LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2349 11.04.2018 Datum des Originals: 11.04.2018/Ausgegeben: 16.04.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 871 vom 14. März 2018 des Abgeordneten René Schneider SPD Drucksache 17/2183 Viel Platz für Biene & Co: Nutzt das Land NRW seine Möglichkeiten zum Artenschutz voll aus? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im „Internationalen Jahr der biologischen Vielfalt“ 2010 forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Wir brauchen eine Trendwende jetzt und unmittelbar und nicht irgendwann“. Nach rund acht Jahren hat diese Forderung nicht zu einem Rückgang des Artensterbens geführt, wie die NRW-Studie zum Schwund der Insekten-Biomasse zeigt. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 871 mit Schreiben vom 11. April 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Wie viele landwirtschaftlich genutzte Flächen sind im Eigentum des Landes NRW? (Bitte mit Angabe der verpachteten Flächen.) Die höheren Naturschutzbehörden bei den Bezirksregierungen verwalten für das Land Nordrhein-Westfalen landesweit rund 10.400 ha landeseigene Naturschutzgrundstücke. Es handelt sich sowohl um landwirtschaftliche Flächen in der Regel (Feucht-)Grünland, aber auch zum Beispiel um Moore und Heiden. Es bedürfte umfangreicher Abfragen bei den Bezirksregierungen, um die landwirtschaftlichen Flächen und daraus wiederum die verpachteten Flächen zu filtern. Dies ist aufgrund der Kürze der Fristsetzung im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht möglich. Des Weiteren verwaltet der Landesbetrieb Wald und Holz NRW für das Land Nordrhein- Westfalen 4.262 ha landwirtschaftliche Fläche. Davon können 391 ha der Nutzungsart LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2349 2 Ackerland und 3.871 ha der Nutzungsart Grünland zugeordnet werden. Von den Ackerflächen sind 104 ha (27%) und vom Grünland sind 2.450 ha (63%) verpachtet. 2. Sind die Pachtverträge für die unter 1. genannten Flächen so formuliert, dass sie Bedingungen für die Erfüllung des § 2 (7) Landesnaturschutzgesetz stellen (Besondere Berücksichtigung der Naturschutzbelange auf öffentlichen Flächen)? Da es sich bei den landeseigenen Naturschutzgrundstücken ausschließlich um landeseigene Flächen zum Zwecke des Naturschutzes handelt, sind in den Pachtverträgen, soweit die Flächen verpachtbar sind, selbstverständlich die Einschränkungen in der Bewirtschaftung aufgrund der naturschutzfachlichen Zweckbestimmung geregelt. Hinsichtlich der landeseigenen Flächen, die der Landesbetrieb Wald und Holz NRW verwaltet, wurden in den letzten Jahren alle landwirtschaftlichen Flächen zusammen mit dem LANUV untersucht und gemeinsame Festlegungen getroffen, wie die Flächen möglichst naturnah zu bewirtschaften sind, soweit die Flächen besondere Naturschutzfunktionen wahrnehmen können. 3. Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, um die übrigen öffentlichen Flächen im Eigentum des Landes (Landesbetrieb Straßen, Forst, Bau) so zu bewirtschaften, dass sie den Zielen des Natur- und Artenschutzes in besonderer Weise dienen? Für den Staatswald in Nordrhein-Westfalen wurden mit der Biodiversitätsstrategie NRW erstmalig allgemeine Biodiversitätsstandards für die Anwendung im landeseigenen Forstbetrieb formuliert. Hinsichtlich der öffentlichen Flächen im Eigentum des Landes, die der Landesbetrieb Straßenbau NRW unterhält ist anzumerken, dass die ordnungsgemäße Unterhaltung der Grünflächen generell die Beachtung der natur- und artenschutzrechtlichen Gesetze und Vorgaben einschließt. Der Landesbetrieb unterhält die straßenbegleitenden Grünflächen nach den Grundsätzen des durch die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen definierten "Merkblatt für den Straßenbetriebsdienst Teil: Grünpflege". In diesem Merkblatt werden Rasenflächen, Gehölzflächen und Einzelbäume als Vegetation unterschieden und eine räumliche Trennung zwischen dem straßennahen Intensivbereich und dem etwas weiter zurückliegenden Extensivbereich vorgenommen. Im Intensivbereich muss aus Gründen der Verkehrssicherheit und der Erhaltung der baulichen Anlagen in kurzen zeitlichen Abständen gemäht