LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2267 28.03.2018 Datum des Originals: 28.03.2018/Ausgegeben: 04.04.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 842 vom 1. März 2018 des Abgeordneten Herbert Strotebeck AfD Drucksache 17/2093 Essener Tafel – Wie ist die Lage bei den anderen Tafeln in NRW? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Prolog: Die Tafel in Essen hat sich im Dezember 2017 zu einem (vorübergehenden) Aufnahmestopp für Ausländer entschieden bzw. vergibt Berechtigungen zum Empfang von Lebensmitteln nur noch an Menschen mit deutschem Pass. Anlass für die Regelung ist laut Essener Tafel, dass sich vor allem ältere Deutsche dort nicht mehr wohlfühlen und von den Ausländern be- und verdrängt werden. Der Ausländeranteil der Nutzer der Essener Tafel betrug 2015 35 Prozent, mittlerweile sind es 75 Prozent. Die Ausländer haben laut Tafelleitung einen „mangelnden Respekt gegenüber Frauen“ gezeigt. Die Hauptzielgruppe der Tafel sind Senioren, Familien mit Kindern und Alleinerziehende. Unter anderem CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Staatssekretärin Sawsan Chebli kritisierten den vorübergehenden Aufnahmestopp für Ausländer. Die Essener Tafel will dennoch daran festhalten. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und Philosoph Richard Schröder machte in einem Essay in der „Welt“ am 28. Februar darauf aufmerksam, dass der Verdrängungsprozess einheimischer Frauen von Lebensmittelausgaben seit zwei mindestens zwei Jahren bundesweit auftrete: „Und wenn 75 Prozent der Registrierten Migranten sind, ist es doch gerecht und in Ordnung, nun den Nicht-Migranten die Gelegenheit zu geben, auch noch registriert zu werden.“ Neben Essen haben offensichtlich auch andere Städte Lösungen für das Problem mit dem hohen Ausländeranteil bei Tafeln gesucht: In Chemnitz wurden getrennte Ausgabetage für Deutsche und Ausländer eingerichtet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2267 2 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 842 mit Schreiben vom 28. März 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet. 1. Wie hoch ist der Ausländeranteil der Nutzer der Tafeln der drei größten Städte in NRW (Köln, Düsseldorf, Dortmund)? Der Landesverband der Tafeln in Nordrhein-Westfalen erstellt keine Statistiken bzgl. der soziodemographischen Daten der Nutzerinnen und Nutzer. Der Landesregierung liegen hierzu somit keine Daten vor. Die Tafeln sind als Initiativen in privater Trägerschaft grundsätzlich selbständig und unterscheiden sich in Bezug auf Organisation und Herangehensweise. So beliefert die Kölner Tafel regelmäßig ca. 180 soziale Einrichtungen, die sich in besonderer Weise um bedürftige Menschen kümmern. Eine direkte Lebensmittelausgabe an Bedürftige findet nicht statt. 2. Wie hat sich der Ausländeranteil an den Tafeln in NRW insgesamt seit 2015 entwickelt (bitte in Prozent und absoluten Zahlen)? Entsprechende Daten liegen der Landesregierung nicht vor. 3. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es in den letzten zwei Jahren auch an anderen Tafeln zu Problemen mit Ausländern gekommen ist? Die Nachfrage nach Lebensmitteln der Tafeln hat allgemein, auch durch den Zuzug von Flüchtlingen und Arbeitsmigranten, in den letzten Monaten im Durchschnitt zugenommen. Einzelne Tafeln entscheiden sich für Aufnahmestopps bzw. Wartelisten, da die wachsende Nachfrage nicht überall mit einer entsprechend größeren Menge an zur Verfügung stehenden Lebensmitteln korrespondiert. 4. Wie wertet die schwarz-gelbe Landesregierung den „Ausländer-Aufnahmestopp“ der Essener Tafel? Die Arbeit der Essener Tafel zeichnet sich durch ein langjähriges und umfängliches Engagement aus. Bei ihr sind 1.800 Einzelpersonen und Familien registriert, insgesamt gibt es rund 6.000 Menschen, die die Tafel nutzen und die von 120 Mitarbeitenden versorgt werden. Zu den Kunden gehören nach eigenen Angaben der Tafel insbesondere Alleinerziehende, Familien mit minderjährigen Kindern, Seniorinnen und Senioren und Menschen mit Migrationshintergrund. Es müssen bei großem Andrang Kriterien gefunden werden, wie diese begrenzten Mittel gerecht verteilt werden können. Deshalb begrüßt die Landesregierung, dass nun unter Moderation des Sozialdezernenten der Stadt Essen am 9. März 2018 ein runder Tisch mit den Verantwortlichen der Essener Tafel, den Essener Wohlfahrtsverbänden sowie den Migrantenselbstorganisationen stattgefunden hat. Der hierzu veröffentlichten gemeinsamen Presseerklärung aller Beteiligten ist zu entnehmen, dass sich die beteiligten Organisationen und Verbände unter anderem darauf verständigt haben, die derzeitigen vorübergehend eingeführten Beschränkungen schnellstmöglich LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2267 3 aufzuheben. Sollte es zukünftig erneut zu Kapazitätsengpässen bei der Aufnahme von Neukarteninhaberinnen und -inhabern kommen, würden besonders Alleinerziehende, Familien mit minderjährigen Kindern sowie Seniorinnen und Senioren - egal welcher Herkunft - bevorzugt aufgenommen. Darüber hinaus werde die Essener Tafel ihre Kernzielgruppe um die Gruppe der über 50-Jährigen Essenerinnen und Essener im Transferleistungsbezug erweitern. 5. In welcher finanziellen Höhe unterstützt die Landesregierung den Landesverband der Tafeln dieses Jahr? Eine finanzielle Unterstützung des Landesverbandes der Tafeln durch die Landesregierung findet nicht statt und ist auch nicht vorgesehen.