LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2208 19.03.2018 Datum des Originals: 12.03.2018/Ausgegeben: 22.03.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 788 vom 7. Februar 2018 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/1918 Sind Behauptung eines WDR-Journalisten, es gäbe polizeiliche Rodung im Hambacher Forst trotz gerichtlichen Verbots, zutreffend – oder nicht? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 22.01.2018 fand eine weitere Räumung von Rettungswegen im Hambacher Forst statt, die durch Holzgerüste, Tripods, Stehlen und Seilkonstruktionen – mit zum Teil angeketteten Besetzern – versperrt waren. Der Einsatz wurde von verschiedenen Landtagsabgeordneten (u.a. auch dem Steller dieser Kleinen Anfrage) vor Ort beobachtet. Nach Urteil eines eingesetzten Arztes bestand für eine Besetzerin akute Lebensgefahr, da sie sich auf einer Stehle mit einem Bügelschloss um den Hals festgekettet hatte und nicht mehr selbstständig befreien konnte. Diese Besetzerin war derart mit der selbstgebauten Holzkonstruktion verbunden, dass sie drohte sich selbst zu strangulieren. Die Rettungskräfte hatten Probleme, zeitgerecht zu der Hilfsbedürftigen vorzudringen, da der entsprechende Rettungsweg gleichzeitig durch ein mit drei Besetzern bestücktes Tripod versperrt war. Aufforderungen der Polizei, die Barrikade zu verlassen, kamen die Besetzer nicht nach. Hierdurch musste ein neuer Rettungsweg geschaffen werden, wozu einzelne Bäume gefällt wurden. Ein WDR-Journalist verbreite hierzu am 22.01.2018 über soziale Medien im Internet die Meldung: „#Rodung heißt jetzt „Rettungs- und Einsatzwege im Wald frei machen“ - @RWE_AG fällt heute – trotz gerichtlichen Rodungsstopps – wieder Bäume im #Hambacher Forst – unter massiven Polizeischutz #Neusprech #Braunkohle“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2208 2 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 788 mit Schreiben vom 12. März 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1. Hat die RWE AG gegen den gerichtlichen Rodungsstopp verstoßen? Die RWE Power AG hat aus Anlass eines Rettungseinsatzes auf Veranlassung der hierfür zuständigen Behörde am 22.01.2018 Buschwerk mit einem Astdurchmesser von bis zu 5 cm beseitigt sowie eine Zuwegung zwischen den Bäumen geschaffen. Diese Maßnahmen waren erforderlich, um notwendige Hilfeleistungen sowie gefahrenabwehrende Maßnahmen durchführen zu können. Bäume sind dafür nach Informationen der Landesregierung nicht gefällt worden. Die Arbeiten dienten keinen bergbaulichen Zwecken. 2. Wie ist der Einsatzablauf und die eingeleitete Personenrettung für Journalisten an diesem Tag transparent gemacht bzw. kommuniziert worden? Der Einsatz der Polizei am 22.01.2018 wurde durch die Pressestelle des Polizeipräsidiums Aachen in den sozialen Medien sowie parallel über das Presseportal „ots“ um 07:38 Uhr wie folgt bekannt gegeben: „Einsatz der Polizei im Hambacher Forst - Rettungs- und Einsatzwege werden freigemacht - keine Rodungsarbeiten-keine Räumung der Baumhäuser Aachen/Hambach/Morschenich - Heute Morgen werden von Unbekannten errichtete Barrikaden auf der L276 und den Waldwegen durch RWE beseitigt. Rettungs- und Einsatzwege werden wieder frei gemacht. Es finden ausdrücklich keine Rodungsarbeiten und keine anlassunbezogenen Räumungen von Baumhäusern oder des Wiesencamps statt. Die Polizei in Aachen gewährleistet den Schutz der RWE-MitarbeiterInnen und WaldbesucherInnen. (pw)“ Darüber hinaus wurden im Zusammenhang mit dem Einsatzgeschehen eingegangene telefonische Anfragen der Medien beantwortet sowie regelmäßig Meldungen zu Informationszwecken auf „Twitter“ eingestellt. Die Abschlussmeldung zum Einsatz wurde um 21:18 Uhr ebenfalls über „Twitter“ und „ots“ kommuniziert. Während des Einsatzgeschehens befanden sich Presse- und Medienvertreter des Kölner Stadtanzeigers sowie des Fernsehsenders RTL vor Ort. 3. Welche Wirkung haben Meldungen, die weitere Rodungen trotz Gerichtsverbot behaupten, auf die Besetzerszene und für die polizeiliche Lagebewältigung? Meldungen, die einen nicht den Tatsachen entsprechenden Sachstand verbreiten, können eine besondere Relevanz entfalten. Daraus können einsatztaktische Reaktionen der Polizei resultieren, die in der Folge die einsatzführende Polizeibehörde dazu veranlasst, ihr taktisches Konzept zu ändern, den Kräfteansatz anzupassen oder sich ggf. auf hieraus entstehende Konfliktsituationen vorzubereiten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2208 3 4. Wie beurteilt die Landesregierung den Vorwurf der Sprachmanipulation, um Tatsachen zu verbergen und die Ziele oder Ideologien Anwender zu verschleiern, den der WDR-Journalist mit dem Hashtag Neusprech ausdrückt? Mit Blick auf das in Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz verbürgte Grundrecht der Presseund Rundfunkfreiheit enthält sich die Landesregierung grundsätzlich der Beurteilung von Meinungsäußerungen von Journalisten. Den Vorwurf der Sprachmanipulation in polizeilichen Mitteilungen weist die Landesregierung entschieden zurück. 5. Kann mit der gezielten Verbreitung von Falschmeldungen durch Vertreter des WDR der Auftrag des §4a des WDR-Gesetzes, der Grundsätze zur Sicherung journalistischer und qualitativer Standards einfordert, gefährdet werden? Die Verantwortung, dass und die Einschätzung, ob beim WDR die Grundsätze zur Sicherung journalistischer und qualitativer Standards (§ 4a WDR-Gesetz) eingehalten werden, obliegt dem Intendanten. Zusätzlich wird die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zum Programmauftrag und den Programmgrundsätzen durch den WDR-Rundfunkrat kontrolliert. Besonders an öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und an die von ihm beschäftigten Journalisten wird die Erwartung gerichtet private Meinungsäußerungen und journalistische Arbeit klar voneinander zu trennen. Dies muss für das Publikum eindeutig erkennbar sein. Dies haben die zuständigen Stellen und Gremien mit besonderer Behutsamkeit und Sorgfalt zu gewährleisten, auch um die Akzeptanz eines gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zeiten von Fake News sicherzustellen.