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie der ehemaligen Landesschlichterin. Darüber hinaus fanden weitere bilaterale Gespräche mit dem DRK statt. Dabei ist es gelungen, dass die DRK Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGmbH ihre Beschäftigten nunmehr an allen Standorten, an denen ursprünglich der DEHOGA-Tarif zur Anwendung kam, ab dem 1. März 2018 rückwirkend zum 01.01.2018 entsprechend der Entgelttabelle des DRK-Reformtarifs entlohnt (Auszahlung mit dem Märzgehalt). Zusätzlich erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Information des DRK Sonn- und Feiertagszuschläge. Die neuen Arbeitsverträge wurden den Beschäftigten am 28.02.2018 und 01.03.2018 ausgehändigt. Darüber hinaus hatte sich das DRK im Rahmen des 2017 durchgeführten Vergabeverfahrens (sog. zweite Vergabestaffel) als Bietergemeinschaft (DRK Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGmbH, DRK gemeinnützige Betreuungsgesellschaft für soziale Einrichtungen mbH und DRK Flüchtlingshilfe NRW gGmbH) bereits mit dem Hinweis, sein Personal nach dem DRK- Reformtarif zu entlohnen, beworben und den Zuschlag für die Erstaufnahmeeinrichtung Bad Berleburg erhalten. Nach Angaben der DRK Flüchtlingshilfe NRW gGmbH findet dort seit Vertragsbeginn (01.02.2018) der DRK-Reformtarif vollumfängliche Anwendung. Im Übrigen wird auf den Bericht der Landesregierung vom 19. Januar 2018 in der Sitzung des Integrationsausschusses am 24. Januar 2018 verwiesen (Vorlage 17/463). 2. Wie hat sich der Krankenstand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betreibergesellschaft „DRK Betreuungsdienst Westfalen-Lippe gGmbH“ entwickelt? (Bitte seit Übernahme der Einrichtung durch den Betreiber in monatlichen Intervallen auflisten.) Die Fehlzeitenentwicklung hinsichtlich der Beschäftigten des Betreuungsdienstleisters in der ZUE Oerlinghausen für das Jahr 2017 sind der beigefügten Anlage zu entnehmen. 3. Gibt es eine regelmäßige psychologische Betreuung oder spezielle Schulungen zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betreibergesellschaft „DRK Betreuungsdienst Westfalen-Lippe gGmbH“ vor Überlastung? Nach Angabe der DRK Betreuungsdienst Westfalen-Lippe gGmbH erhalten die Beschäftigten in der ZUE Oerlinghausen regelmäßige Schulungen u.a. in folgenden Bereichen: • Soziale Arbeit im interkulturellen Kontext/interkulturelle Kompetenz • Grundlagen der Kommunikation LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2149 3 • Deeskalation und Konfliktlösung • Gewaltprävention, Vermeidung von Konflikten im Arbeitsalltag • Beschwerdemanagement • professioneller Umgang mit Nähe und Distanz. Bei einschneidenden Erlebnissen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DRK Betreuungsdienst Westfalen-Lippe gGmbH die Möglichkeit der kollegialen Beratung. Zudem wird die Möglichkeit zu einem einrichtungsübergreifenden kollegialen Austausch gegeben. Wird ein Ereignis bzw. ein Vorfall als besonders schwerwiegend oder belastend empfunden, werden durch den Arbeitgeber Einzelsupervisionen ermöglicht. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in Auseinandersetzungen verwickelt wurden, wird im Alltagsgeschäft die Möglichkeit zum temporären Rückzug gegeben. Sollte eine Weiterarbeit am Tag des Vorfalls - ggf. auch länger - nicht möglich sein, so wird der betroffene Mitarbeiter bzw. die betroffene Mitarbeiterin vorübergehend von der Arbeit freigestellt. Ein persönliches Gespräch mit dem unmittelbaren Vorgesetzten über das Ereignis ist regelmäßig vorgesehen. 4. Ist der Personalschlüssel aller ZUEs gleich oder variiert er mit der besonderen Ausrichtung der Einrichtung? (Bitte den Personalschlüssel aller Einrichtungen tabellarisch auflisten.) Die Personalschlüssel sind in allen Zentralen Unterbringungseinrichtungen grundsätzlich gleich und nur abhängig von der Regelbelegungszahl der jeweiligen Einrichtung, vgl. hierzu die aktuelle Leistungsbeschreibung auf der Homepage des MKFFI unter folgendem Link: https://www.mkffi.nrw/verfahren-zur-unterbringung-von-asylbewerbern. Sollte eine Anpassung der Regelbelegung erfolgen, so wird der Personalschlüssel gemäß den Vorgaben des jeweiligen Vertrages und der Leistungsbeschreibung entsprechend angepasst. Im Bedarfsfall wird eine zusätzliche (temporäre) Erhöhung des Personalschlüssels geprüft. Im Folgenden wird der