LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2700 28.05.2018 Datum des Originals: 25.05.2018/Ausgegeben: 01.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 993 vom 20. April 2018 der Abgeordneten Horst Becker und Arndt Klocke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2454 „Tausendfüßler“ in Bonn – Neubau von acht statt vier Spuren an der BAB 565 ohne einen begleitenden Radschnellweg? Wie ernst meint die Landesregierung die Förderung der nicht motorisierten Nahmobilität eigentlich noch? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der gemeinsamen Sitzung der Planungs- und Verkehrsausschüsse der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises am 19.04.2018 wurden von Mitarbeitern des Landesbetrieb Straßenbau des Landes NRW (LBS) die „Zeit- und Ausbauplanungen BAB 565 zwischen AK Bonn-Nord und AS Bonn-Endenich“ vorgestellt. Dort wurde von Seiten des LBS bei Nachfragen darauf hingewiesen, dass die Frage des Baus eines Radweges insbesondere im Bereich des „Tausendfüßlers“ nicht entschieden sei. Der „Tausendfüßler“, das 630 m lange und heute vierspurige verlaufende Brückenbauwerk der BAB 565 ohne Standstreifen zwischen den Anschlussstellen Bonn-Tannenbusch und Bonn- Endenich soll auf sechs Spuren plus zwei Standstreifen ausgebaut werden. Dieser Ausbau soll mindestens 206 Mio. Euro kosten; wahrscheinlich ist aber, dass die Kosten erheblich höher würden. Die Kosten für den zusätzlichen Fahrradweg würden sich nach Angaben des LBS auf ca. 10 Mio. Euro belaufen. Die „Lead City Bonn“ ist eine der fünf Modellkommunen, in denen mit Bundesförderung besondere Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergriffen werden sollen. Sie selber umschreibt ihr Maßnahmenbündel im Vorwort einer umfangreichen Maßnahmenliste wie folgt: „Die gewünschte Luftqualität ist aus Sicht der Stadt Bonn nur durch ein umfassendes Maßnahmenpaket zu erreichen, mit dem eine spürbare Verkehrsverlagerung zum Umweltverbund bewirkt werden kann. Ansatz der Stadt Bonn ist daher die kurzfristige Verbesserung des ÖPNV-Angebots in Kombination mit neuen, innovativen Tarifangeboten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2700 2 (z. B. günstiges "Klima-Ticket") und der Ausbau der Fahrradinfrastruktur einschließlich optimaler intermodaler Verknüpfung zwischen allen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes.“ Der Planungs- und Verkehrsausschuss der Stadt Bonn hat deshalb in der Sitzung vom 19.04.2018 einstimmig beschlossen: 1. Die Verwaltung wird beauftragt, unter Beachtung der üblichen kommunalrechtlichen Vorgaben und Entscheidungskompetenzen die notwendigen weiteren Schritte zu unternehmen, um die Aufnahme eines Radweges, möglichst als Radschnellweg, in das Planfeststellungsverfahren des Landesbetriebes Straßen NRW zum Neubau der BAB 565 zwischen dem AK Bonn-Nord und der AS Bonn-Endenich sicherzustellen und eine Realisierung möglichst im Zuge dieser Baumaßnahme zu erreichen. 2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Realisierung einer Fußgänger- und Radfahrbrücke im Zuge oder nach dem Neubau der BAB 565 zwischen dem AK Bonn-Nord und der AS Bonn-Endenich zwischen „Immenburgstraße“ und „An der Immenburg“ weiter planerisch voranzutreiben und den Ratsgremien Vorschläge zur Planung und Finanzierung zu unterbreiten. Der Planungs- und Verkehrsausschuss des Rhein-Sieg-Kreis hat, ebenfalls einstimmig, diesen Beschluss der Stadt Bonn unterstützt. Das Land NRW hat das Ziel, Radschnellwege zu unterstützen und untermauert sein Ziel der Förderung des nicht motorisierten Nahverkehrs durch den „Aktionsplan Nahmobilität“. Vor dem Hintergrund dieser gesamten Sachlage erscheint es unverständlich, dass es bis heute nicht eine klare Haltung des Landes NRW und des Landesbetriebes zum Bau eines Radweges, möglichst einen Radschnellweg, auf dem „Tausendfüßler“ an der BAB 565 in Bonn gibt. Dies gilt umso mehr, weil beim Neubau der Leverkusener A1-Brücke ein Radweg mit geplant wurde. Der Minister für Verkehr, zugleich auch für das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, insofern mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragte, hat die Kleine Anfrage 993 mit Schreiben vom 25. Mai 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wie begründet die Landesregierung die offensichtlich zurzeit durch den Verkehrsminister und den Landesbetrieb vertretene Rechtsauffassung, dass grundsätzlich bei Baumaßnahmen für Bundesautobahnen ein Radweg im Planfeststellungsverfahren nicht mit geplant werden kann? Aus den Vorbemerkungen und der Formulierung der Frage 1 geht hervor, dass die Verfasser der Kleinen Anfrage offensichtlich einem Missverständnis unterliegen: Im Zusammenhang mit dem Ersatzneubau des „Tausendfüßlers“ gibt es eine klare Haltung der Landesregierung zum Bau einer Radwegeverbindung. In diesem konkreten Fall vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass der geplante Radweg nicht in das Planfeststellungsverfahren des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2700 3 Brückenneubaus einzubeziehen ist. Diese Auffassung ergibt sich aus § 78 Verwaltungsverfahrensgesetz, in dem geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist. Hiernach ist bereits fraglich, ob der geplante städtische Radweg überhaupt planfeststellungspflichtig ist. Im Übrigen ist vorliegend eine einheitliche Entscheidung aus planerischer Sicht nicht zwingend erforderlich. 2. Wie bewertet die Landesregierung und der Landesbetrieb, die nun von ihr diskutierte Idee, am „Tausendfüßler“ der BAB 565 eine nebeneinander liegende sechsspurige Autobahn mit zwei zusätzlichen Standstreifen und sodann einen Radweg oder Radschnellweg in einem separaten Verfahren zu planen und getrennt voneinander zu bauen im Hinblick auf planerischen Aufwand und verantwortungsvollen Umgang mit Steuermitteln? Diese Idee der Straßenbauverwaltung ist zu begrüßen. Es sind hiermit folgende Vorteile verbunden. Es wird größtmögliche Unabhängigkeit der Bauwerke angestrebt, so dass bei Ausfall des Brückenbauwerks der Autobahn weiterhin die Abwicklung des Radverkehrs sichergestellt wäre. Der Radweg kann unabhängig von der Autobahn über ein schlankeres, preiswerteres Bauwerk geführt werden. Die Verbindung kann auf einer optimal für den Radverkehr entwickelten Trasse geführt werden. 3. Wie begründet die Landesregierung, dass der Ersatzneubau einer Autobahn im innerstädtischen Bereich energisch vorangetrieben werden kann, aber die Kombination mit einem Radweg oder Radschnellweg für das Land ein unüberwindbares Planungshindernis darzustellen scheint? 4. Was wird die Landesregierung unternehmen, um einen Radschnellweg oder zumindest einen Radweg entlang des „Tausendfüßlers“ an der BAB 565 in Bonn bei dessen Neubau in Baulastträgerschaft des Landes zu realisieren? Die Fragen 3. und 4. werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Planung für den Ersatz des Tausendfüßlers und den 6-streifigen Ausbau der A 565 wird vom Landesbetrieb Straßenbau NRW im Rahmen der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen betrieben. In Anbetracht der geringen Restnutzungsdauer des Bauwerks ist hier eine ein verzögerungsfreier Bau erforderlich. Verantwortlicher Baulastträger für den Radweg ist die Stadt. Der Landesbetrieb hat der Stadt Unterstützung zugesagt und mögliche Synergien aufgezeigt. Selbstverständlich wird bei gleichzeitig vorliegendem Baurecht ein gemeinsamer Bau von Radweg und Autobahn angestrebt. Eine Baulastträgerschaft des Landes ist für beide Maßnahmen nicht gegeben. 5. Was wären die Voraussetzungen für eine Förderung eines Radschnellwegs bei Neubau des „Tausendfüßlers“ an der BAB 565 in Bonn in Baulastträgerschaft der Stadt? Bei Vorliegen eines entsprechenden Förderantrags durch die Stadt Bonn kann nach Priorisierung durch den Regionalrat ein kommunaler Radschnellweg gefördert werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2700 4 Voraussetzung ist, dass die Kriterien des Landes für Radschnellwege eingehalten werden. Dazu gehören insbesondere eine Mindestlänge von fünf Kilometern und der Nachweis eines Potentials von mindestens 2.000 Radfahrenden pro Tag. Eine regionale Verbindungsfunktion ist davon abweichend nicht nachzuweisen.