LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2667 23.05.2018 Datum des Originals: 23.05.2018/Ausgegeben: 28.05.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 995 vom 18. April 2018 der Abgeordneten Christian Dahm und Angela Lück SPD Drucksache 17/2463 Wie groß ist der Hausärztemangel im Kreis Herford und in der Stadt Bad Oeynhausen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Jahr 2030 wird es im Kreis Herford rund 70.000 Menschen geben, die älter als 65 Jahre alt sind. Die Gesellschaft altert – im Jahr 2014 waren es noch 54.000 Menschen. Auch in der Stadt Bad Oeynhausen zeichnet sich dieser Trend ab. Die aktuell rund 11.300 Einwohner über 65 Jahre werden im Jahr 2030 auf über 12.000 ansteigen. Der Bedarf an Versorgung steigt, die Hausärzte werden dagegen immer weniger. Nur 10 Prozent der in NRW ausgebildeten, rund 2000 Ärzte, werden Allgemeinmediziner, heißt es. Im Kreis Herford und in Bad Oeynhausen gibt es in einigen Städten und Gemeinden bereits jetzt Praxen, die überfüllt sind und keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Das Problem wird sich in Zukunft noch verschärfen, da viele Ärzte im Rentenalter sind und keine Nachfolger finden. Jüngst hat das Gesundheitsministeriums NRW zum Hausärztemangel in NRW dargestellt, dass im Herbst 2017 bereits 574 Hausarztsitze in NRW komplett unbesetzt waren. Ursache hierfür sei, dass sich die Zahl der Hausärzte, die aus dem Berufsleben ausscheiden, seit 2006 um fast 80 Prozent auf 457 erhöht habe und die Zahl der neu zugelassenen Hausärzte nicht einmal halb so hoch sei. Je nach Region in NRW falle die Situation unterschiedlich dramatisch aus. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 995 mit Schreiben vom 23. Mai 2018 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2667 2 Vorbemerkung der Landesregierung Der Kreis Herford besteht aus neun Kommunen: Bünde, Enger, Herford, Löhne, Spenge, Vlotho, Hiddenhausen, Kirchlengern und Röding-hausen. Im Sinne der hausärztlichen Bedarfsplanung gemäß der Bedarfs-planungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (nach SGB°V) besteht der Kreis Herford aus vier Planungsbereichen, den sog. Mittelbereichen: Bünde, Herford, Löhne und Vlotho. Mittelbereiche umfassen mindestens eine Kommune, können aber auch aus mehreren Kommunen bestehen. Die Kommune Bad Oeynhausen bildet ebenfalls einen (eigenen) Mittelbereich. Die Bedarfsplanung ist ein wichtiges Instrument für die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zur Sicherstellung der ambulanten vertragsärzt-lichen Versorgung. 1. Wie viele Hausärzte gibt es zurzeit im Kreis Herford und in der Stadt Bad Oeynhausen? (Bitte aufgeschlüsselt nach Altersdurchschnitt und Kommunen) 4. Wie viele Hausarztsitze werden entsprechend voraus-sichtlich im Kreis Herford und in der Stadt Bad Oeynhausen unbesetzt bleiben? (Bitte aufgeschlüsselt nach Kommunen) Die Fragen 1 und 4 werden im Sachzusammenhang beantwortet. Der Altersdurchschnitt der Hausärzteschaft im Kreis Herford beträgt insgesamt 57,4 Jahre, der Altersdurchschnitt der Hausärzteschaft in der Stadt Bad Oeynhausen liegt bei 56,1 Jahren. Aufgeschlüsselt nach Kommunen bedeutet das: Kommune Altersdurchschnitt (in Jahren) Bünde 57,3 Enger 56,6 Herford 55,3 Hiddenhausen 56,9 Kirchlengern 59,2 Löhne 55,7 Rödinghausen 60,0 Spenge 56,6 Vlotho 59,3 Gemäß des aktuell gültigen Bedarfsplans der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe sind im Mittelbereich Bünde (umfasst die Kommunen Bünde, Kirchlengern und Rödinghausen) 7,5 Haus-arztsitze frei bis zum Eintritt der Überversorgung, im Mittelbereich Herford (umfasst die Kommunen Herford, Enger, Hiddenhausen und Spenge) sind es 18 Hausarztsitze, im Mittelbereich Löhne (umfasst die Kommune Löhne) 8 Hausarztsitze und in den