LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2699 28.05.2018 Datum des Originals: 25.05.2018/Ausgegeben: 01.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 992 vom 19. April 2018 des Abgeordneten Horst Becker BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2452 Feuer frei für Flächen-Fraß: Missachten die Änderungsvorschläge der Landesregierung am Landesentwicklungsplan übergeordnete Gesetze? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit Kabinettsbeschluss vom 19.12.2017 hat die Landesregierung die Änderung des Landesentwicklungsplans in Gang gesetzt. Als wesentliche Änderung wurde die ersatzlose Streichung von „6.1-2 Grundsatz flächensparende Siedlungsentwicklung“ vorgeschlagen. Die vorangegangene Landesregierung hat im Zuge der umfassenden Modernisierung des Landesentwicklungsplanes diesen Grundsatz erstmalig mit einem konkreten, quantifizierten Ziel hinterlegt. Ziel dieses Grundsatzes ist es, eine flächensparende Entwicklung in NRW zu etablieren, die nicht mehr als 5 ha Fläche pro Tag kostet und langfristig den Flächenverbrauch im Saldo zu stoppen. Diese Zielsetzung leitet sich aus der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ab, welche für Deutschland als Zielgröße 30 ha pro Tag formuliert1. 5 ha pro Tag für NRW leiten sich dabei aus dem Anteil NRWs an der Siedlungs- und Verkehrsfläche Deutschlands ab. Das novellierte Raumordnungsgesetz (ROG), welches am 29. November 2017 in Kraft getreten ist, hat diese Zielsetzung ebenfalls aufgenommen und fordert dazu auf: „Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke […] zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme […]“. Nur wenige Wochen nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eine Regelung auf Landesebene, welche genau dies erfüllt, abzuschaffen, erscheint zumindest politisch fragwürdig. In §9 Absatz 2 Satz 1 des ROG heißt es zudem: „Der Öffentlichkeit sowie den in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen ist frühzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme zum 1 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/Nachhaltigkeit-wiederhergestellt/2017-01-11- nachhaltigkeitsstrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=20 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2699 2 Entwurf des Raumordnungsplans, zu seiner Begründung und im Falle einer durchgeführten Umweltprüfung zum Umweltbericht zu geben.“ Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 992 mit Schreiben vom 25. Mai 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und dem Minister für Verkehr, insofern mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beauftragt, beantwortet. 1. Wie begründet die Landesregierung die offensichtliche Auffassung, dass die vorgeschlagene ersatzlose Streichung von „6.1-2 Grundsatz flächensparende Siedlungsentwicklung“ im Landesentwicklungsplan vereinbar ist mit der Vorgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 3 ROG – insbesondere der Aufforderung in der Raumplanung quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme zu formulieren? Zur Begründung wird auf die seit dem 19. April 2018 veröffentlichte Synopse der LEP- Änderungen (S. 15 und 16) verwiesen. Diese ist im Internet abrufbar unter: https://www.wirtschaft.nrw/sites/default/files/asset/document/synopse_lep_stand_2018-04- 17.pdf. 2. Durch welche alternativen Maßnahmen wird die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass sich der Flächenverbrauch in NRW, entsprechend der Zielsetzung der Bundesregierung bis 2030 den Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche auf unter 30 ha zu reduzieren, verringert? Auch wenn der Grundsatz 6.1-2 des LEP zur flächensparenden Siedlungsentwicklung („5 ha- Vorgabe“) gestrichen wird, wird Ziel 6.1-1 („Flächensparende und bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung“) im LEP unverändert beibehalten. Damit wird ein quantitativer Rahmen für die zukünftige Siedlungsentwicklung vorgegeben – wenn auch nicht als fixes Kontingent für einen festgelegten Zeitraum, sondern mit der Möglichkeit, als Reaktion auf zukünftige Entwicklungen flexibel nachsteuern zu können. Daneben unterstützen die ebenfalls weiterhin im LEP enthaltenen Grundsätze 6.1-6 (Vorrang der Innenentwicklung) und 6.1-8 (Wiedernutzung von Brachflächen) den sparsamen Umgang mit Fläche. Um den Flächenverbrauch auch im Interesse der Landwirtschaft zu minimieren ist vereinbart worden, dass die Landesregierung hierzu ein Maßnahmenpaket entwickeln soll. 3. Auf welche Untersuchungen stützt die Landesregierung ihre Einschätzung, dass die Regelungen unter „6.1-2 Grundsatz flächensparende Siedlungsentwicklung“ wirkungslos seien? Die Landesregierung stützt ihre Einschätzung unter anderem darauf, dass dieser Grundsatz bisher keinerlei praktische Relevanz in einem Regionalplanverfahren zur Neudarstellung von Siedlungsraum in Nordrhein-Westfalen gefunden hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2699 3 4. Was bedeutet nach Einschätzung der Landesregierung die neue Bestimmung in § 9 Abs. 2 S. 1 ROG zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung für das LEP- Änderungsverfahren? Intention von § 9 Abs. 2 S. 1 Raumordnungsgesetz (ROG) ist „lediglich“, die Verfahrensmodalitäten der Beteiligung einheitlich für alle Raumordnungspläne zu regeln. Er ersetzt dabei den bisherigen § 10 Absatz 1 Satz 2 und 3. Insofern ergeben sich aus § 9 Abs. 2 Satz 1 ROG keine neuen Anforderungen an das LEP-Verfahren. 5. Wie begründet die Landesregierung, vor dem Hintergrund der vom Kabinett beschlossenen umfangreichen Änderungen am LEP, ihre offensichtliche Auffassung, dass eine einmalige Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichen wird? Sollte sich im Laufe des Beteiligungsverfahrens herausstellen, dass es wesentliche Änderungen am Entwurf des LEP geben wird, würde ein zweites Beteiligungsverfahren durchgeführt.