LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2487 26.04.2018 Datum des Originals: 26.04.2018/Ausgegeben: 02.05.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 912 vom 28. März 2018 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2270 Unnötige Rodung: Wie viel Zeit bleibt dem Hambacher Wald? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in Münster sieht laut seinem Beschluss vom 1. Dezember 2017 Klärungsbedarf bei der Frage, welche Bedeutung die existierenden Flächen des Hambacher Waldes für die Bech-steinfledermaus besitzt. Dies soll nun durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden. Die Rodungsarbeiten im verbleibenden Wald wurden daher zunächst eingestellt und können frühestens am 1.Oktober 2018 wieder aufgenommen werden. Durch die Einstellung der Rodungsarbeiten muss das bergbautreibende Unternehmen RWE Power keine Einschnitte in der Kohleförderung befürchten, da es ausreichend Flächen für den Abbau – auch im Tagebau Hambach – bereits zur Verfügung hat. In ihrer Antwort (Drs. 17/1827) auf die Kleine Anfrage „Welche Folgen hat Ankündigung von Minister Pinkwart, die Rodungssession 2017 – 2018 im Hambacher Forst ausfallen zu lassen“ (Drs. 17/1591) führt die Landesregierung aus, dass der eigentliche Hauptbetriebsplan für den Tagebau Hambach von 2015 – 2017 Gültigkeit hatte. Die zuständige Bezirksregierung Arnsberg hat den Betriebsplan auf Antrag des Unternehmens befristet verlängert. In der Antwort der Landesregierung zu Frage 1 der oben genannten Kleinen Anfrage heißt es zudem: „Durch die Zulassung ist die Fortführung der Kohlegewinnung auch nach dem 31.12.2017 gesichert und damit die wichtige Versorgung der Braunkohlenkraftwerke in den nächsten Monaten gesichert.“ Weiter führt die Landesregierung in ihrer Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage aus: „Die genannten Maßnahmen finden stets im direkten Vorfeld des Tagebaus statt und nur in dem Maße, wie es für den Abbaufortschritt erforderlich ist. So erfolgen die Rodungen, die grundsätzlich nur im Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende Februar durchgeführt werden dürfen, im Regelfall bereits zwei Jahre vor dem Schaufelradbaggereinsatz.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2487 2 Nach Berechnungen des BUND NRW könnte die Braunkohlenförderung im Tagebau Hambach noch vier bis sechs Jahre weitergeführt werden, ohne dass es zu Rodungen im Hambacher Wald kommen müsste1. Dieser Zeitraum wäre ausreichend lang, um ein fundiertes, unabhängiges Gutachten über die Schutzwürdigkeit der verbliebenen Waldgebiete zu erstellen. Bis zum Start der nächsten Rodungssaison sind es hingegen nur noch etwa sechs Monate. Ein in dieser Eile erstelltes Gutachten wäre vor Gericht angreifbar und wäre somit nicht in der Lage zu einer langfristigen Lösung des Rechtstreits beizutragen. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 912 mit Schreiben vom 26. April 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viel Braunkohle wird aktuell pro Jahr für den Betrieb der noch laufenden Kraftwerke im Rheinischen Revier unter Berücksichtigung der aktuellen Marktgegebenheiten benötigt? (Bitte die Jahre 2015, 2016, 2017 sowie eine Prognose für die Jahre 2018 bis2025 (unter der Annahme, dass die Blöcke in der Sicherheitsbereitschaft nach §13g EnWG weiterhin nicht eingesetzt werden) angeben.) 2. Welche Mengen an Kohle wurden bzw. werden pro Jahr und Tagebau im Rheinischen Revier gewonnen? (Bitte nach Tagebau für die Jahre 2015, 2016, 2017 sowie als Prognose für 2018 bis 2025 getrennt auflisten.) Die Fragen 1 und 2 werden nachfolgend im Zusammenhang beantwortet. Folgende Kohlemengen (in Mio. Tonnen) wurden bzw. werden in den Tagebauen des Rheinischen Reviers nach Angaben des Unternehmens gewonnen und entsprechend dem jeweiligen Bedarf in Kraftwerken und Veredelungsbetrieben eingesetzt. Tgb. Inden Tgb. Garzweiler Tgb. Hambach 2015 rd. 19 Mio. t rd. 35 Mio. t rd. 41 Mio. t davon Verwendung in Kraftwerken der allgem. Versorgung: 83,5 Mio. t2 2016 rd. 20 Mio. t rd. 33 Mio. t rd. 39 Mio. t davon Verwendung in Kraftwerken der allgem. Versorgung: 79,7 Mio. t1 2017 rd. 20 Mio. t rd. 33 Mio. t rd. 39 Mio. t davon Verwendung in Kraftwerken der allgem. Versorgung: 79,3 Mio. t1 Prognose gemäß Hauptbetriebsplänen (Mittelwerte) 2016 – 2018: rd. 18 – 20 Mio. t (jährlich) 2017 – 2019: rd. 25 – 30 Mio. t (jährlich) 2018 – 2020: rd. 37 – 40 Mio. t (jährlich) 1 BUND NRW (2018): https://www.bundnrw .de/fileadmin/nrw/dokumente/braunkohle/2018_01_27_Hambacher_Wald.pdf 2 Deutscher Braunkohlen-Industrie-Verein e.V. DEBRIV e.V.; https://braunkohle.de/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2487 3 Die Planungen beruhen auf den heutigen Kenntnissen über die Marktgegebenheiten. Zwischenlagerungen der Braunkohle finden nicht in nennenswertem Umfang statt, sodass die angegebenen Fördermengen den in Kraftwerken und Veredelungsbetrieben eingesetzten Mengen entsprechen. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Fördermengen bis 2025 auf einem ähnlichen Niveau verbleiben, wobei aufgrund der Sicherheitsbereitschaft bei den Tagebauen Garzweiler und Hambach Fördermengen am unteren Ende der genannten Spannbreiten zu erwarten sind. 3. Welche Fläche (in ha) wird bei der aktuellen Abbaumenge pro Jahr in Anspruch genommen? (Bitte nach Tagebauen getrennt für die Jahre 2015, 2016, 2017 sowie als Prognose für 2018 bis 2025 auflisten.) Nach den der Bergbehörde jährlich vorzulegenden Unterlagen zur „Rekultivierungsstatistik für das Rheinische Braunkohlenrevier“ ergaben sich in den Jahren 2015 bis 2017 folgende Flächeninanspruchnahmen in den Tagebauen Inden, Garzweiler und Hambach: Tgb. Inden Tgb. Garzweiler Tgb. Hambach 2015 rd. 85 ha rd. 110 ha rd. 85 ha 2016 rd. 70 ha rd. 120 ha rd. 75 ha 2017 rd. 70 ha rd. 100 ha rd. 80 ha Prognose 2018-2025 (Mittelwert) rd. 40-60 ha gemäß Rahmenbetriebsplan rd. 100-110 ha gemäß Rahmenbetriebsplan rd. 80-100 ha gemäß Hauptbetriebsplan 2018-2020 bzw. 3. Rahmenbetriebsplan 2020-2030 4. Welche Fläche (in ha) mit welchem Abstand (in m) zur aktuellen Abbaukante des Tagebaus Hambach besteht zwischen der Tagebauabbaukante und der noch nicht gerodeten Waldfläche des Hambacher Waldes? Nach Anlage 6 des zugelassenen Hauptbetriebsplans für den Tagebau Hambach 2018 bis 2020 ist aktuell (Betriebszustand Dezember 2017) die Fläche zwischen der Abbaukante und dem Restwald des Hambacher Forstes, räumlich begrenzt auf die Breite des Restwaldes, etwa 150 ha groß. Die Oberkante des offenen Tagebaus ist danach bis auf rund 350 m an den Restwald herangerückt. 5. Wofür muss wieviel Fläche (in ha) mit welchem Abstand (in m) zur aktuellen Abbaukante des Tagebaus Hambach technisch gesehen frei geräumt werden, um den Tagebaubetrieb sicherzustellen? Zur Beantwortung der Frage 5 wird in diesem Zusammenhang auf die Antwort der Landesregierung vom 24.01.2018 (Drucksache 17/1827) zur Frage 2 der Kleinen Anfrage 658 (Drucksache 17/1591) verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2487 4 Für die Gewinnung, Förderung und Verkippung von Kohle und Abraum sind räumlich und zeitlich vorlaufende Maßnahmen zur Beräumung des Vorfeldes erforderlich. Dabei muss das Tagebauvorfeld so hergerichtet werden, dass der Grabprozess des Schaufelradbaggers nicht beeinträchtigt wird. Bei bewaldeten Flächen handelt es sich im Wesentlichen um folgende Maßnahmen der Vorfeldberäumung: a. die Durchführung von Artenschutzmaßnahmen unter Beachtung der geltenden Naturschutzgesetze, b. die Rodung und anschließende Beseitigung des Holzes, c. die systematische Metallteilsuche und ggf. die Kampfmittelbeseitigung durch die Bezirksregierung, d. die Beseitigung der im Boden befindlichen Baum- und Buschwurzeln, e. archäologische Prospektionen und Ausgrabungen durch die zuständigen Ämter für Bodendenkmäler und f. ggf. der Rückbau von Brunnen, Leitungen, Wegen und anderer Infrastruktur. Die genannten Maßnahmen finden stets im direkten Vorfeld des Tagebaus statt und nur in dem Maße, wie es für den Abbaufortschritt erforderlich ist. So erfolgen die Rodungen, die grundsätzlich nur im Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende Februar durchgeführt werden dürfen, im Regelfall bereits zwei Jahre vor dem Schaufelradbaggereinsatz. In dem letzten Jahr zwischen der Rodung und dem Baggereinsatz müssen die o. g. Arbeiten c – f zwingend abgeschlossen werden. Diese Beschreibung gilt für die planmäßige geordnete Vorfeldberäumung vor der Inanspruchnahme durch den Bagger. Das planmäßige Vorgehen berücksichtigt auch Unwägbarkeiten. Deshalb sind in der Vorfeldberäumung und auch im Artenschutzprogramm gewisse Zeitpuffer berücksichtigt, die es erlauben, im Einzelfall unvorhersehbare Verzögerungen für eine gewisse Zeit überbrücken zu können, ohne dass sich dies unmittelbar auf die Kohlebereitstellung auswirkt. Aufgrund der Vielzahl erforderlicher Maßnahmen im Rahmen der Vorfeldberäumung mit situationsbezogen unterschiedlichen Anforderungen kann eine pauschale Aussage für den Flächenbedarf und den notwendigen Abstand zur Tagebaukante nicht getroffen werden.