LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2588 11.05.2018 Datum des Originals: 11.05.2018/Ausgegeben: 16.05.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 973 vom 16. April 2018 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/2381 Drohen Belegungsstopps bei Pflegeheimen im Rhein-Erft-Kreis? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Kürzlich hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein Westfalen mitgeteilt, dass 557 der 2600 teil- und stationären Pflegeheime in Nordrhein- Westfalen nicht über ausreichend Einzelzimmer verfügen, um die ab dem 01.08.2018 geltende Einzelzimmerquote von 80% zu erfüllen. In den betroffenen Pflegeheimen droht daher ab dem 01.08.2018 ein Belegungsstopp, bis die vorgeschriebene Quote erreicht ist. Pflegebedürftige müssen sich daher darauf einstellen, dass sich die Wartezeit für einen Pflegeplatz verlängert. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 973 mit Schreiben vom 11. Mai 2018 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Antworten zu den Fragen 1 – 4 beruhen auf einer anlässlich der Kleinen Anfrage eingeholten Stellungnahme des Rhein-Erft-Kreises. 1. Welche Pflegeheime im Rhein-Erft-Kreis erfüllen aktuell nicht die ab dem 01.08.2018 vorgeschriebene Einzelzimmerquote von 80%? 2. Welche Pflegeheime im Rhein-Erft-Kreis werden die ab dem 01.08.2018 vorgeschriebene Einzelzimmerquote von 80% voraussichtlich nicht erfüllen? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2588 2 Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die entsprechenden Angaben finden sich in der nachfolgenden gemeinsamen Tabelle: 3. Bieten die weiteren Pflegeheime im Rhein-Erft-Kreis ausreichende Kapazitäten, um die wegfallenden Kapazitäten der vom Aufnahmestopp betroffenen Pflegeheime aufzufangen? Die Verhängung eines „Aufnahmestopps“ bedeutet nicht, dass Bewohner aus der Einrichtung ausziehen müssen. Es dürfen lediglich keine neuen Bewohner aufgenommen werden, bis die Erfordernisse nach dem Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) erfüllt sind. Nr. Name des Pflegeangebots zu Frage 1: Einzelzimmerquote aktuell zu Frage 2 voraussichtliche Einzelzimmerquote zum 31.07.2018 Anmerkungen 1 Erftflora Wohn- und Pflegezentrum Bedburg 58,5% 80% Beratungsphase 2 Seniorenzentrum Stiftung Hambloch Bedburg-Kaster 67,6% 77% Beratungsphase 3 Seniorenresidenz Brühl Brühl 61,3% 61,30% Doppelzimmerabbau im Rahmen des "Aufnahmestopps" 4 Seniorenwohnheim Brühl, vollstationärer Pflegebereich Brühl 70,2% 70,20% Beratungsphase 5 Seniorenzentrum Anna-Haus Hürth 47,9% 98,30% Doppelzimmerabbau im Rahmen des "Aufnahmestopps" Umbau geplant 6 Seniorenzentrum St. Ursula Hürth 63,8% 80,10% Doppelzimmerabbau im Rahmen des "Aufnahmestopps" Umbau geplant 7 Rudi-Tonn-Altenzentrum Hürth 55,3% 80% Doppelzimmerabbau im Rahmen des "Aufnahmestopps" 8 Seniorenzentrum St. Josef-Haus Kerpen-Buir 30,4% 81% Doppelzimmerabbau im Rahmen des "Aufnahmestopps" Ersatzneubau bgeplant 9 Seniorenzentrum Pulheim Pulheim 63,5% 84,90% Doppelzimmerabbau im Rahmen des "Aufnahmestopps" Umbau geplant 10 Seniorenresidenz Christinapark Pulheim-Stommeln 64,3% 82,10% Doppelzimmerabbau im Rahmen des "Aufnahmestopps" 11 Seniorenhotel Villa Freund Pulheim 64,7% 64,70% Doppelzimmerabbau im Rahmen des "Aufnahmestopps" Umzug in Neubau LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2588 3 Im Rhein-Erft-Kreis besteht seitens der Wohlfahrtsverbände und der privaten Träger die Absicht, weitere Pflegeeinrichtungen zu bauen. Konkret befinden sich vier vollstationäre (jeweils 72 – 80 Plätze) neue Einrichtungen in der Planung oder Errichtung. Weitere sind beabsichtigt. Teilstationäre Einrichtungen und pflegeergänzende Angebote befinden sich ebenfalls im Ausbau. Eine detaillierte Darstellung der Situation ist der Kommunalen Pflegeplanung des