Mittelbereichen Vlotho (umfasst die Kommune Vlotho) sowie Bad Oeynhausen jeweils 2 Hausarztsitze. Zu der Frage, wie viele Hausarztsitze voraussichtlich in den kommenden Jahren im Kreis Herford und in der Stadt Bad Oeynhausen unbesetzt bleiben werden, kann keine Aussage getroffen werden, da es keine Altersgrenze für die Tätigkeit als Vertragsarzt gibt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2667 3 Nach aktuellem Stand (1. Mai 2018) gibt es in den vier Mittel-bereichen des Kreises Herford insgesamt 35,5 und im Mittelbereich Bad Oeynhausen 2 freie Hausarztsitze. Als für (weitere) Nieder-lassungen gesperrt gilt ein Mittelbereich dann, wenn der rechnerische Versorgungsgrad im Sinne der Bedarfsplanung gemäß SGB V mindestens 110 Prozent beträgt. 2. Wie viele Hausärzte im Kreis Herford und in der Stadt Bad Oeynhausen werden in den kommenden Jahren voraus-sichtlich in den Ruhestand gehen? (Bitte aufgeschlüsselt nach Kommunen) Da es keine Altersgrenze für die Tätigkeit als Vertragsarzt gibt, ist hier nur eine grobe Prognose möglich, wie viele Ärzte in den kommenden Jahren voraussichtlich altersbedingt aus der hausärztlichen Versor-gung ausscheiden werden. Zum Stichtag 1. Mai 2018 waren 131 Hausärzte („Köpfe“) im Kreis Herford tätig, wovon 50 mindestens 60 Jahre alt oder älter waren. Von diesen 50 wiederum waren 26 mindestens 65 Jahre alt. Vor diesem Hintergrund könnten in den kommenden fünf bis zehn Jahren wahrscheinlich bis zu 50 Hausärzte (altersbedingt) aus der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ausscheiden. In der Stadt Bad Oeynhausen waren zum Stichtag 1. Mai 2018 insgesamt 32 Hausärzte („Köpfe“) tätig, wovon zehn mindestens 60 Jahre oder älter waren. Von diesen zehn wiederum waren fünf mindestens 65 Jahre alt. Daher könnten in den kommenden fünf bis zehn Jahren wahrscheinlich bis zu zehn Hausärzte (altersbedingt) aus der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ausscheiden. 3. Wie viele Hausärzte werden sich voraussichtlich in den kommenden Jahren im Kreis Herford und in der Stadt Bad Oeynhausen niederlassen? (Bitte aufgeschlüsselt nach Kommunen) Hierzu kann keine Aussage getroffen werden. 5. Was unternimmt die Landesregierung speziell im Kreis Herford und in der Stadt Bad Oeynhausen, um die Hausarztver-sorgung auch in den kommenden Jahren zu gewährleisten? Grundsätzlich haben die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) den gesetzlichen Sicherstellungsauftrag für die ambulante vertragsärztliche Versorgung gemäß § 75 SGB V inne. Sie haben gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB V alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten, zu verbessern und zu fördern. Das Land Nordrhein-Westfalen sieht gleichwohl auch seine politische Verantwortung für die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung und kommt dieser mit dem Hausarztaktionsprogramm (HAP) nach. Das HAP nimmt landesweit die Altersstruktur der Hausärzteschaft in Kommunen mit bis zu 40.000 Einwohnern in den Blick, soll präventiv wirken und ergänzt die Sicherstellungsmaßnahmen der KVen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2667 4 Mit den Kommunen Kirchlengern, Rödinghausen, Spenge und Vlotho (Förderkategorie 1: „Gemeinden, in denen die Gefährdung der hausärztlichen Versorgung droht“) sowie Enger und Hiddenhausen (Förderkategorie 2: „Gemeinden, in denen die hausärztliche Versorgung auf mittlere Sicht gefährdet erscheint“) sind derzeit sechs Kommunen des Kreises Herford im Sinne des HAP förderfähig. Das HAP bietet finanzielle Anreize, um für Hausärzte die Aufnahme einer Tätigkeit (Schwerpunkte: Niederlassung und Anstellung) in ländlichen Regionen attraktiver zu machen und gewährt ihnen dazu bis zu 50.000 Euro aus Landesmitteln als (nicht rückzahlbaren) Zuschuss.