LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2623 16.05.2018 Datum des Originals: 15.05.2018/Ausgegeben: 22.05.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 957 vom 10. April 2018 der Abgeordneten Christina Kampmann, Michael Hübner und Rüdiger Weiß SPD Drucksache 17/2354 Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Digitalsteuer? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Europäische Kommission hat am 21. März 2018 einen Gesetzesvorschlag zur Besteuerung multinationaler Unternehmen vorgestellt. Kurzfristig soll eine vorübergehende Steuer von drei Prozent auf digitale Dienstleistungen wie Werbeanzeigen, den Verkauf von Nutzerdaten oder digitale Vermittlungsplattformen erhoben werden. Die Steuer zielt auf Unternehmen ab, deren weltweiter Jahresumsatz 750 Millionen Euro überschreitet und deren Einnahmen aus den innerhalb der EU erbrachten versteuerbaren digitalen Dienstleistungen höher als 50 Millionen Euro pro Jahr ausfallen. Ferner soll die Steuer dort erhoben werden, wo die digitalen Dienstleistungen angeboten werden. Langfristig soll das Körperschaftssteuerrecht um eine Definition einer „digitalen Betriebstätte“ ergänzt werden, um die Unternehmen angemessen zu besteuern. Der Minister der Finanzen hat die Kleine Anfrage 957 mit Schreiben vom 15. Mai 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung den Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission grundsätzlich? 2. Wird die Landesregierung den Gesetzesvorschlag im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten unterstützen? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2623 2 3. Sollten steuerliche Regeln, die auf klassische Unternehmensformen mit einer klaren Betriebsstätte zugeschnitten sind, an die flexiblen Modelle der digitalen Wirtschaft angepasst werden um Steuervermeidung zu verhindern? 4. Welche weiteren Pläne verfolgt die Landesregierung, um die Besteuerung der digitalen Wirtschaft in Zukunft sicherzustellen, vor allem vor dem Hintergrund bestehender Regelungslücken auf diesem Gebiet? 5. Will die Landesregierung sich für eine Reform der EU-Eigenmittel (zum Beispiel durch einen eigenen Vorschlag im Bundesrat) einsetzen, die mehr Unabhängigkeit von nationalen Budgets gewährleistet? Die Fragen 1 bis 5 werden zusammen beantwortet. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27. April 2018 mit deutlicher Mehrheit seine Stellungnahme zu den Plänen der EU-Kommission beschlossen (Drucksache 94/18). Damit hat der Bundesrat eine Länderinitiative unter Federführung Nordrhein-Westfalens aufgegriffen. Diese ist davon geleitet, Nachteile für die exportorientierte deutschen Wirtschaft zu verhindern, eine weltweit wirksame Lösung für eine faire digitale Besteuerung zu gewährleisten und als Zwischenschritt eine angemessene und faire Besteuerung von Einnahmen mit dem Handel von Daten europäischer Bürger zu ermöglichen. Die Landesregierung ist davon überzeugt, dass die Digitalisierung Chancen für eine fortschrittliche Gesellschaft, eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und einen modernen Staat gleichermaßen bietet. Es muss daher ein zentrales Ziel sein, diese Chancen zu nutzen und weiter auszubauen. Unternehmen, die in der Europäischen Union milliardenschwere Vermittlungs- und Werbeumsätze erzielen und dabei deutsche und europäische Daten nutzen, müssen aber einen angemessenen steuerlichen Beitrag leisten. Deshalb kommt die vorgeschlagene Einführung einer digitalen Betriebsstätte nur verbindlich und einvernehmlich, mindestens auf OECD-Ebene, in Betracht. Die Landesregierung erwartet daher von der Bundesregierung, dass sie sich auf internationaler Ebene für eine gemeinsame Lösung einsetzt. Die Schaffung einer digitalen Betriebsstätte allein auf europäischer Ebene ist abzulehnen. Ergänzend zu den aktuellen Vorschlägen der EU-Kommission weist die Landesregierung darauf hin, dass zur Lösung der Probleme bei der Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle auch für alle Unternehmen geltende Maßnahmen beitragen können, wie insbesondere die zügige Umsetzung der auf internationaler und europäischer Ebene bereits beschlossenen Maßnahmen gegen Steuervermeidung. Dazu gehören beispielsweise umfassende Regelungen zur Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung bei sogenannten hybriden Gestaltungen. Gerade derartige Gestaltungen sind von vielen Unternehmen der digitalen Wirtschaft in der Vergangenheit steuervermeidend genutzt worden.