und zurückgeschnitten werden. In den Zonen des Extensivbereichs werden insbesondere die natur- und artenschutzrechtlichen Aspekte in den Unterhaltungsmaßnahmen berücksichtigt. So ist für die Rasen- und Krautflächen definiert, dass dort nur gemäht werden soll, wenn "es aus Gründen der Landschaftspflege, der Ingenieurbiologie oder der Bestandssicherung erforderlich ist". Für das Mähen in diesen Bereichen ist eine insbesondere auf Insekten und die Selbstaussaat der Pflanzen ausgerichtete Vorgehensweise vorgesehen. Diese sieht vor, dass eine Mahd der Flächen erst bei einsetzender Verbuschung erfolgen und als Mähzeitraum der Spätsommer oder Herbst genutzt werden soll. Ein über mehrere Jahre versetztes Bearbeiten der Flächen ist vorgesehen ebenso wie eine nicht zu geringe Schnitthöhe. Für die Gehölzflächen sind die Bewirtschaftung bzw. die Unterhaltungspflege ergänzend zum vorgenannten Grünpflegemerkblatt in den "Hinweisen für die Gehölzpflege an Bundesfern- und Landesstraßen" definiert. In der "Ausgabe 2013" dieser Hinweise sind insbesondere die Aspekte zur Berücksichtigung des Artenschutzes aufgenommen und aktualisiert worden. Gemäß dieser Vorgabe ist für alle Entwicklungsstufen und Flächenformen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2349 3 als Ziel eine Dauerbestockung aus mehrschichtig aufgebauten Beständen mit stabilen Bäumen vorgesehen. Durch einen solchen Bestockungsaufbau wird eine strukturreiche Vegetation aus standortgemäßen Arten begünstigt, die sich positiv auf die Insekten- und Avifauna auswirkt. Neben den straßenbegleitenden Grünflächen unterhält der Landesbetrieb auch Kompensationsflächen. Diese Kompensationsmaßnahmen sind überwiegend in der Zielsetzung auf eine optimale ökologische Wirkung ausgerichtet, wie beispielsweise die Maßnahmentypen Hecken-Feldgehölze, Streuobstwiesen oder Sukzessionsflächen. Aus Sicht der Landesregierung wird die Bewirtschaftung der straßenbe-gleitenden Grünflächen durch den Landesbetrieb Straßenbau NRW den Zielen des Natur- und Artenschutzes mit der beschriebenen Arbeitsweise gerecht, sodass keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind. Hinsichtlich der öffentlichen Flächen im Eigentum des Landes, die der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) unterhält ist anzumerken, dass die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben vom BLB NRW eingehalten werden. Im Rahmen des Sonderprojektes Nachhaltige Ausrichtung des BLB NRW wird derzeit zudem geprüft, inwieweit weitere Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt ergriffen werden können. 4. Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, um sonstige Eigentümer öffentlicher Flächen (Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbände, öffentliche Unternehmen) zu veranlassen, dass sie ihre Flächen unter besonderer Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes bewirtschaften? Der Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt ist auch auf kommunaler Ebene ein wichtiges Aufgabengebiet. In diesem Zusammenhang stellt die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ eine freiwillige Selbstverpflichtung für Städte und Gemeinden zum aktiven Handeln dar. In Nordrhein-Westfalen haben 45 von bundesweit 282 Städten und Gemeinden sowie ein Landkreis die Deklaration unterzeichnet (Stand: Ende 2017). Seitens der Wasserwirtschaft sind keine Maßnahmen geplant, um sonstige Eigentümer öffentlicher Flächen (Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbände, öffentliche Unternehmen) zu veranlassen, dass sie ihre Flächen unter besonderer Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes bewirtschaften. 5. Ist die Beweidung mit Schafen oder die Mahd von Deichschutzanlagen “Bewirtschaftung“ im Sinne des § 2 Abs. 7 des Landesnaturschutzgesetzes? Die Beweidung von Deichschutzanlagen sowie die Mahd unterfallen dem Begriff der "Bewirtschaftung" im Sinne des § 2 Abs. 7 Satz 1 LNatSchG. Beweidung und Mahd erfolgen jedoch aus Gründen des Hochwasserschutzes und müssen spezifischen wasserrechtlichen Anforderungen genügen. Inwieweit Raum für die Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes bleibt, ist im Einzelfall zu prüfen.