Rhein-Erft-Kreises zu entnehmen: https://www.rhein-erftkreis .de/sites/default/files/Pflegeplanung_REK.pdf 4. Um wie lange wird sich die aktuelle durchschnittliche Wartezeit auf einen Pflegeplatz im Rhein-Erft-Kreis ab dem 01.08.2018 voraussichtlich verlängern? Aussagen über die Wartezeit auf einen Pflegeplatz zu treffen, ist pauschal nicht möglich. Die Aufnahme hängt von dem Grad der Pflege, zusätzlichen Erkrankungen, der häuslichen Situation, der Versorgungs-struktur der pflegeergänzenden Angebote am Wohnort, der Flexibilität bei der Einrichtungssuche und anderen Faktoren ab. 5. Was unternimmt die Landesregierung speziell im Rhein-Erft-Kreis, um einen Belegungsstopp bei den betroffenen Pflegeeinrichtungen zu verhindern? Der Gesetzgeber hat im Jahr 2003 die Entscheidung getroffen, dass Pflegeeinrichtungen ab dem 31.07.2018 über mindestens 80 % Einzel-zimmer und eine ausreichende Zahl von Sanitärräumen in Form von Einzel- oder Tandembädern verfügen müssen. In der vorherigen Legislaturperiode, in der die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen über die parlamentarische Mehrheit verfügten, hat der Gesetzgeber im § 47 Abs. 3 des am 16.10.2014 in Kraft getretenen Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) klar zum Ausdruck gebracht, dass die Umsetzung dieser Anforderung strikt gemeint sei: „Die Anforderungen nach § 20 Absatz 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 sind für bestehende Einrichtungen spätestens bis zum 31. Juli 2018 umzusetzen“. Im Interesse der Pflegebedürftigen, die einen auch durch die UN-Behindertenrechtskonvention garantierten Anspruch auf Privatsphäre haben, und auch im Interesse der Einrichtungen, die zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen teils erhebliche Investitionen getätigt haben, hat keine Veranlassung für die derzeitige Landesregierung bestanden, dem Gesetzgeber eine Veränderung dieser Vorschrift vorzuschlagen. Daher ist zunächst festzustellen, dass die Einrichtungen, die ab dem 31.07.2018 die 80 %-Einzelzimmerquote nicht erfüllen oder nicht über die notwendige Anzahl von Bädern verfügen, ab diesem Datum nicht mehr den Anforderungen des WTG entsprechen. Um einen möglichst landeseinheitlichen Umgang mit diesen nicht mehr rechtskonformen Einrichtungen zu gewährleisten, hat die Landesregierung mit Erlass vom 20.04.2018 die Kreise und kreisfreien Städte auf die Handlungsalternativen hingewiesen. Dies sind: Weiterbetrieb der Einrichtung unter Verzicht auf Pflegewohngeld bis längstens zum 31.07.2023. Nutzung überzähliger Doppelzimmer ausschließlich für die Kurzzeitpflege bis längstens zum 31.07.2021. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2588 4 Eine Wiederbelegungssperre für maximal 10 % der verfügbaren Plätze für die Einrichtungen, die bis zum 31.07.2018 über einen genehmigten Bauantrag verfügen. Die weiteren Schritte bis zur Inbetriebnahme der WTG-konformen Einrichtung werden von der WTG-Behörde eng begleitet. Eine Wiederbelegungssperre bis zur Erfüllung der Anforderungen des WTG für die Einrichtungen, die die 15-jährige Übergangsfrist nicht genutzt haben. Auf dieser Grundlage geht die Landesregierung davon aus, dass im Ergebnis erheblich weniger Plätze von der Wiederbelegungssperre betroffen sein werden, als nach dem Ergebnis einer im April 2018 durchgeführten Erhebung bei den WTG-Behörden zu erwarten gewesen wären. Hierzu ist anzumerken, dass die dabei ermittelten 2.786 Plätze, die von der Wiederbelegungssperre in Pflegeeinrichtungen betroffen sein könnten, bezogen auf die 179.368 insgesamt zum 15.12.2015 verfügbaren Plätze in vollstationären Pflegeeinrichtungen nur knapp 1,6 % ausmachen. Dabei ist nicht berücksichtigt, dass, wie im Rhein-Erft-Kreis, seit dem 15.12.2015 auch landesweit neue Einrichtungen mit zusätzlichen Plätzen entstanden sind bzw. noch entstehen.