LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2703 28.05.2018 Datum des Originals: 25.05.2018/Ausgegeben: 01.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1011 vom 25. April 2018 des Abgeordneten Markus Wagner AfD Drucksache 17/1011 Obligatorische Überprüfung der Altersangaben minderjähriger Einwanderer Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Hintergrund der „Kleinen Anfrage“ ist der Fall im rheinland-pfälzischen Kandel, wo ein angeblich 15 Jahre alter Afghane seine Ex-Freundin getötet haben soll. Neben anderen Politikern hatte der geschäftsführende Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) daraufhin Alterstests bei jungen Flüchtlingen gefordert. Auch SPD-Politiker stellten sich hinter den Vorstoß. Dieses berichtet u.a. die Neue Osnabrücker Zeitung in ihrer Ausgabe vom 4. Januar 20181. Kinder- und Jugendärzte in Deutschland hätten sich gegen Forderungen ausgesprochen, Altersangaben minderjähriger Einwanderer obligatorisch zu überprüfen. „Ein solches Vorgehen ist medizinisch schwierig und organisatorisch kaum zu bewältigen“, sagte der Präsident des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach. Bei Röntgenuntersuchungen von Handknochen sei ein entwicklungsabhängiger Korridor von etwa zwei Jahren zu berücksichtigen. In manchen Fällen müsse zusätzlich zur radiologischen Diagnostik eine entwicklungspsychologische Einschätzung mit Dolmetscher erfolgen. Die Bundesärztekammer lehne den Vorstoß von de Maizière ab. Der damit verbundene Aufwand sei hoch, meinte Fischbach. „Als niedergelassene Ärzte sind wir froh, wenn wir unsere regulären Patienten versorgt bekommen.“ Anfang der Woche hatte bereits die Bundesärztekammer systematische Alterstests von Asylbewerbern abgelehnt. „Die 1 https://www.noz.de/deutschland-welt/vermischtes/artikel/1000898/mehrzuwanderer -mehr-gewalt-fragen-und-antworten-zur-pfeiffer-studie LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2703 2 Untersuchungen sind aufwendig, teuer und mit großen Unsicherheiten belastet“, begründete ihr Vorsitzender Frank Ulrich Montgomery. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1011 mit Schreiben vom 25. Mai 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Wie steht die Landesregierung zu der Aussage des geschäftsführenden Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU), Alterstests bei jungen Flüchtlingen durchzuführen? Eine Altersfeststellung ist bereits aufgrund der bestehenden rechtlichen Grundlage obligatorisch. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher vom Oktober 2015 wurde die Rechtsgrundlage für die Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen präzisiert. § 42 f Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) regelt das behördliche Verfahren zur Altersfeststellung durch das Jugendamt in einem dreistufigen Verfahren. Insofern mit „Alterstest“ lediglich auf die medizinische Altersfeststellung abgestellt wird, ist darauf hinzuweisen, dass auch diese gem. § 42 f SGB VIII bereits gesetzlich vorgesehen ist, wenn nach Einsichtnahme in die Ausweispapiere und qualifizierter Inaugenscheinnahme noch Zweifel bestehen. 2. Wie hoch schätzt die Landesregierung den Aufwand der niedergelassenen Ärzte ein, solche möglichen Untersuchungen durchzuführen? Der Landesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. 3. Beabsichtigt die Landesregierung sich dem Vorhaben von Alterstests bei nicht Vorliegen entsprechender gültiger, offizieller Ausweisdokumente anzuschließen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Falls Frage 3 nicht negiert wird, wie will die Landesregierung dem Einwand der Bundesärztekammer „die Untersuchungen sind aufwendig, teuer und mit großen Unsicherheiten belastet“ begegnen? Trotz der grundsätzlich klaren gesetzlichen Bestimmungen ist die Landesregierung der Auffassung, dass Optimierungsbedarf im Hinblick auf die Altersfeststellung besteht. Insbesondere die medizinischen Methoden zur Altersfeststellung müssen überprüft und optimiert werden. Außerdem wird es als notwendig erachtet, dass Bund und Länder sich in dieser Frage auf gemeinsame Standards einigen. Aus diesem Grunde habe ich gegenüber der Bundesregierung vorgeschlagen, hierzu auf Bundesebene kurzfristig eine Expertenkommission aus Juristen und Medizinern einzusetzen, in die auch Experten der Jugendhilfe einbezogen werden. Insoweit hat die Landesregierung bereits einen sachgerechten Vorschlag zum Umgang mit bestehenden Positionierungen zur Altersfeststellung unterbreitet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2703 3 5. Welche abrechenbaren Zusatzleistungen für den Alterstest von Flüchtlingen würden nach Einschätzung der Landesregierung für niedergelassene Ärzte erwachsen? Diese Frage ist rein hypothetischer Natur. Eine solche Kalkulation wäre erst in dem Falle sinnvoll, wenn durch die o.g. Expertenkommission entsprechende Untersuchungsstandards bzw. Diagnose-Algorithmen festgelegt worden sind.