LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2600 14.05.2018 Datum des Originals: 11.05.2018/Ausgegeben: 17.05.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 954 vom 9. April 2018 des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD Drucksache 17/2342 Staatliche Mittel gegen Adipositas und Diabetes effizient nutzen! Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Adipositas ist seit langem schon keine Alterserscheinung mehr. Es handelt sich um ein globales Gesundheitsproblem, welches sich durch alle Bevölkerungs- und Altersschichten zieht. Als besonders problematisch stellt sich jedoch die Anzahl adipöser Kinder und Jugendlicher in den Industrieländern dar. Der im Journal of Health Monitoring erschienene KIGGS Studie zur Gesundheit von Kinder und Jugendlichen in Deutschland im Auftrag des Robert Koch-Instituts zufolge, beträgt die Häufigkeit von Übergewicht (einschließlich Adipositas) bei Mädchen und Jungen im Alter von drei bis 17 Jahren 15,4%. Die Adipositasprävalenz liegt bei 5,9%. Eine besorgniserregende Entwicklung, da Kinder mit Übergewicht und Adipositas im Vergleich zu normalgewichtigen Gleichaltrigen häufiger Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sowie einen erhöhten Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen und Störungen des Glukosestoffwechsels aufweisen. Außerdem, so die Studie weiter, sei ein hoher Body Mass Index (BMI) im Kindes und Jugendalter mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Typ-2- Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Erwachsenenalter assoziiert. Einer aktuellen Studie zufolge, welche im April 2018 im „The New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde („Change in overweight from childhood to early adulthood and risk of type 2 Diabetes“), soll eine Normalisierung des Körpergewichts vor der Pubertät den späteren Typ 2 Diabetes vermeiden helfen. Diese Ergebnisse sind insofern von Bedeutung, als dass sie verdeutlichen, wie wichtig eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik bereits im Kindesund Jugendalter ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2600 2 Um dieser verheerenden Entwicklung Einhalt zu gebieten, hat der EU-Agrarrat am 18. Dezember 2008 ein Schulobstprogramm beschlossen, welches sowohl Kinder und Jugendliche als auch das zuständige Lehrpersonal für diese Problematik sensibilisieren soll. Den Mitgliedsstaaten werden jährlich 90 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, diese Mittel werden in der Regel zu 50 % kofinanziert. Zum Schuljahr 2017/2018 wurden die Mittel auf 250 Millionen Euro erhöht. Deutschland stehen davon pro Schuljahr gut 29 Millionen Euro zur Verfügung. Beworben wird dieses Programm sowohl vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als auch vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein Westfalen. Hier haben die Schulen die Möglichkeit online an einer Art Auswahlverfahren teilzunehmen und sich somit für das Programm zu qualifizieren. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 954 mit Schreiben vom 11. Mai 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Schule und Bildung sowie dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Das EU-Schulobstprogramm wurde im August 2017 mit dem EU-Schulmilchprogramm zum EU-Schulprogramm zusammengelegt. Die vorgelegten Fragen werden bezüglich des laufenden Schuljahres 2017/2018 beantwortet. 1. Wieviele Schulen in Nordrhein-Westfalen haben sich für dieses Programm qualifiziert und nehmen demnach daran teil? (Bitte aufschlüsseln nach Schulform, Bezirk und die Dauer der Teilnahme) Im Schuljahr 2017/2018 nehmen am EU-Schulprogramm NRW, Programmteil Schulobst und -gemüse, insgesamt 1.078 Schulen mit Primarbereich teil, aufgeteilt in 824 Grundschulen, 245 Förderschulen und 9 „sonstige Schulen“ (z.B. Waldorfschulen). Aufteilung nach Regierungsbezirken NRW: Arnsberg 212 Schulen Detmold 125 Schulen Düsseldorf 315 Schulen Köln 278 Schulen Münster 148 Schulen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2600 3 Teilnahme der Schulen seit: Schuljahr Anzahl der (zusätzlich) neu aufge- nommenen Schulen 2009/2010 288 2010/2011 83 2011/2012 82 2012/2013 82 2013/2014 175 2014/2015 201 2015/2016 117 2016/2017 30 2017/2018 20 2. Wie hoch sind die finanziellen Mittel, die dem Land Nordrhein-Westfalen für die Durchführung dieses Projektes zur Verfügung stehen in Relation zu den tatsächlich vom Land NRW aufgewendeten Leistungen? Dem Land Nordrhein-Westfalen stehen für das Schuljahr 2017/2018 für den Programmteil Schulobst- und -gemüse 6.200.000 Euro an EU-Mitteln zur Verfügung. Aus dem Landeshaushalt werden zusätzlich 2.500.000 Euro zur Verfügung gestellt. 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung aus den durch die Schulen durchgeführten Evaluationen gewonnen? Für den Programmteil Schulobst und –gemüse wurde in in einer aktuell veröffentlichten Studie der Universitäten Bonn und Koblenz-Landau festgestellt, dass ein solches Programm tatsächlich beim Erreichen des Ziels hilft, den Obst- und Gemüseverzehr von Schulkindern längerfristig zu erhöhen und damit auch einen Beitrag zur Ernährungsbildung von Kindern und Jugendlichen zu leisten. Erhalten Kinder mehrfach pro Woche kostenlos Obst und Gemüse in ihren Schulen, konsumieren sie beispielsweise selbst an Tagen ohne Schulobstausgabe deutlich mehr der bei Kindern oftmals weniger beliebten Lebensmittelgruppe. Befragt wurden über 800 nordrhein-westfälische Schulkinder. 4. Liegen der Landesregierung Zahlen zu den gesundheitlichen Daten der Schüler vor, insbesondere an den teilnehmenden Schulen, und kann somit Auskunft über die Anzahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen gegeben werden? In der gerade veröffentlichten „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts gibt es Hinweise darauf, dass sich die Übergewichts- und Adipositasprävalenzen bei Heranwachsenden in Deutschland auf hohem Niveau stabilisiert haben. Im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006) ist insgesamt und in allen Altersgruppen kein weiterer Anstieg der Übergewichts- und Adipositasprävalenzen zu beobachten. Übergewichts- und Adipositasprävalenzen steigen mit zunehmendem Alter an. Kinder und Jugendliche mit niedrigem sozioökonomischen Status (SES) sind deutlich häufiger von Übergewicht und Adipositas betroffen als Gleichaltrige mit hohem SES. Aktuelle Daten aus Nordrhein-Westfalen zu schulärztlichen Untersuchungen im Einschulungsjahrgang 2015 zeigen für fünf- bis sechsjährige Kinder folgende Verteilung: 8,4 % der Kinder waren deutlich untergewichtig oder untergewichtig. 80,8 % der Kinder hatten das LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2600 4 dem Alter entsprechende Normalgewicht. 6,3 % der untersuchten Kinder waren übergewichtig (6,6 % der Mädchen und 6,0 % der Jungen) und 4,6 % adipös (4,6 % der Mädchen und 4,5 % der Jungen). In den letzten zehn Jahren stagniert die Adipositasrate bei Kindern im Einschulungsalter. Die Häufigkeit von Adipositas im Vorschulalter ist in Nordrhein-Westfalen regional sehr unterschiedlich. Kinder aus verdichteten Städteregionen sind häufiger von Adipositas betroffen als Kinder aus ländlichen Regionen. Spezielle Informationen zu der gesundheitlichen Situation der am EU-Schulprogramm teilnehmenden Schülerinnen und Schüler liegen nicht vor.