aktuelle Personalschlüssel für alle Zentralen Unterbringungseinrichtungen in NRW dargestellt: Einrichtung Betreuungsleitung Allg. Betreuungs - personal: Tagesbetrieb Allg. Betreuungs - personal: WE/Feiertage Allg. Betreuungs- Personal: Nachtbetrieb Kinderbetreuung Sanitätsstation Arnsberg ZUE Hamm 1 10 8 5 3 2 ZUE Meschede 1 5 3 2 2 1,75 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2149 4 ZUE Möhnesee 1 9 7 4 3 2 ZUE Olpe 1 6 4 3 2 1,75 ZUE Rüthen 1 8 6 3 3 1,75 ZUE Wickede 1 8 6 4 3 3 (Mo-Fr)/ 2 (Sa+So) Detmold ZUE Oerlinghausen 1,5 11 6 3 3 1,75 + 1 im Tagesdienst ZUE Bad Driburg 1 6 3 3 2 1,75 ZUE Herford 1 7 5 3 2 1,75 ZUE Borgentreich 1 7 5 3 2 1,75 Düsseldorf ZUE Neuss 1 12 10 4 3 3 ZUE Niederkrüchten I 1 12 4 6 3 4 ZUE Ratingen 1 7 5 3 2 1,75 ZUE Rees I 1 4 2 1 1 2 ZUE Rees (Erweiterung Rees I) 1 5 3 2 1 2 ZUE Rheinberg I 1 7 7 4 1 2 ZUE Viersen 1 6 4 3 2 1,75 ZUE Willich I 1 6 4 3 2 1,75 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2149 5 ZUE Wuppertal 1 8 6 2 1 2 Köln ZUE Bonn I 1 6 4 3 2 2 ZUE Düren II 1,5 9 7 4 3 3-5; nachts: 2 Euskirchen I 2 4 3 2 1,5 2 Euskirchen II 1 4 3 2 1,5 1,75 Kall I 1 5 3 2 1,5 1,5 Kerpen II 1 7 5 3 2 3; nachts, WE: 1 Kreuzau 1 4 2 1 1,5 2,5 Schleiden II 1 5 3 2 2,25 2 St. Augustin I 1,5 8 6 3 4 3 Wegberg I 3 9 7 4 4 3 Münster ZUE Ibbenbüren 2 8 6 4 3 1,75 ZUE Rheine 1 6 6 4 1 2 ZUE Schöppingen 1 7 5 3 2 2,5 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2149 6 5. Wie sieht das Sicherheitskonzept für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der ZUE Oerlinghausen aus? Für jede Landeseinrichtung wird ein Notfallkonzept erstellt, das durch die zuständige Bezirksregierung regelmäßig überprüft, ggf. angepasst und weiterentwickelt wird. Die Sicherheitsbehörden und die in den Aufnahmeeinrichtungen tätigen Sicherheitsdienste leisten einen wichtigen Beitrag, um sowohl den Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner als auch die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen zu gewährleisten. Unabhängig davon trägt das Landesgewaltschutzkonzept, das in allen Aufnahmeeinrichtungen des Landes konsequent und sukzessive umgesetzt wird, insbesondere auch in der ZUE Oerlinghausen zur Entspannung innerhalb der Einrichtung bei und schützt auch die Beschäftigten der ZUE vor etwaigen Übergriffen durch Bewohnerinnen und Bewohner. Der Sicherheitsdienst trägt durch seine ständige Präsenz zudem zur Sicherstellung eines störungsfreien Zusammenlebens in den Unterkünften bei. Im Falle von akuten Gefährdungslagen ist das Sicherheitspersonal neben der Einrichtungsleitung erster Ansprechpartner innerhalb der Einrichtungen. Überdies sorgt das Sicherheitspersonal für die Einhaltung der Hausordnung und wirkt deeskalierend auf etwaige Konflikte ein. Das Sicherheitskonzept des Betreuungsdienstleisters in der ZUE Oerlinghausen sieht vor, dass die Beschäftigten im Rahmen ihrer regelmäßigen Schulungen und Fortbildungen im Umgang mit schwierigen Situationen gestärkt werden, sicherheitsrelevante Aspekte kennenlernen und ein Fortbildungsmodul „Deeskalation und Konfliktlösung“ durchlaufen, zu dessen Inhalten insbesondere das Wissen über Konfliktursachen, die Vermeidung von Konflikten und das frühzeitige Erkennen von Gewalt im Arbeitsalltag sowie der Umgang mit Beschwerden gehören. Zur Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann bei möglichen Gefahrensituationen, insbesondere bei einer (drohenden) körperlichen Auseinandersetzung der Sicherheitsdienst über Funk angefordert werden. Weiterhin haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der sozialen Betreuung die Möglichkeit, für alle Gänge über das Gelände der Zentralen Unterbringungseinrichtung eine Begleitung des Sicherheitsdienstes anzufordern. Selbiges gilt für anstehende Konfliktgespräche. Darüber hinaus sind die Betreuerinnen und Betreuer mit einem mobilen Notrufknopf (sogenannte „Alarmeier“) ausgerüstet, mit dem der Sicherheitsdienst unmittelbar zum Ort des Notrufs geleitet wird. Monat Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Krankheitstage 57 146 127 147 149 216 195 132 159 179 183 Fehlzeiten ZUE Oerlinghausen 02_2017 - 12_2017 Fehlzeitenentwicklung ZUE Oerlinghausen 2017 57 146 127 147 149 216 195 132 159 179 183 0 50 100 150 200 250 Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Krankheitstage