LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2195 19.03.2018 Datum des Originals: 16.03.2018/Ausgegeben: 22.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 803 vom 1. Februar 2018 der Abgeordneten Ibrahim Yetim, Dr. Dennis Maelzer, Ellen Stock und Jürgen Berghahn SPD Drucksache 17/1961 Maulkorb für Flüchtlingshelfer? Wie geht es mit der Beratung in der ZUE Oerlinghausen weiter? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der aktuellen Medienberichterstattung (Lippische Landeszeitung vom 31.01.2018) wird darüber berichtet, dass die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. mit Ablauf des Monats Februar 2018 keine unabhängige Beratung in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes für Geflüchtete in Oerlinghausen mehr anbieten werde. Zwei Mitarbeiterinnen der Flüchtlingshilfe werde Illoyalität von Seiten des zuständigen Ministeriums vorgeworfen, weil sie aus ihrer Sicht bestehende Missstände in der ZUE Oerlinghausen öffentlich geschildert hätten. Beiden Mitarbeiterinnen werde vom Land eine Weiterarbeit in der ZUE verwehrt. Die Einsetzung eines anderen erfahrenen Flüchtlingsberaters des Vereins sei ebenso vom Ministerium abgelehnt worden . Der Verein sah sich daraufhin nicht mehr in der Lage, die Flüchtlingsberatung in der Einrichtung fortzuführen. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 803 mit Schreiben vom 16. März 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Inwieweit sieht die Landesregierung eine unabhängige Flüchtlingsberatung als Notwendigkeit an, um die Interessen von Geflüchteten zu wahren, aber auch um Konflikte in und um Geflüchteteneinrichtungen herum, zu minimieren? Für das Land hat die Einrichtung einer flächendeckenden unabhängigen Asylverfahrensberatung sowie von dezentralen Beschwerdestellen für die Flüchtlinge in den Landesunterbringungseinrichtungen einen hohen Stellenwert. Der Landesregierung ist insbesondere die Unabhängigkeit bei der Aufgabenwahrnehmung ein besonderes Anliegen. Daher fördert das Land mit dem Förderprogramm „Soziale Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2195 2 die in den Erstaufnahme- und Zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes angesiedelten Asylverfahrensberatungsstellen. Im Rahmen dieses Förderprogramms und der hierfür im Haushalt 2018 zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel ist eine Finanzierung von Stellen für die Verfahrensberatung im Umfang von einer Stelle für 150 Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen und 250 Plätze in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen gewährleistet. Darüber hinaus ist in sämtlichen Landeseinrichtungen eine halbe Stelle für das Beschwerdemanagement eingerichtet. An die sogenannten dezentralen Beschwerdestellen können sich Flüchtlinge mit ihren auch außerhalb der Beratung im Asylverfahren bestehenden Anliegen wenden. Einzelheiten zu den Inhalten des von der Förderung erfassten Beratungsangebots, zu Anforderungen an die Träger der Beratungsstellen und zu den Zuwendungsvoraussetzungen ergeben sich aus den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur sozialen Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen – SMBl. NRW. 26. Ferner wird auf den schriftlichen Bericht der Landesregierung zu TOP 5 in der Sitzung des Integrationsausschusses am 7. März 2018 verwiesen. 2. Aus welchen Gründen wird den Mitarbeiterinnen einer Weiterbeschäftigung in der ZUE Oerlinghausen verwehrt? Die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. hat bis vor kurzem die Verfahrensberatung in der ZUE Oerlinghausen wahrgenommen. Zurückliegende Ereignisse haben nicht nur zu einer unterschiedlichen Bewertung seitens MKFFI und Flüchtlingshilfe geführt, sondern auch dazu, dass die Flüchtlingshilfe die Unabhängigkeit ihrer Arbeit nicht mehr in vollem Umfang gewährleistet sah. Vor diesem Hintergrund sah sich die Flüchtlingshilfe Lippe gezwungen, als Konsequenz hieraus ihre Arbeit in der ZUE Oerlinghausen einzustellen. 3. Wie lauten etwaige Verhaltensklauseln in den Verträgen mit freien Trägern der Flüchtlingsberatung, die ihren der Mitarbeiter öffentliche Kritik an Zuständen in Einrichtungen in Trägerschaft des Landes untersagen? Im Rahmen der Förderung aus dem Förderprogramm „Soziale Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen“ schließt das Land keine Verträge mit den Trägern der Beratungsstellen als Fördergeldempfänger. Die Förderung erfolgt als Projektförderung auf der Grundlage der einschlägigen haushaltsrechtlichen Regelungen zum Zuwendungsrecht (s. § 44 LHO und hierzu erlassene Verwaltungsvorschriften) in Verbindung mit den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur sozialen Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen - SMBl. NRW. 26 - und wird im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg durch einen Zuwendungsbescheid festgesetzt. Es besteht daher ausschließlich ein förderrechtliches Verhältnis zwischen den Zuwendungsempfängern und dem Land als Zuwendungsgeber. Bestandteil des Förderbescheides sind die genannten Förderrichtlinien. Nach diesen Richtlinien stellen die Träger als Zuwendungsempfänger eine vertrauensvolle und loyale Zusammenarbeit mit allen Beteiligten - mithin auch mit dem Land - sicher. Die Gewährleistung der Einhaltung dieses Grundsatzes obliegt dem jeweiligen Zuwendungsempfänger. Die zurückliegenden Ereignisse geben Anlass dazu, den nach den Förderrichtlinien maßgebenden unbestimmten Begriff der „loyalen und vertrauensvollen Zusammenarbeit“ und die Bearbeitungswege bei entstehenden Konflikten zu konkretisieren. Zu diesem Zweck wird das MKFFI sich mit den Trägern abstimmen, um Eckpunkte für ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2195 3 die den Trägern, den Bezirksregierungen vor Ort und der Bewilligungsstelle der Bezirksregierung Arnsberg eine Orientierungshilfe geben. 4. Mit welchen zeitlichen Abläufen rechnet die Landesregierung vom Beginn einer Ausschreibung für einen neuen Träger für die unabhängige Beratung in Oerlinghausen bis hin zur Neubesetzung? 5. Wie wird in der Übergangszeit eine unabhängige Beratung in der ZUE Oerlinghausen sichergestellt? Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Ein Interessenbekundungsverfahren zur Besetzung der in der Zentralen Unterbringungseinrichtung in Oerlinghausen bestehenden Beratungsstellen ist unverzüglich eingeleitet worden, nachdem bekannt wurde, dass der bisherige Träger – die Flüchtlingshilfe Lippe e. V. – diese Aufgabe zukünftig nicht mehr wahrnehmen wird. Für die Asylverfahrensberatung und die Dezentrale Beschwerdestelle in der ZUE Oerlinghausen konnte zwischenzeitlich eine Nachfolgelösung gefunden werden. Die Stellen können von den Trägern ab sofort besetzt werden. Gemeinsam wird angestrebt, möglichst kurzfristig wieder ein Sprechstundenangebot im Bereich der Verfahrensberatung in der ZUE Oerlinghausen zu ermöglichen. Im Übrigen wird auf den mündlichen Bericht der Landesregierung zu TOP 10 in der Sitzung des Integrationsausschusses am 7. März 2018 verwiesen.