LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2273 29.03.2018 Datum des Originals: 29.03.2018/Ausgegeben: 05.04.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 843 vom 5. März 2018 des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD Drucksache 17/2094 Staatliche Subventionierung medizinisch unnötiger Eingriffe? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der induzierte Abort beschreibt die vorzeitige, meist gewollte Beendigung einer Schwangerschaft. Hierbei handelt es sich um eine medizinische Behandlung, welche trotz einer immer aufgeklärteren Gesellschaft leider noch viel zu häufig durchgeführt wird. Zwar ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche seit 2001 rückläufig, jedoch mit 98.721 Eingriffen im Jahr 2016 noch bedenklich hoch. Trauriger Spitzenreiter ist das Land Nordrhein- Westfalen mit allein 21.253 medizinisch induzierten Aborten im Jahr 2016. Ihren Höhepunkt erreicht diese gesellschaftliche Schieflage vor dem Hintergrund der bundesweiten Diskussion zur Abschaffung des §219 a StGB, dem sogenannten „Werbeverbot“. Hier werden wirtschaftliche Interessen und die Würde ungeborenen menschlichen Lebens in Verhältnis zueinander gesetzt und abgewogen. Eine fragwürdige Diskussion vor dem Hintergrund, dass die Bestrebungen eher in die Verringerung der medizinischen Eingriffe und deren Prävention gehen sollten, anstatt in ihre Agitation. Sofern weder eine medizinische noch kriminologische Indikation vorliegt, bestimmt der §19 I des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, dass Frauen Anspruch auf Leistungen für den Abbruch der Schwangerschaft haben, wenn ihnen „die Aufbringung der Mittel für den Abbruch der Schwangerschaft nicht zuzumuten ist.“ Ferner bestimmt §19 II SchKG in seiner ursprünglichen Fassung, dass einer Frau die Aufbringung der Mittel dann nicht zuzumuten sei, wenn ihre persönlichen Einkünfte 1001 Euro nicht übersteigen, oder gemäß §19 III Nr. 2 SchKG „die Frau laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Ausbildungsförderung im Rahmen der Anordnung der Bundesagentur für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung oder über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2273 2 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhält“. In einem solchen Fall können die betroffenen Frauen einen Antrag auf Kostenübernahme bei der gesetzlichen Krankenkasse stellen, welche die Kosten vorerst auslegt. Anschließend jedoch werden diese Kosten seitens der gesetzlichen Krankenkassen mit dem zuständigen Bundesland abgerechnet, welches letztlich der Kostenträger ist. Die Kosten belaufen sich schätzungsweise je nach stationärer oder ambulanter Behandlung auf 300 Euro bis 600 Euro. Frauen, die keine Leistungen nach den o.g. Normen erhalten, tragen die Kosten selbst, können diese jedoch nach §33 EStG als außergewöhnliche Belastungen unter „medizinische Heilbehandlungen“ steuerlich geltend machen. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 843 mit Schreiben vom 29. März 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wie viele Schwangerschaftsabbrüche sind in den Jahren 2015 und 2016 seitens der gesetzlichen Krankenkassen mit dem Land Nordrhein-Westfalen abgerechnet worden mit welchen finanziellen Auswirkungen? In den Jahren 2015 und 2016 wurden vom Land Nordrhein-Westfalen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz Kosten für 22.195 bzw. 21.658 Schwangerschaftsabbrüche erstattet. Die Kosten beliefen sich 2015 auf rund 7,4 Mio. Euro und 2016 auf rund 8,1 Mio. Euro. Der Haushaltsansatz in den Jahren 2015 und 2016 lag in beiden Jahren bei 8,25 Mio. Euro. Die Abrechnung der Kosten für Schwangerschaftsabbrüche erfolgt häufiger nicht in dem Jahr, in dem der Eingriff vorgenommen wird. So kann es zu zahlenmäßigen Verschiebungen kommen. 2. Bei der Bearbeitung der Einkommenssteuererklärung wird nach „außergewöhnlichen Belastungen“ differenziert. Hier ist die „Art der Belastung“ durch den Steuerpflichtigen anzugeben. Kann anhand der Angaben der Steuerpflichtigen bezüglich der Art der Belastung im Nachgang valide ermittelt werden, welche individuellen medizinischen Behandlungen geltend gemacht wurden? 3. Sollte eine valide Ermittlung im Fall von Frage zwei möglich sein, wie viele Schwangerschaftsabbrüche wurden in den Jahren 2012 - 2015 steuerlich geltend gemacht in welchem finanziellen Ausmaß? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Die „Art der Belastung“ wird elektronisch nicht erfasst. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2273 3 4. Wie viele Schwangerschaftsabbrüche sind in den Jahren 2015 und 2016 seitens der gesetzlichen Krankenkassen mit dem Land Nordrhein-Westfalen abgerechnet worden seitens Frauen, welche Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten mit welchen finanziellen Auswirkungen? Eine Dokumentation über die Einkommensarten der Frauen erfolgt nicht.